Zu Hause bei Alina Abegg in Berlin-Charlottenburg.
Alina Abegg entwirft außerirdisch guten Schmuck und lebt bisweilen selbst in ihrer eigenen Welt – allerdings öffnet sie die Tür zu ihrem Raumschiff nur zu gern, zum Beispiel, wenn sie ihre Kund:innen empfängt. Abeggs Zuhause in Berlin-Charlottenburg ist nämlich gleichzeitig auch ihr Showroom, den man nach Terminabsprache besuchen kann, um in die verspielte Welt der Designerin einzutauchen. Seit 2017 lebt sie in Berlin, seit 2020 in ihrer 170 Quadratmeter großen Altbauwohnung, dem Ort, „an dem Inspiration lebendig wird“. Wir sprachen mit ihr darüber, wie viele Umzüge den eigenen Stil prägen, welche Erinnerungen ein Sofa mit sich trägt und ob man Gefühle in einem Stück Schmuck verewigen kann.
Alina Abegg über ihre Altbauwohnung in Berlin-Charlottenburg
Alina, wenn deine Wohnung eines deiner Schmuckstücke wäre: Welches wäre es?
Alina Abegg: Definitiv der Alien-Ring. Genau wie der Ring ist meine Wohnung eine Mischung aus verspielten, unerwarteten Elementen und einem Hauch von Nostalgie. Sie erzählt eine Geschichte, ist individuell und voller kleiner Details, die erst auf den zweiten Blick auffallen. Beide, meine Wohnung und der Ring, haben etwas Eigenwilliges, das nicht jedem gefallen muss – ich finde, das macht sie einzigartig.
Wie würdest du den Charakter deiner Wohnung beschreiben?
Am allerwichtigsten war mir ehrlich gesagt, dass die Wohnung warm und cosy ist, ein absoluter Wohlfühlort – gerade während der langen, grauen Berliner Winter. Ich wollte Farbe in die Wohnung bringen; im ersten Schritt haben alle Wände deshalb einen poppigen Anstrich erhalten. Für meine Küche habe ich beispielsweise ein Bonbon-Grün gewählt, das mich an meinen Lieblingsstein – den Chrysopras – erinnert, den ich auch sehr gern für meine Schmuckdesigns verwende. Grün regt meine Kreativität an und passt irgendwie perfekt zu meiner Persönlichkeit: lebendig, sanft und ein bisschen verspielt. Ich finde, so verleiht die Farbe auch dem Raum eine gewisse Energie, die einerseits inspiriert und andererseits gute Laune macht – das ist mir in meinem Zuhause wichtig. Der Stil an sich ist ziemlich eklektisch: Viele Möbelstücke haben eine Geschichte; manche habe ich über die Jahre gesammelt, andere sind Erbstücke oder wurden speziell für mich entworfen.
Was hat dich nach Berlin gebracht?
Meine Mutter ist Deutsche, mein Vater halb Schweizer, halb Kanadier. Ich selbst bin in der Schweiz und London aufgewachsen und habe hier auch die meiste Zeit gelebt. Berlin hat mich schon lange gereizt, aber es hat eine Weile gedauert, bis ich den Schritt gewagt habe. Schließlich war es mein damaliger Freund, der hier lebte und letztlich den Anlass zum Umzug geliefert hat. Ironischerweise ging die Beziehung kurz nach meinem Umzug zu Ende. Aber ich wollte dann trotzdem bleiben, die Stadt erkunden – ursprünglich nur für ein Jahr. Mittlerweile sind es schon sieben …
Beim Umbau und Interior hast du dir Hilfe von einem Architekturbüro und deiner Schwester geholt, die Interiordesignerin ist. Wie hat die Symbiose funktioniert?
