Wie drei junge Designer aus Berlin den Küchenmarkt aufmischen wollen

Eine Küche fürs Leben: Mit foldt sagen drei Designer Einbaukorpussen aus Spanplatte den Kampf an. Die neuen Entwürfe wurden nun in Berlin vorgestellt
Foldt ff1 modulare Küche
Fanette Guilloud

Unter dem Namen foldt lancieren Jonas Maria Droste, Simon Stanislawski und Till Ronacher Küchenmöbel im Modulprinzip. Haben die Entwürfe Potenzial?

Wenn man ihre Küche „ff1“ anschaut, sieht man sich selbst. Ginge es nach Jonas Maria Droste, Simon Stanislawski und Till Ronacher, dann würde sich in den Schränken aus reflektierendem Edelstahl ein ganzes Leben spiegeln, oder zumindest viele Jahre. Sie versprechen, dass es keinen Grund gibt, die modularen Möbel je wieder loszuwerden.

Die Gegenwart ist modular

Immer mehr Designerinnen und Designer tüfteln heute an Möbeln im Modulprinzip. Der Ansatz ist zeitgemäß und ergibt Sinn, denn was er verspricht, sind nachhaltige Lösungen bei maximaler Flexibilität. Jackpot. Modulare Möbeldesigns wollen das Problem lösen, dass wir Dinge wegwerfen und neu anschaffen müssen, sobald sich unsere Lebenssituation ändert. Wenn wir umziehen und uns vergrößern, können Sofas, Schrankwände und neuerdings auch Küchen mitwachsen (gegebenenfalls auch mitschrumpfen). Doch was lange währt, muss robust und entsprechend solide gebaut sein. Hier steckt für Jonas Maria Droste, Simon Stanislawski und Till Ronacher der springende Punkt: „Küchen werden fast immer aus Spanplatte gefertigt – unabhängig von Preis oder Segment“, erklären sie. „Diese Materialwahl führt zu kurzer Lebensdauer, mangelnder Umzugsfähigkeit und erheblichen Umweltbelastungen.“

Simon Stanislawski Jonas Maria Droste und Till Ronacher von foldt

Die jungen Wilden aus Kreuzberg: (v. l.) Simon Stanislawski, Jonas Maria Droste und Till Ronacher stammen aus dem Kollektiv und.studio.

Elena Peters Arnolds

Die drei Designer sind Teil des Berliner Kollektivs und.studio und ein inderdisziplinäres Powerhouse: Drostes gestalterische Praxis beruht auf den Bereichen Tanz und Performance, Stanislawski, der im Master bei Konstantin Grcic studierte, bewegt sich zwischen Kunst und konzeptionellem Design und Ronacher schlägt die Brücke zwischen Handwerk und industrieller Fertigung. Den ersten Prototyp von „ff1“ bauten sie bereits im Jahr 2017, damals allerdings noch aus Aluminium. Über die Jahre realisierten die drei knapp 20 Küchen als Auftragsarbeiten. 2020, mitten in der Pandemie holten sie den alten Entwurf aus der Schublade und arbeiteten ihn zu dem Produkt aus, das nun an den Start geht. Die Küche „ff1“ entsteht im Mono-Material-Verfahren, bei dem die Edelstahlbleche gelasert, gestanzt und gefaltet werden. Der Name „foldt“ verweist übrigens auch auf die Zickzack-Faltung an den Seiten der Module, ein optischer wie technischer Einfall, der Raum für Schraubverbindungen schafft.

Die Küche: Möbel oder Arbeitsgerät?

Nach dem ersten Prototypen experimentierten die Designer mit freihandpoliertem Aluminium, glasperlgestrahltem und verzinktem Stahl. Eine umfangreiche Materialstudie führte sie zu reflektierendem Edelstahl, der abermals auf den Nachhaltigkeits-Score des Möbels einzahlen soll. Sich an den Fronten sattzusehen, ist nahezu ausgeschlossen, denn sie reflektieren nicht mehr und nicht weniger als ihre Umgebung. Der Produzent, den sie in Brandenburg fanden, verarbeitet Stahl normalerweise im industriellen Stil. Dank der Zusammenarbeit gelingt es der jungen Marke, die Küchenmodule in der unmittelbaren Umgebung zu produzieren.

Blickt man auf den Siegeszug der Gastroküche aus Edelstahl, scheint die Grundsatzfrage, ob eine Küche mehr Arbeitsgerät oder Möbelstück ist, für den Moment beantwortet. Geht es nach Jonas Maria Droste, Simon Stanislawski und Till Ronacher, darf es gern wieder mehr Möbel sein, das heißt, dass eine Küche losgelöst von der Wand oder einer designierten Nische im Raum stehen und durchaus auch zum Sideboard werden darf. „Die Module können einzeln oder in Kombination stehen, nutzbar von allen vier Seiten.“ Die Küche als Möbel bedeutet für sie, „dass eine Küche einen ein Leben lang begleiten kann. Sie lässt sich beim Umzug einfach mitnehmen, neu konfigurieren und aufbauen.“ Noch gut zwei Wochen präsentieren foldt ihre Küchenmodelle in einem temporären Showroom in Berlin-Charlottenburg. Die Module werden individuell und auf Anfrage in Brandenburg gefertigt. Ihre Produktpalette möchten sie schon bald erweitern.

Modulare Küche „ff1“ von foldt

Die Chamäleon-Küche: Die „ff1“-Module fügen sich so nahtlos in ihre Umgebung ein, dass man sie fast übersehen könnte.

Fanette Guilloud
Modulare Küche „ff1“ von foldt

In der „tall unit“ (rechts) verbergen sich Backofen und Schubladen.

Fanette Guilloud
Modulare Küche „ff1“ von foldt

Knick in der Optik? Nein, der Ausschnitt für die Spüle ist tatsächlich leicht schräg platziert.

Fanette Guilloud
Modulare Küche „ff1“ von foldt

Seite an Seite: Hier schmiegen sich zwei Module mit durchgehender Arbeitsplatte aneinander. In der Verarbeitung steht der Küchenentwurf den großen Herstellern im Premiumsegment in nichts nach.

Fanette Guilloud