Wohnen im Dschungel: So geschickt wurde dieses Haus auf Bali mit der Natur verbunden

Eine Familie hat sich dieses Haus gebaut, das vollständig in die üppige Natur integriert ist – durch recyceltes Holz, offene Räume und eine Architektur, die Landschaft, Pflanzen und Tiere respektiert
Modernes Holzhaus auf Bali Wohnzimmer Öffnung zum Dschungel
Iker Zuñiga

Dieses Haus auf Bali mitten im Dschungel kombiniert balinesische und japanische Traditionen auf gelungene Weise und wird selbst zu einer Fortsetzung der Natur.

Der spanische Künstler Sebastián Mesdag hat mit „Kubu Taru“ für sich und seine Familie ein Haus auf Bali errichtet, das – man kann es nicht anders sagen – ein Ort des Friedens ist. Was nicht zuletzt daran liegt, wie es sich in seine Umgebung einfügt. Die oft beschworene Verbindung zwischen Innen und Außen erhält bei diesem Projekt eine viel umfassendere, tiefere Bedeutung: Man könnte sagen, dass in diesem Haus auf Bali Innen und Außen eins sind.

Holzhaus auf Bali inmitten üppiger Natur Außenansicht

Die Anlage des Gartens wurde konzipiert, bevor das Haus errichtet wurde.

Iker Zuñiga

Ein eigenständiges Dach

„Zuerst haben wir das Dach gebaut“, erzählt die balinesische Architektin Conchita Blanco von Blancostudio, die für das Projekt verantwortlich zeichnet. „Es ruht auf einer eigenen Stützstruktur und ist baulich nicht mit dem Haus verbunden. So konnten wir vor Errichtung des Hauses mit der Anlage des Gartens beginnen, was der Natur Zeit gab zu wachsen.“

Außenansicht der Boden ruht auf einer Pfahlkonstruktion

Dank einer Pfahlkonstruktion kann das Wasser unter dem Haus abfließen.

Iker Zuñiga

Wie die Enkelin des spanischen Malers Antonio Blanco erzählt, hat Mesdag selbst den Garten entworfen. Große Felsbrocken, Wasser und einheimische Pflanzen fügte er zu einem „lebendigen, atmosphärischen Ensemble, das das Haus auf eine stimmige Weise umgibt“. Und weiter: Während die Gartenlandschaft Gestalt annahm, entwickelte sich auch die Planung und Aufteilung des Hauses weiter: „Jeder Raum wurde mit Bedacht so angeordnet, dass er einen bestimmten Ausblick bietet“, sagt Blanco.

Außenansicht Terrasse unter breitem Dachüberstand

„Die kantige Form des Dachs, inspiriert vom Origami, ist auf den Lauf der Sonne und die Konturen des Geländes abgestimmt“, sagt die Architektin Conchita Blanco. „Es ist so gebaut, dass es das sanfte Morgen- und Abendlicht zulässt und gleichzeitig den Innenraum vor der intensiven Mittagssonne schützt. Seine Ausrichtung rahmt die Landschaft auf eine Weise, die sowohl ganz natürlich als auch beabsichtigt wirkt und zur Topografie der Reisfelder unterhalb des Hauses passt.“

Iker Zuñiga

Ein Dschungel-Refugium

Mesdags Haus in den Bergen wirkt wie der ultimative Rückzugsort. Dabei ist es schon weniger abgelegen als sein erstes Haus, schließlich müssen die Kinder in die Schule. Dennoch, hier fühlt es sich so an, als lebte man unmittelbar im Dschungel, einer Landschaft, mit der sich der Künstler besonders verbunden fühlt. Nicht umsonst widmet er sich in seinem Atelier „Tian Taru“ seit Jahren dem Färben mit selbst angebautem Indigo, einer lokalen Pflanze, die das gesamte Ökosystem des Dschungels benötigt, um zu gedeihen.

