Wohnen mit Vintage-Möbeln: 7 gelungene Beispiele.
Die Suche nach geeigneten Vintage-Möbeln ist ein bisschen wie Glücksspiel: Denn Glück braucht es allemal, um für sein Zuhause die passenden Teile zu finden. Natürlich könnte man einfach in ein Möbelhaus oder auf einen Onlineshop gehen und Sofa, Regal und Kleiderschrank konfigurieren. Aber das ist je nach gesuchtem Objekt oft kostspieliger, weniger nachhaltig und – langweilig. Denn wie Glücksspiel kann auch Möbel-Thriften süchtig machen. Wer einmal auf einem Flohmarkt oder bei Kleinanzeigen einen Mega-Schnapper gemacht oder sogar ein Unikat gefunden hat, der wird diesem Gefühl wohl ewig hinterherjagen. Zur Belohnung für diesen Aufwand gibt es eine individuell eingerichtete Wohnung, in der jedes Möbelstück eine Geschichte erzählt.
7 Einrichtungen, in denen Vintage-Möbel die Hauptrolle spielen
Wie Profis bei der Suche nach Vintage-Stücken vorgehen, ist ganz unterschiedlich. Die einen suchen jahrelang nach einem konkreten Piece, die anderen entdecken spontan auf einem Flohmarkt ein passendes Match. AD stellt Ihnen sieben Wohnungen und Häuser vor, deren Bewohner:innen sich der Vintage-Einrichtung verschrieben haben.
Emanuel Sax achtet beruflich und privat auf Ästhetik: Der gebürtige Oberbayer liebt es, „Vintage-Möbel und Neues miteinander zu kombinieren, um so etwas Nachhaltiges entstehen zu lassen“. Erstere hat er für seine Altbauwohnung in Bozen auf italienischen Vintage-Märkten oder online erstanden, zum Beispiel bei Kleinanzeigen oder Pamono. Er ergänzt seine Fundstücke durch dänisches Design, beispielsweise von Hay oder Tekla. Seine Vintage-Objekte erzählen eigene Geschichten: „Ich finde es toll, wenn ein Gegenstand für jemand anderen bereits einen emotionalen Wert besaß und ich dem Objekt dann in einem anderen Kontext ein zweites Leben geben kann“, erzählt Sax der AD.
Anouk Lamm Anouk hat sich schon als Kind vorgenommen, sich für Themen wie Queerness oder Tierrechte einzusetzen. „No age, no gender, no religion“ lautet heute das Credo der Künstler:in. Anouk schafft Kunst, in denen weibliche, non-binäre und undefinierte Körper oder Tiere dargestellt werden. Das Atelier befindet sich im selben Gebäude wie die Wohnung von Anouk und Ehefrau Marleen Anouk-Roubik. Sowohl im Atelier als auch in der gemeinsamen Wohnung lehnen die Werke an den Wänden und bestimmen damit den Look des Apartments. Möbel kauft das Paar ausschließlich vintage: „Wir haben einiges über die österreichische Kleinanzeigen-Plattform Willhaben. Dort erstanden wir etwa ein Wittmann-Sofa für zehn Euro, wir haben einige Designer-Pieces zu wirklich guten Preisen gebraucht gefunden.“ Neben Onlineplattformen suchen die beiden Österreicher:innen auch über Vintage-Händler oder auf Auktionen nach neuen Fundstücken.
Danielle Grosch-Ruppersberg und Jonas Ruppersberg bezeichnen sich selbst als Kleinanzeigen-Profis. In ihrer Münchner Wohnung ist fast jedes Stück secondhand. „Ich möchte zeigen, dass man auch mit gebrauchten Möbeln eine schöne und stilvolle Wohnung gestalten kann“, sagt Danielle Grosch-Ruppersberg. Ihr Stil wird von Designklassikern und Einzelstücken dominiert, die sie nicht nur auf Onlineplattformen, sondern auch auf Flohmärkten, als Ausstellungsstück oder B-Ware erworben haben – manchmal plant das Paar um dem Kauf ganze Städtetrips. „Danielle hat einfach ein Auge für Dinge, die andere nicht sehen“, sagt Jonas Ruppersberg über seine Frau, die federführend in der Akquise und Auswahl der Möbel ist: „Wenn es darum geht, Möbel auf Kleinanzeigen oder Flohmärkten zu finden, dann macht das Danielle“, führt Ruppersberg aus. Dabei sucht Grosch-Ruppersberg oft nach ganz bestimmten Objekten, manchmal fliegen ihr die Funde aber auch zu: „Den Space-Age-Sessel im Flur hatte ich beispielsweise gar nicht auf dem Schirm. Nach den Stühlen von Bruno Rey in der Küche habe ich aber ganz explizit gesucht.“ Die Edelstahl-Küche ist (neben Elektrogeräten) übrigens das einzige Stück in der Wohnung, für das die beiden nicht auf Kleinanzeigen oder ähnlichen Plattformen fündig wurden.
