Großer Bildschirm, große Frage: Wohin mit dem Fernseher?

Kann man stilvoll mit einem riesigen Screen leben? Unsere Stilkolumne über die Frage, wie man einen Fernseher elegant ins Wohnzimmer integriert
Röhrenverseher
Vintage-Röhrenfernseher im Zuhause von Polly RocheRobert Rieger

Designpiece statt Störfaktor: Wie geht man mit dem Fernseher im Interior um?

Es gibt einen bestimmten Schlag designaffiner Menschen, der sich gern lautstark damit rühmt, aus ästhetischen Gründen keinen Fernseher zu besitzen. Ich bin in dieser Hinsicht zwiegespalten. Ich kann nämlich nicht nachvollziehen, warum man eine gute Serie lieber auf einem schmierigen kleinen Laptop als auf einem richtigen Fernseher schauen würde. Andererseits finde ich es in Hotels (das gilt für erschwingliche Ketten ebenso wie für Luxushotels) unsäglich, wie viel Platz ein monströser Fernsehapparat in einem Zimmer einnimmt, das kaum Platz für einen Reisekoffer hat.

Auch in vielen privaten Wohnzimmern ist der Bildschirm noch immer das Zentrum des Raumes. Die Sitzmöbel werden so ausgerichtet, dass man wohl oder übel in die Röhre schaut. Im Wohnzimmer meiner Großeltern im Ruhrgebiet stand ein Möbelstück, dem ich eine Renaissance wünschen würde: der geschlossene Fernsehschrank. In dem Holzfurnierschränkchen mit hohen, gebogenen Füßen (ein Paradebeispiel des Gelsenkirchener Barocks) verbarg sich der Röhrenfernseher. Wurde er nicht mehr gebraucht, schloss man die Türen wieder. Irgendwann emanzipierte sich der Fernseher – nicht nur in Recklinghausen, sondern auch im Rest des Landes; er zog aus dem Schränkchen in eine riesige Wohnzimmerwand, wurde dann auf schlanke Sideboards gestellt oder direkt an die Wand genagelt. Die Geschichte des Fernsehers im Innenraum ist schließlich auch die unseres sich wandelnden Medienkonsums: Je mehr Zeit davor verbracht wurde, desto größer wurde seine Rolle im Raum. Heute schauen wir anders fern: viel seltener linear und dann übers Handy, den Laptop oder den Fernsehapparat. Im schlimmsten Fall laufen all diese Geräte parallel.

Blick aus dem Schlafzimmer in die Küche. Hinter dem Schrank links verbirgt sich der Heizungskasten und der Fernseher.

Zu Hause bei Domenic Degner und Falko Landenberger alias Deglan. Im Schrank links verbirgt sich der Fernseher.

Eric Petschek

So versteckt man den Fernseher clever und stilvoll

In den vielen Wohnungen und Häusern, die ich für AD besucht habe, sind mir einige kluge Lösungen begegnet, wie man seinen Fernseher elegant mit Wandtextilien kaschieren kann: zum Beispiel mit einem Quilt oder einer schweren Rolljalousie. Oder mit einem Vorhang, dessen Deckenschiene so montiert ist, dass der Stoff nicht nur das Fenster, sondern auch den Bereich der Wand abdeckt, vor dem der Fernseher steht. Im Zuhause des Designduos Deglan sah ich einen selbst entworfenen (ganz und gar nicht großmütterlichen) Schrank für den Bildschirm. Wer keine Lust hat, den Fernseher hinter Textilien oder Türen zu verbergen, ist mit einer dunklen Wandfarbe gut beraten – dann ist der Bruch nicht so groß.

Finden Sie den Fernseher In der Wohnung von Tim Labenda und Hannes Krause versteckt sich der Apparat hinter dem Vorhang...

Finden Sie den Fernseher? In der Wohnung von Tim Labenda und Hannes Krause versteckt sich der Apparat hinter dem Vorhang rechts.

Robert Rieger
Zum Fernseher stehen

Nun muss wahrlich niemand seinen Fernseher verstecken. Sie sind erwachsen, Sie dürfen ihn hinstellen, wo Sie wollen – auch ins Schlafzimmer. Kürzlich prognostizierte übrigens Martha Stewart, dass der kleine Küchenfernseher zurückkommen wird. Auch das Decorator-Trio Tadan setzt in ihren Projekten gern Röhrenfernseher ein, auf denen allerdings nicht unbedingt Frühstücksfernsehen, sondern Videokunst läuft.

Auf der ersten Ausgabe der Berliner Designschau „Conceptual Biennale“ sah ich jüngst eine Arbeit von Lukas Saint-Joigny, die mir gut gefiel: Der Designer macht Möbel und Objekte aus einer Kunstharzmischung. Mit dieser verkleidete er auch einen Bildschirm. Der Flatscreen – eigentlich seines Namens entsprechend schön flach – wirkte übergroß verpackt, als hätte man ihn der Styroporverpackung entledigt, nur um aus dieser dann eine Rüstung zu machen.

Die schönsten Röhrenfernseher stammten früher aus der Feder von Bang & Olufsen. Würde ich heute einen Fernseher kaufen, dann würde ich wohl zum „Serif“ tendieren, den die Bouroullecs einst für Samsung entwarfen. Der „Frame“ der gleichen Marke holt mich nicht ab: Für mich ist dieses Produkt, das wie ein Bilderrahmen aussehen soll, nichts Halbes und nichts Ganzes: Man holt sich einen weiteren Screen nach Hause, auf den man dann starrt – egal, ob man auf ein schwarzes Loch oder ein flimmerndes digitales Kunstwerk blickt, für das man mittlerweile übrigens einen Abopreis von fünf Euro im Monat zahlen muss. Auch bin ich bisher kein riesiger Fan von Beamern. Meist finde ich die Qualität zu schlecht, aber vielleicht habe ich auch noch nicht das richtige Exemplar entdeckt. Außerdem habe ich nie ganz verstanden, warum man ein komplettes Dolby-Surround-Heimkino mit überdimensionalem Bildschirm braucht. Gehen Sie nach draußen, mischen Sie sich unter Menschen, besuchen Sie endlich einmal wieder ein Kino. Dort machen Filme ohnehin am meisten Spaß.

Fernseher von Lukas SaintJoigny gesehen auf der Conceptual Biennale 2025 in Berlin.

Fernseher von Lukas Saint-Joigny, gesehen auf der Conceptual Biennale 2025 in Berlin.

Robert Damisch

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