Blick vom Innenhof durch offenen Türbogen ins Innere

„Das Haus wurde um einen Innenhof herum konzipiert – er ist das Zentrum des Hauses, sein stilles Herz, von dem aus alle Zimmer abgehen. Jeder Raum verfügt über Öffnungen nach innen wie nach außen und ist auf diese Weise sowohl mit dem Innenhof als auch mit den Reisfeldern und dem umliegenden Dschungel verbunden.“

Iker Zuñiga

Aus Liebe zum Holz

Die Tatsache, dass das Haus aus Holz gebaut ist, trägt ebenfalls zu dem Gefühl bei, „inmitten der Natur“ zu wohnen. Entsprechend spiegelt der Name „Kubu Taru“ den Grundgedanken des Projekts wider: „Kubu bedeutet auf Balinesisch ,Hütte‘ und taru bedeutet ,Baum‘“, erläutert Blanco. „Wir alle teilen eine tiefe Liebe zum Holz, daher war von Anfang an klar, dass dieses Haus vollständig aus Holz gebaut werden würde.“

Mit „wir“ meint sie sich selbst, Sebastián Mesdag (dessen vorheriges Haus ebenfalls aus Holz war) und ihren Ehemann Avalon Carpenter, durch den sie und Mesdag sich kennengelernt haben. Avalon Carpenter ist ein langjähriger Freund von Mesdag und macht seinem Nachnamen alle Ehre: Er ist Tischler. Und er ist Gründer des Möbelherstellers Kalpa Taru, dessen Mitarbeiter das Haus mit traditionellen Handwerkstechniken erbaut haben.

japanisch anmutendes Interieur mit eingebauten niedrigen Sitzecken

Ein Großteil der Möbel ist in die Architektur integriert.

Iker Zuñiga
Essbereich wuchtiger Tisch mit Platte aus massivem Merbauholz

„Der Esstisch ist ein ganz besonderes Möbelstück: Sowohl funktional als auch in symbolischer Hinsicht ist er der Angelpunkt des Hauses. Ich wollte, dass er mehr als nur ein einfacher Tisch ist, sondern wie eine Skulptur wirkt. Um ein Statement zu setzen und den Eindruck von Kraft und Masse zu vermitteln, haben wir uns für eine zusammenhängende Platte aus massivem Merbauholz entschieden“, erinnert sich Blanco.

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Massivholz verstehen lernen

„Die Arbeit mit Massivholz war ein Lernprozess: Holz ist ein lebendiges Material; es bewegt sich, verformt sich und reagiert auf seine Umgebung. Wir mussten den Handwerkern von Kalpa Taru aufmerksam zuhören und von ihnen lernen, bevor wir überhaupt mit dem Entwerfen beginnen konnten“, erinnert sich Conchita Blanco. „Das Bauen mit Massivholz erfordert ein umfassendes Verständnis seiner Stärken und Grenzen, und oft war es das Material selbst, das das Design bestimmte, nicht umgekehrt.“

wuchtiger Esstisch mit zwei Sitzbänken dahinter Küchenzeile

Die Tischbeine sind durch traditionelle Schwalbenschwanzverbindungen mit der Tischplatte verbunden.

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Balinesische Bautradition

Die Konstruktion des Hauses, für das wieder aufbereitetes Tropenholz verwendet wurde, entspricht der traditionellen balinesischen Bauweise: Das Dach ruht auf frei stehenden Pfeilern (das heißt, es liegt nicht auf den Wänden auf), dadurch entsteht zwischen dem Dach und den Zimmerdecken ein Raum, in dem sich die Wärme sammelt, sodass die darunter liegenden Räume kühler bleiben. Zudem ist das Haus um einen Innenhof angeordnet, was die Luftzirkulation fördert.

Der Boden ruht auf einer Pfahlkonstruktion. Das reduziert die Überschwemmungsgefahr und sorgt dafür, dass Luft, Wasserläufe, Pflanzen und Tiere unter dem Haus frei zirkulieren bzw. sich dort frei bewegen können. Auf diese Weise ist der Eingriff ins Gelände auf ein Minimum begrenzt.

Sitzecke mit unregelmäßigem Holzbalken als Couchtisch

Jeder Riss und jede unregelmäßige Kante wurde respektiert und als Erinnerung an den lebendigen Charakter des Holzes erhalten.

Iker Zuñiga
schlichtes Schlafzimmer Teakholz zwei große Fensteröffnungen nach draußen

Das gesamte Haus ist aus wiederverwertetem Massivholz gebaut: Eisenholz für die Außenwände und Teakholz für den Innenbereich. Dieser Kontrast schafft einen subtilen Dialog zwischen Innen und Außen: Der warme Farbton des Teak verleiht dem Haus einen goldenen Schimmer, besonders wenn man es von außen betrachtet.

