Altbauwohnung mit Vintages und Einbauten: So wohnt der Architekt Max Wolstencroft auf 100 Quadratmetern in Stockholm.
Liebe hat vielfältige Formen – die zu einer anderen Person natürlich, aber auch die zu einem Ort wie Stockholm. Die zeitloseste Liebeserklärung an die schwedische Hauptstadt stammt aus einem alten Kinderbuch von Astrid Lindgren: „Juniabende in Stockholm sind mit nichts anderem in der Welt zu vergleichen. Nirgendwo leuchtet der Himmel in einem so seltsamen Licht, nirgendwo ist die Dämmerung so zauberhaft und so lieblich und so blau. Und in dieser blauen Dämmerung ruht die Stadt auf ihren fahlen Wassern, als wäre sie aus irgendeiner alten Sage emporgestiegen und überhaupt nicht wirklich.“ Und so geschah es, dass ein junger Brite, im leichten Gepäck ein Oxford-Architekturdiplom und die Studienplatzzusage für die Königlich Technische Hochschule Stockholm, vor sieben Jahren sein Herz verlor an diesen so besonderen Ort.
So fand Max Wolstencroft seine Traumwohnung
Fast forward zurück ins Heute: Max Wolstencroft, inzwischen 28 Jahre, sitzt in der Küche seiner neuen Wohnung in Vasastan (Astrid Lindgren lebte nur ein paar Hundert Meter von hier entfernt) und schaut durchs Erkerfenster in jene liebliche Juni-Dämmerung; die Abendsonne verwandelt die kühle Edelstahlverkleidung der Wände in einen orange geflammten Kokon. „Ich hatte eine lange Liste teils absurder Must-haves bei meiner Wohnungssuche“, sagt er. „Und ganz weit oben stand eine Küche mit Blick in den Sonnenuntergang.“ Etwa 35 Objekte schaute er sich an, bis er online diese 100 Quadratmeter im dritten Liftstock entdeckte und „schon bei den Fotos Herzklopfen bekam“. Die Verkäuferin – eine Dame von 105 Jahren – hatte fast ihr ganzes Leben dort verbracht und nur sehr wenig verändert, am Grundriss nahezu nichts.
Wolstencroft transformierte die Fläche sensibel und pointiert für Bedürfnisse von heute. Größere Eingriffe konzentrierten sich auf den Bereich nach hinten zum Hof (und auf die uralte Elektrik). Die Küche wanderte nach vorn, ihr einstiger Raum ist nun Arbeitszimmer mit einem schmalen Ruhebett. Ein wenig abgeknapste Fläche gehört jetzt zum vorgelagerten, neuen Dressing Room, „ein weiteres Must-have von mir“, mit deckenhohen Einbauschränken und raffiniert verspiegelten Türen in Schafzimmer und Bad. Die Deckenleuchte und den Hocker entwarf Hans-Agne Jakobsson in den 1940ern. „Zu Hause bin ich immer barfuß“, sagt der Hausherr. „Deshalb liegt im privaten Bereich überall heller Teppichboden – typisch britisch.“ Dessen Schlingen haben die gleiche Farbe wie Schränke und Decken.
Must-haves: Deckenhohe Einbauschränke und Teppichboden
Beim Bad ging er rigider vor und vergrößerte es radikal, denn „zuvor war es nur eine winzige Kammer“. Wolstencroft, ein Gesteinskenner, entschied sich für auffälligen Cipollino Ondulato bei Waschtisch und Badewanne, am Boden liegt Travertin mit Streifen aus Nero Assoluto. Akzente aus lokalem Birkenholz, wie es auch in der Küche zum Einsatz kam, wärmen die Moderne.
So richtete der Architekt seine Wohnung ein
Originale Details im vorderen Wohnungsbereich wurden akribisch aufgearbeitet. Der Holzkamin funktioniert; mit gleich fünf Tönen zwischen Blau, Braun und Schwarz beizte Wolstencroft das historische Eichenparkett dunkel. Über der Tür zwischen dem Zimmer-Duo zur Straße beließ er die auf Tapete gemalten blauen Trauben („Sie sollen von einem verstorbenen Nachbarn gemalt worden sein.“). Wände und Decken, sogar die Küchenschränke und die Kochinsel tragen einen Ton, der an köstliche englische Clotted Cream zu Scones und Tee erinnert. „Generell bewegt sich meine liebste Farbpalette zwischen Off-White, Braun und Schwarz“, erklärt der Architekt. Bei der Einrichtung mixte er Europäisches aus diversen Epochen. Ausgewählte Stücke aus Frankreich, Deutschland und Italien (und natürlich Skandinavien) harmonieren, egal ob von Unbekannten gestaltet oder von großen Namen. Das gilt auch für die Kunst: Im Living Room hängen ein Großformat der jungen schwedischen Künstlerin Caroline Nyström von der Affordable Art Fair und ein kleines Print-Trio von Marina Abramović; das Treiben in der Küche verfolgt ein Zigarette rauchender Halston auf einer Litho von Andy Warhol.
Ein Ort, in den man sich nur verlieben kann
Auch das wuchtige, rostrote Eckhaus an einer breiten Straße vereint ein buntscheckiges Erbe. Es wurde um 1895 im nationalromantischen Stil geplant (jedoch erst 1914 errichtet), davon zeugen noch Eulen, Eichhörnchen und Schweinchen, die zwischen Ranken über die Decke des Hausfoyers wuseln, ebenso das klassische, oliv-minzige Åmål Grün für alle Türen und Sockelleisten im Treppenhaus. Ein Ort, in den man sich nur verlieben kann – „und wo man gern so lange leben möchte, bis man selbst 105 Jahre alt ist“.