Insbesondere in der ersten eigenen Wohnung lohnt es sich, auf Plattformen wie Kleinanzeigen & Co. zu setzen. So machte es auch Polly Roche, die mit 17 Jahren von Köln nach Berlin zog. Die Frage „vintage oder neu?“ beantwortet das Model klar mit „vintage.“ Ihre Möbel fand sie auf Flohmärkten oder online, wo sie nach Begriffen wie midcentury, postmodern, Panton-Ära oder space age suchte. Die Einrichtung gestaltet sich dabei, anders als wenn man alles neu kauft, als Prozess. Roche sieht das positiv: „Rückblickend mag ich es, dass die Einrichtung nicht von jetzt auf gleich fertig war. Es war ein organisches Ausprobieren.“ Die Liebe für gebrauchte Möbel hat die Tochter von Charlotte Roche von ihrem Vater geerbt: „Die Kölner Wohnung meines Vaters und meiner Stiefmutter besteht aus Vintage-Möbeln, vielen String-Regalen, verrückten Vasen und Midcentury-Sideboards. Es ist kein Sonntag vergangen ohne den (unausgesprochen) obligatorischen Flohmarktbesuch. Ich bin froh, dass ich so aufgewachsen bin, sonst hätte ich mir bestimmt nicht so viel Mühe gegeben, mich in meiner ersten Wohnung richtig wohlzufühlen.“
In einem Hamburger Elbvorort wohnen Content-Creatorin Isabelle Hartmann und ihr Mann Felix in einem denkmalgeschützten Bungalow aus den Sechzigerjahren. Bei der Renovierung und Einrichtung des Hauses war dem Paar klar, dass es den Sixties-Charme des Hauses erhalten wollte. Dies gelang auch durch Vintage-Einrichtung: Gemeinsam mit dem Interiorstudio Piergianni begaben sich die beiden auf die Suche nach besonderen Vintage-Möbeln und -Leuchten. „Der gesamte Prozess, die Schätze zu entdecken und auszuwählen, war wirklich toll“, sagt Isabelle Hartmann, die auch auf Reisen nach passenden Stücken suchte: „Während unseres Sommerurlaubs in Italien haben wir in einem coolen Vintage-Laden Kunstwerke aus den 60ern gekauft.“ Das Sourcen potenzieller Vintage-Stücke wurde zu Isabelle Hartmanns Lieblingsaufgabe. Auf Pinterest recherchierte sie nach der „Teakholz-Mood der 60er- bis 70er-Jahre“, bei Pamono, VNTG und Kleinanzeigen ersteigere sie die gewünschten Objekte. Ihrem Mann Felix gefällt an älteren Möbelstücken vor allem die Patina: „Heritage ist etwas, das man nicht neu schaffen kann. Das braucht viel Zeit“, sagt das Model, das ebenfalls als Content Creator arbeitet.
Model und Influencer Dustin Hanke liegt das Verhandeln: Seine zwei „Toscanella“-Stühle von Alessandro Becchi entdeckte er auf einem Flohmarkt, wo sie bereits als Teil einer Sitzgruppe verkauft waren. Hanke konnte dem Käufer zwei Exemplare abschwatzen. Hanke geht fast jede Woche auf den Flohmarkt, seine Favoriten in Berlin sind der Arkonaplatz, der Flohmarkt am Rathaus Schöneberg und der Antik-Markt am Tiergarten. Besonders gute Schnäppchen macht er aber vor allem in den Randbezirken. Dabei sucht er nie nach konkreten Stücken: „Wenn es konkret um Möbel geht, plane ich ehrlich gesagt nie wirklich, da ich alles secondhand oder vintage kaufe – und für jede Überraschungen offen bin.“ Damit er keine unnötigen Möbel erwirbt, hat er eine genaue Vorgehensweise: „Auf dem Flohmarkt schaue ich intuitiv nach Optik und Qualität, danach mache ich mir Gedanken, ob ich das Stück auch wirklich brauche. Ansonsten empfehle ich immer, Fotos von Objekten auf dem Flohmarkt durch die Google-Bildersuche zu jagen, um mehr über Materialien oder ihren Preis zu erfahren“, gibt Hanke seinen Geheimtipp zur Vintage-Möbel-Suche preis. Auch online sucht er nach Vintage-Möbeln, am liebsten bei Kleinanzeigen und Whoppah. Anstelle nach bestimmten Stilen zu suchen, filtert er nach Produktart: „Ich nutze den Begriff ‚Stehlampe‘, anstatt ‚Space-Age-Stehlampe‘, weil einige Verkäufer:innen vielleicht gar nicht wissen, wie sie ihre Möbel einordnen sollen.“ Ebenfalls überlegt er nicht, ob Dinge zusammenpassen könnten oder nicht: „Solange du es toll findest, wird es zusammen funktionieren.“
Illustratorin Andrea Weber und ihr Partner Robert Ropertz, Maler und Denkmalpfleger, handeln bereits seit zwei Jahrzehnten mit Vintage-Möbeln. In ihrem Haus im Rheinland hat ihre umfangreiche private Designsammlung ein Zuhause bekommen. Damit die Stücke wie in einer Galerie wirken können, sind alle Wände des Altbaus von 1865 in Weiß gehalten. Die Liebe für das Handeln von Design hat bei dem Paar aus Bedarf begonnen: Für ihre erste gemeinsame Wohnung brauchten sie Möbel und stöberten in Sozialkaufhäusern und auf dem Sperrmüll. Daraus entstand ein Geschäft. In ihrem neuen Zuhause sind alle Möbel (bis auf die Küche) vintage, neben Sozialkaufhäusern besuchen die beiden Wohnungsauflösungen, Flohmärkte und Kautionen, gerne auch in den nahe gelegenen Niederlanden. Aus welcher Zeit die Möbel am besten stammen sollen, ist dabei nebenrangig: „Hochwertiges Design gab es in jedem Jahrzehnt, man muss nur das Auge dafür trainieren“, so Ropertz.
































