So wohnen junge Kreative in Berlin: Sieben originelle Beispiele aus der Hauptstadt
„Du bist verrückt, mein Kind, du musst nach Berlin“, sang der Komponist Franz von Suppè einst, dabei sollte es wohl eher heißen: „Du bist kreativ, mein Kind.“ In Berlin tummeln sich Kunst- und Kulturschaffende, Designer:innen und Architekt:innen. Auf den Straßen sprüht es vor kreativer Energie, aber auch hinter verschlossenen Türen manifestiert sich die Kreativität der Hauptstadtbewohner:innen. Einige Gesichter aus Berlins Kreativszene haben uns ihre Türen geöffnet, ihren persönlichen Einrichtungsstil gezeigt und die Geschichten hinter ihren liebsten Objekten und Fundstücken erzählt.
Diese 7 kreativen Apartments in Berlin sind eine Inspiration für das eigene Zuhause
Die Wohnungen, die wir besucht haben, sind so unterschiedlich wie ihre Bewohner:innen: So reißt einer Wände heraus und konzipiert maßgefertigte Möbel. Andere suchen und sammeln so lange, bis die vier Wände perfekt gefüllt sind. Wir stellen Ihnen sieben Wohnungen junger Kreativer vor, die Ihnen als Inspiration dienen sollen, mehr Kreativität und Urbanität in Ihr Zuhause zu bringen.
Zehn Tage hat die Renovierung von Joern Scheipers’ Wohngemeinschaft in Kreuzberg gedauert, elf Jahre hat er zu diesem Zeitpunkt bereits in der Altbauwohnung gewohnt. Inspiriert zur Umgestaltung hat den Designer ein Gespräch mit einer Besucherin der AD-Ausstellung „New Perspectives“. Bei der Frage nach seinem Zuhause realisierte er, dass er mehr so wohnen wollte, wie seine Installationen für sein Designstudio Vaust auch aussehen: Viel Aluminium und viel Stein verwendet er da. Heute findet man in seiner WG eine Gastro-Küche, Vintage-Designer-Fundstücke, zum Beispiel einen Loungechair von Cassina, und Eigenkreationen wie sein Stahlbett. Statt Farbe gibt es Struktur. Geholfen haben ihm übrigens sein Mitbewohner, seine Freunde und sein Vater.
Polly Roche ist die jüngste Protagonistin unserer #thirtysomething-Reihe. Mit 17 Jahren ist sie in ihre erste eigene Wohnung im Norden Berlins gezogen. Die Tochter der Autorin und Podcasterin Charlotte Roche arbeitet als Model in der Hauptstadt, wo sie auf stattlichen 90 Quadratmetern wohnt. Die Wohnung zeichnet sich durch weiße Dielen und hohe Decken aus, in denen sie ruhiger und ordentlicher wohnt, als sie es von Zuhause kennt. Langweilig ist es dennoch nicht. Ein Space-Age-Couchtisch, eine Ecke mit Musikinstrumenten und ihrer Schallplattensammlung und ein Kunstwerk ihrer Mutter zieren bisher ihr erstes eigenes Zuhause. Ihre Einrichtung ist allerdings ein Prozess. Polly Roche ist stetig auf der Suche nach Vintage-Fundstücken bei Kleinanzeigen.
Im deutschen Ableger der Netflix-Serie „Queer Eye“ richtet Interiordesigner Ayan Yuruk die Wohnungen der Teilnehmer ein. In seiner eigenen Wohnung in Berlin-Mitte befinden sich sowohl sein Zuhause als auch seine zwei Designbüros. Besonders ist vor allem das Gebäude: Designt vom Architekten Jürgen Mayer H., wird es von einer skulpturalen Lamellenfassade geziert. Dahinter befindet sich die lichtdurchflutete Wohnung des Designers. Besonders wichtig ist ihm hier seine Küche, in der er lieber mit Freund:innen zusammenkommt, als zu kochen. Entsprechend seiner Aufgabe bei „Queer Eye“ richtet er auch zu Hause gerne um. Am liebsten, indem er neue Kunst erwirbt oder die Dekoration der Jahreszeit oder seiner Stimmung anpasst. Als Nächstes möchte er sein rosa Schlafzimmer schwarz streichen.