Erstaunlich gut! Vermutlich auch, weil meine Schwester Marsha meinen Geschmack und meine Vision so genau kennt. Sie wusste sofort, was ich mir wünsche. Obwohl sie eigentlich einen eher klassischen Stil hat, hat sie es geschafft, eine Symbiose aus meinen Vorstellungen und ihren Entwürfen zu kreieren. Es hat wirklich Spaß gemacht, mit ihr an diesem Projekt zu arbeiten. Zusammen mit dem Interior-Architektur-Duo Irina Kromayer und Etienne Descloux habe ich dann einzelne weitere, maßgefertigte Elemente wie die Küche, den Showroom-Schrank, den Office-Schrank und die Ankleide entworfen.
Was hat dich motiviert, dich auch an größere Einbauten zu wagen?
Ich finde, gerade in der Zusammenarbeit entstehen solche größeren kreativen Konzeptionen. Die Sitzbank, die gleichzeitig als Gästebett funktioniert, ist das perfekte Beispiel dafür. Es war mir wichtig, dass die Wohnung nicht nur ästhetisch ist, sondern auch alltagstauglich – insbesondere, weil ich oft Freunde und Familie zu Besuch habe.
Die Wohnküche ist das Herzstück der Altbauwohnung
Hast du ein Lieblingszimmer?
Wenn ich mich entscheiden müsste, dann wäre es die Wohnküche. Dadurch, dass die Küche offen mit dem Esszimmer verbunden ist, fühlt sich der ganze Raum einfach lebendig und einladend an. Ich halte mich hier am meisten auf, ob zum Arbeiten, Kochen oder zum Entspannen. Auch wenn Freunde zu Besuch sind, landen wir am Ende immer hier – die Küche ist einfach der gemütlichste Ort in der Wohnung.
Du hast den Showroom deiner Marke in deine Wohnung integriert. Hast du jemals bereut, Berufliches und Privates so eng miteinander zu verbinden?
Manchmal fällt es mir schon schwer, Privates und Berufliches komplett zu trennen. Ich denke, wenn mein Showroom oder Office an einem anderen Ort wäre, wäre es oft leichter, klare Grenzen zu setzen und die Arbeitszeiten besser von meiner Freizeit zu trennen. Andererseits ist mein Beruf auch meine Leidenschaft …
Woher kommt deine Begeisterung fürs Interiordesign?
Die Kreativität wurde mir quasi in die Wiege gelegt: Genau wie meine Schwester ist auch meine Mutter gelernte Innenarchitektin. Als Familie sind wir oft umgezogen. Unsere Häuser waren immer wunderschön – am Anfang aber oft echte Ruinen, die meine Eltern mit viel Liebe komplett umgebaut und eingerichtet haben. Ihre Einrichtung war schon immer sehr eklektisch – manchmal auch ein bisschen crazy, aber das hat mich total fasziniert. Meine Eltern haben zum Beispiel immer Möbel gesammelt und eingelagert, die sie irgendwann wieder an anderweitiger Stelle benutzt haben. Dadurch habe ich gelernt, dass man mit Mut zum Rearrangement und einem guten Auge für Details einen ganz eigenen Look kreieren kann. Wenn man die Möglichkeit hat, Dinge aufzubewahren und sie später neu zu kombinieren, entstehen unglaublich interessante Räume.
Was hat dir bei den vielen Umzügen geholfen, dich schnell zu Hause zu fühlen?
Meine Eltern haben immer dafür gesorgt, dass bestimmte Möbel, Bilder oder dekorative Elemente, die uns wichtig waren, sofort ihren Platz im neuen Zuhause gefunden haben. Egal, wie chaotisch es am Anfang oft war – diese Details haben immer dafür gesorgt, dass ich mich schnell zu Hause gefühlt habe. Und natürlich hat es geholfen, dass meine Mutter ein echtes Talent dafür hat, aus jedem Haus etwas Besonderes zu machen. Selbst wenn noch nicht alles fertig war, hat sie es vermocht, eine gemütliche Atmosphäre zu schaffen. Nicht zuletzt dafür bin ich meinen Eltern sehr dankbar.
Wie Schmuckdesign das Interior der Berliner Altbauwohnung prägt
Du hast erzählt, dass du mit deinem Schmuck Erinnerungen verarbeitest. Wie kann man sich das vorstellen?
