Ein Sommerhaus auf den Äolischen Inseln machte das Studio Una/Unless zum minimalistischen Rückzugsort in einer atemberaubenden Vulkan-Landschaft.
Eine Architektur, die die Leichtigkeit eines friedlichen Rückzugsorts und die Kraft der äolischen Identität in sich vereint: Dieses Haus auf Filicudi ist als Ort der Meditation konzipiert, der auf das Essenzielle reduziert ist – aber auf kreative Weise – und zwischen Innen und Außen nicht trennt. „Hier existierte bereits ein Bauwerk mit der gleichen Grundfläche, aber ohne Seele und Poesie. Es stand nicht in Dialog mit der Umgebung und hatte keinen Bezug zur Typologie der lokalen Häuser“, sagt Giulia Foscari, die Gründerin der gemeinnützigen Agentur Una/Unless. Die Projekte der in Venedig ansässigen Organisation reichen von Design bis Architektur, von Forschung bis Aktivismus. Vor Kurzem hat sie die Leuchte „Criosfera“ für Artemide und das multifunktionale Möbelstück „Ottagono“ mit Cassina in Zusammenarbeit mit Technogym lanciert, aber auch „Voice of Commons“, ein Sonderprojekt der Architekturbiennale Venedig. Aber zurück zu diesem Haus auf Filicudi: Um es umzugestalten, hat das Team von Una/Unless die Architektur überdacht, um ein Kontinuum zwischen Innen und Außen – einen „flüssigen Raum“, wie die Designerin es nennt – zu schaffen und die Räume zu erweitern, ohne das Volumen zu verändern.
Architektur mit Weitblick
Das Haus trägt den Namen „Ca’ Paradisola“, ein Spiel mit den Wörtern isola (Insel) und paradiso (Paradies). Es steht an einem Hang vor dem Capo Graziano, einem paläolithischen Vorgebirge mit Terrassen, das unter Naturschutz steht. Das Anwesen überblickt das Meer und den Berg, und man hat das Glück, von diesem privilegierten Punkt aus alle anderen Äolischen Inseln zu sehen: Stromboli, Panarea, Salina, Lipari und Vulcano auf der einen Seite, Alicudi auf der anderen.
Der Grundriss des Sommerhauses erinnert an den Bug eines Schiffes, das Kurs auf Sizilien zu nehmen scheint. Keine Schwellen, identische Materialien für innen und außen, das Meer am Horizont und die umarmende Natur – die Architektin stellte sich die Struktur als ein „Volumen der Kontemplation“ vor. Das Ferienhaus setzt sich aus zwei Bauteilen zusammen: In der Hauptstruktur befindet sich nur ein Wohnzimmer, mit einem gemauerten, mit weichen Leinenkissen bedeckten Sitzplatz und einem Kamin, der ideal ist, um die Wohnung auch in den kalten Monaten zu nutzen. Auch er hat sein eigenes „Kissen“: „Wir haben dort eine Platte aus Travertin platziert, die von einem unglaublichen Handwerker aus Lipari von Hand in Form gebracht wurde“, erzählt Foscari. Dieser Raum, an dem alle zusammenkommen, wirkt trotz seiner Größe intim und meditativ.
Das zweite Volumen beherbergt die Funktionsbereiche, wie die Küche von Officine Gullo, sowie vier Schlafzimmer und ein Zwischengeschoss. Einige kleine Bullaugen sind in die Außenwände eingelassen, um den Innenraum auf natürliche Weise zu belüften und zu beobachten, wie der Wind weht und sich dreht. Das Ambiente ist elegant spartanisch, die Atmosphäre fast „klösterlich“, wie es die Designerin nennt. Durch zwei Durchgangsbögen begrenzt, trennt eine Art calle – eine schmale Gasse, wie man sie aus Venedig kennt – die beiden Gebäude.
Minimalismus und Monochromie
Das gesamte bauliche Ensemble ist weitgehend monochrom gehalten, überall herrschen Weiß- und helle Beigetöne mit einer zarten Rosa-Note vor. „Wir wollten so ruhig wie möglich sein und ein Kontinuum zwischen Innen und Außen schaffen“, erklärt Foscari. „Ich habe dafür die Häuser auf den Äolischen Inseln studiert, vor allem in Alicudi, wo es viele verlassene Anwesen gibt, die ihre ursprünglichen Merkmale bewahrt haben.“ Sowohl im Inneren als auch auf den drei Terrassen wurde heller Kalkputz nach einer früher auf Filicudi verbreiteten Technik aufgetragen. Für die Böden verwendete die Architektin Magnesit, ein neutrales Steinpulver, das Innen und Außen gemäß ihrem Konzept des „flüssigen Raums“ fließend ineinander übergehen lässt. Keine Schwelle, nur eine abgestufte Öffnung zum Horizont hin und im Hintergrund Sizilien.
