Zu Hause bei Lilo Klinkenberg: So lebt die Floral Designerin in Berlin.
Steht man den großformatigen Installationen von Lilo Klinkenberg gegenüber, kann man nicht anders, als zu staunen. Mit ihren Arbeiten füllt die 33-jährige Gründerin von Studio Lilo ganze Räume, mal mit Pflanzen, mal mit Stoffen, gelben Bohnen oder Pak Choi. Der Reiz liegt für sie nicht in der Harmonie, sondern im Widerspruch – eine Prägung, die die Floral Designerin ihrer Heimatstadt Berlin zuschreibt und die sich durch alle Bereiche ihres Lebens zieht. Aufgewachsen in Kreuzberg, hat sie die Stadt – bis auf einen Schulaufenthalt in England – nie verlassen. Die Wohnungen und Straßennamen wechselten, das Viertel aber blieb dasselbe. Seit elf Jahren lebt sie nun in ihrem 105 Quadratmeter großen Apartment – in genau dem Haus, in dem sie auch aufwuchs. Ein Gespräch über die Dynamik Berlins und darüber, wie diese Energie auch in ihrer Arbeit und ihrem Zuhause zum Ausdruck kommt.
Die Floral Designerin Lilo Klinkenberg im AD-Interview
AD: Lilo, du wohnst mehr oder weniger dein Leben lang in Berlin. Was hat diese Stadt, das andere Metropolen nicht haben?
Lilo Klinkenberg: Berlin ist vor allem nicht nur eine Stadt. Jeder Stadtteil hat seinen eigenen Charakter. Charlottenburg oder Neukölln waren früher eigenständige Städte, und das merkt man bis heute. Kreuzberg, wo ich aufgewachsen bin, ist für mich wie ein eigenes Dorf: Den Bäcker von gegenüber kenne ich seit meiner Kindheit, und wenn ich durch die Straßen gehe, begegne ich fast immer vertrauten Gesichtern.
Hast du nie überlegt, die Stadt zu verlassen?
Doch, natürlich, regelmäßig sogar! In den letzten Jahren habe ich gemerkt, dass ich oft mit viel mehr Energie aus Mailand oder Paris zurückkomme, als ich sie im Berliner Alltag verspüre. In diesen Städten ist Design ein ganz selbstverständlicher Teil der Kultur, das vermisse ich manchmal an Berlin. Andererseits genieße ich es schon, zwischen all den Reisen für die Arbeit einen Ort zu haben, der mich erdet.
Bis vor drei Jahren hast du hier in einer WG gewohnt. Was hat sich seitdem verändert?
Ich habe die Wand zwischen dem Ess- und dem Wohnzimmer entfernt, um einen großen, offenen Raum zu bekommen. Bis heute ist das Sofa mein Rückzugsort – an der Stelle stand früher in meinem alten WG-Zimmer das Bett. Der Blick aus dem Fenster ist derselbe – das macht es zu meiner heiligen kleinen Ecke. Auch die alte WG-Küche habe ich herausnehmen lassen, durch eine Edelstahlküche ersetzt und einen neuen Boden verlegen lassen.
Die Einrichtung ist ein Mix aus Vintages und Maßanfertigungen
Du besitzt einige Vintage-Möbel. Wo findest du Gebrauchtes?
Ich habe zahlreiche Such-Alerts auf Ebay Kleinanzeigen gespeichert, etwa „70er“, „80er“, oder auch „Brutalismus“, die ich regelmäßig durchforste. Und dann natürlich Flohmärkte. Sobald ich privat oder beruflich reise, versuche ich, einen Antiquitäten- oder Flohmarkt zu besuchen. Die Austernplatte auf dem Esstisch zum Beispiel habe ich in Südfrankreich gekauft, und all die kleinen Bialettis stammen zum Großteil von Märkten aus Italien.
Hier stehen auch einige maßgefertigte Stücke, etwa das Sofa oder das Regal.
Ich habe eine ziemlich genaue Vorstellung davon, wie ich Dinge haben möchte. Ich suche sehr lange nach bestimmten Objekten, um dann festzustellen, dass es sie so vielleicht gar nicht gibt. Dann fängt mein Gehirn an zu arbeiten, zu überlegen, wie ich es selber bauen kann.
Bewusste Kontraste schaffen ein spannungsvolles Interior
Gestaltest du dein Zuhause nach einem ähnlichem Konzept wie deine Installationen?
Als Floral Designerin beschäftige ich mich mit räumlichen Gegebenheiten – mit Proportionen, Farben, Formen und Materialien. Ich beobachte, wie sie miteinander wirken, ob sie Spannung erzeugen oder sich ergänzen, ob sie sich in den Raum einfügen oder bewusst dagegenstellen. Irgendwann habe ich gemerkt, dass ich meine Wohnung mit der gleichen Haltung gestalte, nur langsamer als bei meinen floralen Arbeiten, die ja meist vergänglich sind – allein durch die Materialien. Zu Hause nehme ich mir mehr Zeit, lasse Dinge stehen, verschiebe sie wieder, beobachte. Es geht mir nicht darum, dass alles perfekt aufeinander abgestimmt ist. Ich mag Räume, die sich entwickeln. Die Charakter haben – auch Ecken und Kanten.
Räume, die von Gegensätzen leben?
Genau. Widersprüche interessieren mich einfach, vielleicht liegt das auch darin begründet, dass ich in Berlin groß geworden bin. Die Stadt ist ja ein einziger, ständiger Kontrast.
Erklärt das auch deine vielen farbigen Teppiche?
Ich habe keine Scheu vor Farben. Und ich mag den Gedanken, dass jeder Raum eine eigene Geschichte erzählen kann. Teppiche helfen mir dabei sehr. Sie schaffen Zonen, setzen Stimmungen und geben Möbeln eine Art Bühne, auf der sie sich unterhalten können – mit Spannungen, Pausen und Brüchen.
Blau, Grün … Hat die Farbwahl eine Bedeutung?
Grün, insbesondere dieses Limettengrün, ist meine Lieblingsfarbe. Schon als Kind habe ich mein Zimmer einmal rundum Grün gestrichen, inklusive Heizungsrohre. So gesehen begleitet die Farbe mich schon mein Leben lang, bis hin zu meiner jetzigen Arbeit. Ich trage sie auch total gerne. Es ist, als würde sie sich durch alle Lebensbereiche ziehen.

























