Umbau in Brandenburg: Ein ehemaliger Dorfladen am Neuruppiner See wird zum großzügigen Bungalow

Ein unkonventionelles Wohnhaus in Brandenburg lässt mit viel Glas die Grenze zwischen Innen und Außen verschwimmen.
Das einfache Wohnen im umgebauten Lebensmittelladen Matratzen am Boden.
Das einfache Wohnen im umgebauten Lebensmittelladen: Matratzen am Boden.Thomas Meyer/OSTKREUZ

Umbau in Brandenburg: So wurde ein Dorfladen am Neuruppiner See zum um großzügigen Bungalow auf dem Land.

Idylle kann so einfach sein: weite, fließende Räume und ungestörter Blick ins Grün. Der umgebaute „Konsum“-Laden in Karwe, einem winzigen Ort am Neuruppiner See, verströmt soviel Leichtigkeit, dass er fast abzuheben scheint. Zur DDR-Zeit war der einzige Flachdachbau im Ort der Dorfladen, danach stand er ein Vierteljahrhundert leer, bis ihn die Berliner Architekten Johanna Meyer-Grohbrügge und Sebastian Behmann 2017 erwarben und völlig umkrempelten. Auferstanden aus Ruinen erfanden sie ihn als „Architekturprojekt“ neu. Das Haus wuchs langsam und nahm immer dann etwas mehr Gestalt an, wenn es andere Auftraggeberinnen zuließen. Für den einstigen Dorfladen fanden die Architekten einen besonderen Dreh: Der quadratische Bau wurde mit einem weiteren, gläsernen Quadrat überlagert, das sie 45 Grad verschoben. Es entstanden drei zusätzliche, dreieckige Räume, die als Wintergärten dienen. Oder vielmehr als thermische wie optische Pufferzonen das Haus erweitern und mit der Umgebung verzahnen. Im letzten Sommer bestand die Konstruktion den Härtetest. Das Haus blieb erstaunlich kühl. Ein modernes Sommerhaus eben.

Umgebauter DDRquotKonsumquot Haus am Neurupiner See.

Umgebauter DDR-"Konsum": Haus am Neurupiner See.

Thomas Meyer/OSTKREUZ

Im Sommer bleibt das Gebäude kühl

Mitten in Brandenburg entstand ein Bungalow des 21. Jahrhunderts: minimalistisch und maximal zugleich, ambitioniert und augenzwinkernd. So wirkt das rund 400 Quadratmeter große „Architekturprojekt“ auch nach einigen Jahren noch so, als wäre es im steten Fluss. Das liegt womöglich auch daran, dass die Bauherren das wenige Mobiliar so aufstellten, als hätten es gute Winde hierher geweht. Eine Matratze fläzt am Boden, an der Wand gerade mal ein Waschbecken samt Spiegel. Der große Tisch in der offenen Küche wirkt einladend wie eine ausgestreckte Hand. „Das schönste Zimmer: nichts als ein Bett, der Tisch am Fester, ein Kleiderschrank“, schwärmte Schriftsteller Thomas Espedal in seiner Biographie über das ideale Wohnen. Das klingt fast, als hätte er selbst in Karwe gelebt. Das Haus verwischt jedenfalls die „Grenzen zwischen öffentlichem und privatem Raum“. Meyer-Grohbrügge spekuliert, ob hier nicht doch mal wieder ein kleiner Laden einziehen könnte. Die Nachbarn jedenfalls seien ziemlich angetan von dem Umbau an einer der markantesten Ecken des Dorfes.

Das einfache Wohnen Matratzen am Boden.

Das einfache Wohnen: Matratzen am Boden.

Thomas Meyer/OSTKREUZ
Viel Glas zeigt der umgebaute DDRKonsumLaden.

Das Haus öffnet sich mit seinen großen Glasflächen zum Grün.

Thomas Meyer/OSTKREUZ

Umbau in Brandenburg: der Bungalow propagiert das einfache Leben mit wenig Möbeln

Ein Gang durch das Haus öffnet viele Aus- und Einblicke: Auf das, was wirklich wichtig ist auf dem Land – Platz für Familie und Freunde – und auf das, was worauf viele verzichten könnten: Mobiliar, das uns den Atem raubt. Wer alte Bauernhäuser besucht, findet kaum Möbel. Vor gerade mal 100 Jahren zählte ein Haushalt vielleicht 200 Dinge. Inzwischen sind es 50-mal so viel: rund 10.000 Gegenstände. So gesehen, wirkt das durch und durch moderne Haus verblüffend traditionell. Das Leben kann recht einfach sein, wenn die Sonne scheint und der See nicht weit weg ist.

Einer von drei dreieckigen Erweiterungen des alten Lebensmittelladens.

Einer von drei dreieckigen Erweiterungen des alten Lebensmittelladens.

Thomas Meyer/OSTKREUZ

Meyer-Grohbrügge war fünf Jahre lang Mitarbeiterin bei SANAA in Tokyo und vervollkommnete dort die Kunst, mit minimalinvasiven Eingriffen viel zu bewirken. Das marode Häuschen hielt dann doch noch eine „böse Überraschung“ bereit. Beim Abbruch der Dachbalken zerlegte es einige Mauern, die dann als „unfreiwillige Rekonstruktion“ aus Blähtonsteinen wieder aufgebaut werden mussten. Dafür hat auch das einzige Flachdach des Dorfes eine veränderte Bedeutung erhalten: Weil der Neuruppiner leider nur vom Dach aus in den Blick kommt, erstand es als begehbarer Garten neu. Dort kann Natur pur konsumiert werden.