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Japanisches Flair im Inneren

Das Innere des Hauses ist von der schlichten Schönheit eines Ryokan (ein traditionelles japanisches Gästehaus) inspiriert und spiegelt auf diese Weise das Faible der Familie für die Prinzipien des Zen und für minimalistisches Design wider. Die Räume sind ganz bewusst nicht überladen, sodass die Architektur und die Landschaft im Mittelpunkt stehen. Möbelstücke wie beispielsweise der speziell angefertigte Esstisch werden wie Skulpturen behandelt.

Blick vom Schlafzimmer ins Badezimmer indigoblaue Akzente

Blick zum Badezimmer von einem der Schlafzimmer aus.

Iker Zuñiga

„Die Einbindung des Hauses in die Natur wird durch die Verwendung ehrlicher Materialien noch verstärkt“, erklärt die Architektin. „Für Arbeitsplatten und Oberflächen wurde Flussstein verwendet, aus Baumstämmen wurden Duschen gefertigt, die großen Badewannen aus Naturstein laden zum Verweilen ein, und bei den Treppenstufen wurde Holz mit perfekt geschnittenem Stein kombiniert.“

Blick vom Bad auf Dachkonstruktion mit freiliegendem Eisen

„Im Gegensatz zum prächtigen Holz ist die Dachkonstruktion aus freiliegendem Eisen gefertigt. Dies steht für Innovation und ist eine leichte Anspielung auf zeitgenössische Materialien“, so Blanco. „Ich habe mich dafür entschieden, alles roh und unbehandelt zu belassen, damit sich die Materialien im Laufe der Zeit auf natürliche Weise verändern.“

Iker Zuñiga

Alles wandelt sich – auch das Material

Diese Maßnahmen waren natürlich nicht zufällig, sondern entsprechen dem organischen Charakter eines Hauses, das aus der Natur entstanden ist und wie diese den Wandel begrüßt: „Materialehrlichkeit war während des gesamten Projekts ein Leitmotiv. Ich habe mich für Holz, Stein und Metall entschieden – Materialien, die in Würde altern. Jede Oberfläche wurde bewusst ausgewählt, und ihre Patina gehört zu dem sich stetig verändernden Leben des Hauses dazu und wird als solche begrüßt“, sagt Blanco.

Blick vom Badezimmer in ein Schlafzimmer

Das Haus hat eine Gesamtfläche von 410 Quadratmetern.

Iker Zuñiga

„Mood Indigo“

Im gesamten Haus ist die Materialpalette betont neutral und schlicht gehalten: Nichts wurde angestrichen oder lackiert oder soll etwas sein, was es nicht ist. Wer das Haus betritt, stößt allerdings schnell auf einen Raum, der diesem Prinzip zuwiderläuft: „Wir haben uns ein Element der Überraschung erlaubt: das indigoblaue Zimmer. In diesem Raum wurde das gesamte Holz vom Eigentümer per Hand mit natürlichem Indigo gefärbt, während die Decke mit handgeschöpftem japanischem Papier überzogen ist, das vor Ort aus Bananenfasern hergestellt und ebenfalls mit Indigo gefärbt wurde. Das intensive Pigment macht aus diesem Raum einen Ort, der ganz viel Tiefe hat und jeden, der ihn betritt, liebevoll einhüllt“, erklärt die Architektin.

Indigozimmer Indigoblau gefärbte Holzwände hängendes indigoblaues Tuch

Das indigoblaue Zimmer

Iker Zuñiga

Ein Haus aus der Natur in der Natur

Entstanden ist ein Zuhause, das Ruhe, Sinnlichkeit, Eleganz und Lebendigkeit ausstrahlt. Blanco bringt es folgendermaßen auf den Punkt: „Das Haus hat eine ruhige und kontemplative Atmosphäre, reich an stillen Momenten, die sich im Laufe des Tages offenbaren. Da die wesentlichen Gemeinschaftsräume zum Freien hin offen sind, kann man die Vögel singen hören und spürt die Brise, die durch die Bäume und die umliegenden Reisfelder streicht. Hier herrscht tiefer Frieden. Und da ausschließlich natürliche Materialien verwendet wurden, ist das Haus nicht bloß von der Natur umgeben, sondern fühlt sich wie eine Fortsetzung der Natur an.“

Blick von außen in eines der Schlafzimmer

Bei „Kubu Taru“ ist die Verbindung zwischen Innen und Außen perfekt gelungen.

Iker Zuñiga

Zuerst erschienen bei AD Spanien.