Schon seit ich klein bin, sammle ich Objekte, Bücher und kleine Schätze. Meine Schwester hatte dann die großartige Idee, in der Wohnküche, meinem Lieblingsraum, einen Schrank zu gestalten, in dem ich all diese Dinge unterbringen und gleichzeitig auch anschauen kann. Es ist fast wie ein kleines Kuriositätenkabinett geworden: Beginnend bei Kristallen und Edelsteinen, die ich von lieben Freunden geschenkt bekommen habe oder auf meinen Reisen erstanden habe, bis hin zu einem kleinen Bildband Schweizer Landschaftsbilder, der mich an meine Heimat erinnert. In diesem Zusammenspiel aus Begegnungen mit Familie, Freunden und Gästen, vor dem Hintergrund meiner ganz privaten Sammlungsstücke entstehen Geschichten und Erinnerungen – hier kommen mir Ideen für meine Entwürfe. Wenn Gegenwart auf die Vergangenheit trifft, finde ich Muße und Inspiration.
Kann man ein Gefühl denn in einem Schmuckstück einfangen?
Für mich geht es darum, Erinnerungen, Träume und Emotionen in greifbarer Form darzustellen. Ein Gefühl in einem Schmuckstück einzufangen bedeutet viel mehr als nur ein ästhetisch ansprechendes Design zu erschaffen. Bei meinem Label Alina Abegg lassen wir uns von kindlicher Imagination inspirieren. Jedes Stück versteht sich dabei wie ein Schlüssel zur Erinnerung an die eigene Kindheit; eine Zeit voller Unbeschwertheit und unendlicher Fantasie. Jedes Schmuckstück soll eine Art Token sein, welcher den Träger daran erinnert, die Welt mit der Neugier und Freude eines Kindes zu betrachten. Meine Kreationen stehen symbolisch für Liebe und Selbstakzeptanz; für die Freiheit und auch den Mut, wirklich alle Anteile von sich selbst zu umarmen – die verspielten, die sensiblen und die mutigen. Insofern kommt den Schmuckstücken eine Doppelbedeutung zu – es ist ein innerer Prozess, den ich immer und immer wieder durchlaufe und zu dem ich andere Menschen bestärken möchte. Bleib dir selbst treu. Geh deinen Weg. Fühlt es sich leicht und frei an, ist es gut.
… und bist du so auch beim Einrichten der Wohnung vorgegangen?
Intuitiv, genau. Ich folge meinem Bauchgefühl, sammle Dinge, die mich inspirieren, und lasse alles organisch zusammenfinden. Das passiert bei mir immer recht impulsiv. Es entsteht also eher intuitiv eine Stimmung, die mir entspricht – ähnlich wie bei meinen Schmuckdesigns. Ich liebe es, Stücke mit Geschichte oder unerwarteten Details zu integrieren, aber der Prozess ist nie strikt geplant, sondern vielmehr eine Reise, bei der alles irgendwie seinen Platz findet.
Von welchem Möbelstück könntest du dich nie trennen?
Mein Sofa begleitet mich trotz seiner Sperrigkeit schon seit meiner Zeit in London und hat für mich einen besonderen Wert. Es trägt so viele Erinnerungen in sich: mit Freunden lachen, meditieren, Break-ups verarbeiten – all das ist auf diesem Sofa passiert. Und es war der Lieblingsplatz meines Hundes Nugget. Wir haben dort viele schöne Momente zusammen verbracht. Nuggy ist diesen Sommer leider verstorben, aber das Sofa erinnert mich immer wieder an die gemeinsamen Jahre und die unbeschwerten Zeiten, die wir darauf verbracht haben. Es war sein absoluter Lieblingsplatz, und jedes Mal, wenn ich dort sitze, fühlt es sich an, als wäre ein Teil von ihm immer noch da.
Produktion: Thomas Skroch

