Im zweiten Gebäude wurden Deckenbalken eingefügt und Nischen ausgehöhlt, eine für die Region typische Gestaltungsweise: Die Nischen dienten einst als Ablagen für Kleidung, heute beherbergen sie Kunsthandwerk, wie zwei kleine Esel-Plastiken, die von einem auf der Insel ansässigen Töpfer angefertigt wurden; Esel und auch Maultiere sind in Filicudi generell ein häufiger Anblick. So wie Ciccio, der während des Fotoshoots zu diesem Beitrag neugierig das Projekt in Augenschein nahm – und prompt porträtiert wurde. Nicht nur die traditionell wirkenden Nischen sind erst während des Umbaus hinzugekommen, sondern auch Elemente der indirekten Beleuchtung: Sie wurden sowohl im Innern, meist über den Türen, als auch auf den Terrassen, fast auf dem Boden, an der Horizontlinie, eingesetzt. Die sparsame, puristische Einrichtung des Sommerhauses umfasst hauptsächlich handwerklich gefertigte und Vintage-Möbel; Design-Akzente setzen Spiegel von Sabine Marcelis und Leuchten von Gino Sarfatti oder Alvar Aalto.
Drei Terrassen für Tag und Nacht
Der Gebäudekomplex ist von einem weitläufigen, terrassenförmig angelegten Garten umgeben – „noch unkultiviert“, wie die Designerin erklärt – und verfügt über drei Terrassen: eine in Richtung Sizilien, eine in Richtung Alicudi, die letzte in Richtung Stromboli und seiner Nachbarinseln. Zwei der Terrassen werden von altmodischen Pergolen mit Schilfrohr beschattet, auf der dritten wächst stattdessen eine riesige Bougainvillea. Eine der Terrassen beeindruckt mit einer wellenförmigen Einfassung, die Platz für Agaven, Palmfarne und Kakteen bietet. Sie hebt sich weiß und geschwungen von der Landschaft ab, erklärtermaßen als Hommage an das brasilianische Landschaftsgenie Roberto Burle Marx. Eine weitere Hommage geht an Oscar Niemeyer, dessen Werk Giulia Foscari in den Jahren zu schätzen lernte, als sie in Südamerika lebte, wo sie für OMA/AMO tätig war: Auf einer Terrasse wurde eine gemauerte Chaiselongue geschaffen, eher Mikroarchitektur als Möbelstück, die ergonomisch der Wölbung des menschlichen Körpers folgt und auf die Landschaft blickt. Von hier aus genießt man das Grün und Blau des Tages sowie die Sterne in der Nacht. Es gibt keine Straßen in der Nähe, keinen Lärm und keine Lichtverschmutzung. Der Geräuschpegel steigt nur, wenn beim gemeinsamen Pizzabacken geplappert wird, im gemauerten Außenofen, der aus einem alten Haus auf Alicudi stammt. Und dann ist da, ganz am Ende des Gartens, noch ein weiteres Häuschen: „Wir nennen es den ,Würfel‘“, sagt Foscari. Das kleine Volumen dient als Gästequartier und besitzt ein Flachdach mit antiken Ziegeln und eine weitere Terrasse mit Grillplatz. Um möglichst wenig Aufwand zu treiben, wurde wiederverwertetes Holz aus der Gegend für den Bau verwendet.
Ein Haus, das sich in die Landschaft schmiegt
Das Studio Una/Unless hat dieses Haus in Filicudi nicht nur neu gestaltet, sondern auch den Dialog mit der Umgebung auf die Spitze getrieben, sei es die vulkanische Natur der Insel oder die von Menschen gestalteten Eingriffe in die Landschaft, die zu so etwas wie einer zweiten Natur geworden sind. „Wichtig ist, wie man sich dem Gebiet nähert“, sagt Foscari. Vom Meer aus gesehen fallen die typischen Trockensteinmauern ins Auge, die Terrassen bilden und die Topografie von Filicudi umreißen. Auch die Ca’ Paradisola reiht sich aus der Ferne gesehen ein, sie wirkt wie ein Teil der Landschaft. Dieses Sommerhaus auf Filicudi hält sich trotz seiner Größe visuell zurück, es ist „ein Raum der Kontemplation, eingebettet in die Natur von Filicudi und mit Blick auf das Meer“, wie es Giulia Foscari beschreibt.
Zuerst erschienen bei AD Italia.

