Marten Anderson hat seinen Freund Gustav Sundberg über einen abzugebenden Sprössling kennengelernt. Kein Wunder, dass Pflanzen in der gemeinsamen Wohnung eine tragende Rolle spielen. Manche von ihnen haben die beiden aus dem Urlaub mitgebracht, genau wie einige einzigartige Dekogegenstände, zum Beispieel ein postmodernes Glasobjekt aus Mexiko. Die Möbel sind entweder vom Flohmarkt, Kleinanzeigen oder aus den Elternhäusern mitgenommen. Der Rest ist selbst gebaut: „Ich zeichne das am Computer vor, dann geht’s in den Baumarkt, zuschneiden lassen und zusammenbauen. Und mit ein bißchen Farbe obendrauf sieht es dann irgendwie eigentlich sogar ganz nett aus“, erzählt Marten Anderson der AD.
Einst zog Tobias Frericks in einen Neubau von Kuehn Malvezzi in Berlin-Mitte mit seinem damaligen Partner Christophe Chemin. Zwar lebt dieser mittlerweile nicht mehr hier, einige seiner Entwürfe sind aber geblieben. Die helle Küche und das Bad zum Beispiel. Heute finden sich in der lichtdurchfluteten Wohnung mit ihren bodentiefen Fenstern immer noch die gemeinsamen Erinnerungen, aber sie hat sich weiterentwickelt und fühlt sich nicht mehr nach Vergangenheit an. Mit Designerstücken wie einem Le-Corbusier-Sofa und einem Gropius-Sessel, Teak-Elementen und persönlichen Gegenständen wie einem Bild von Tobias Frericks und seiner Mutter und einem Nussknacker in Krokodil-Form stellt das Apartment nach der Trennung einen Ankerplatz dar.
In beachtlicher Höhe hat der Architekt Christoph Sitzler gemeinsam mit seinem Partner einen offenen, roughen Wohnsaal geschaffen. Dank der vorhandenen Betonbalken konnten die beiden fast alle Wände der vorherigen Vierzimmerwohnung herausreißen. Somit blieb einerseits die Statik ermöglicht, andererseits trennen die Balken die offenen Räume weiterhin optisch voneinander ab. In diesen herrscht trotz Betonwänden dank selbst entworfener Holzeinbauten aus Eichenfurnier Gemütlichkeit. Beim restlichen Mobiliar hat Christoph Sitzler auf schlichte und zeitlose Stücke gesetzt, zum Beispiel ein Esstisch von Objekte unserer Tage in der gleichen Farbe wie der Fußboden. Die Wohnung befindet sich im 15. Stock mit Aussicht über die Stadt. Der Blick auf eine Coca-Cola-Leuchtreklame und die Leipziger Straße gehören zum harten Charme des Apartments.
Oft warten Sabrina Hubert und Maximilian Bellinghausen jahrelang, bis sie das richtige Möbelstück gefunden haben oder es sich leisten können. Manchmal haben sie bis dahin schon etwas anderes entdeckt. Stück für Stück hat sich so das Interior-Ensemble in der Altbauwohnung in Neukölln zusammengesetzt. Die Möbel sind von Joe Colombo, Gino Sarfatti oder Eero Saarinen, gefunden auf dem Flohmarkt, Versteigerungen oder in Wohnungen von Freund:innen. Gemein haben sie alle, dass ihre Besitzer jedes Stück lieben. Die Wunschliste des Paares ist endlos, genau wie der Entwicklungsprozess ihres Zuhauses: „Wir lieben es, immer weiter an ihr zu arbeiten, sie zu verändern, und sobald etwas fertig wird, rückt etwas anderes in den Vordergrund, und schon hat man wieder zu tun und neue Ideen“, sagt Maximilian Bellinghausen.


















