Dachgeschoss ohne Schrägen? Diese Wohnung im Midcentury-Stil und mit Blick auf die Frankfurter Skyline macht es vor

Im Frankfurter Westend haben der Stylepark-Gründer Robert Volhard und seine Frau Patricia einen Gründerzeitbau gründlich durchgelüftet. Jetzt weht hier eine Brise kalifornischer Leichtigkeit – nicht zuletzt dank des Münchner Designstudios Holzrausch, das den Räumen bei aller Lässigkeit eine präzise gesetzte Ordnung gab.
Midcentury Küche Frankfurt
Salva López

Frankfurt: So wohnen Robert und Patricia Volhard zwischen Gründerzeit und Frankfurter Skyline.

Ein wenig seltsam ist es schon: Eben noch stand man vor einem ehrwürdigen Gründerzeithaus im Frankfurter Westend, das seine Nachbarn mit beiläufiger Gravitas überragt. Und jetzt, eine Aufzugfahrt und drei Etagen später, umfängt den Besucher eine fast kalifornische Leichtigkeit: ein langer, holzgetäfelter Raum, der in einer breiten Glasfront endet, durch die das Grün der Bäume wie ein atmender Vorhang ins Innere drängt. Als hätte jemand die Gründerzeit einmal kräftig durchgelüftet und die Wände gleich mit hinausbefördert. „Früher haben wir eine Etage tiefer gewohnt“, sagt Robert Volhard. „Flügeltüren, Stuck, Eichenparkett, das ganze Programm.“

Das Treppenhaus mit holzverkleideten Wänden und blauem Teppich

Der Aufgang zur Wohnung mit blau gefleckter Auslegeware von Ege Carpets.

Salva López

Seit 18 Jahren lebt er mit seiner Frau Patricia in dem Haus, das seine Eltern in den Siebzigerjahren erwarben. Die Anwältin ist Partnerin einer internationalen Wirtschaftskanzlei und pendelt zwischen Frankfurt, Paris und London. Er selbst hat Architektur an der ETH studiert, sich aber schnell von der Praxis verabschiedet: Vor 25 Jahren gründete der Frankfurter Stylepark, eine Onlineplattform für Architektur- und Designprodukte, während man sich in Architekturbüros noch durch dicke Kataloge blätterte.

Mutiger Stilbruch: Das war der Masterplan

Als sich abzeichnete, dass die Kinder aufs Internat gehen und bald ganz aus dem Haus sind, und das Dach dringend gemacht werden musste, entschied sich das Paar gegen eine banale Sanierung und für einen architektonischen Befreiungsschlag. „Im Alter wollten wir uns einen Dachgarten gönnen, mitten in der Stadt.“ Dabei gab es nur ein Problem: Robert Volhard mag keine Dachschrägen, das Leben in einem Dachgeschoss schien ihm zuwider. Auf der Feier einer Freundin lernten sie den Architekten Peter Begon kennen. „Er erzählte mir von seinen Plänen“, sagt Begon. „Es gab schon einen Entwurf, aber die baurechtlichen Hürden schienen unüberwindbar.“ Zum Glück versteht sich Begons Frankfurter Büro B.A.S. Archi­tekten nicht nur auf die Sanierung gründerzeitlicher Bausubstanz, sondern auch auf die Erfüllung der Sehnsüchte moderner Großstädter. „Im 19. Jahrhundert hatten die Gebäude eher repräsentativen Charakter, und das Verhältnis von öffentlich und privat war klar abgestuft“, sagt Begon. „Heute verlangen viele nach Offenheit, nach Licht und Leich­tigkeit.“ Die Architekten ersetzten das alte, spitzwinklige Mansardgeschoss durch eine neue, fast wandgerade Konstruktion, die sie rückseitig zur Stadt hin öffneten. Sogar die Winkel des ungenutzten Spitzbodens darüber entschärften sie, daneben entstand eine grüne Dachlandschaft. Auch beim Grundriss plädierten die Architekten für Großzügigkeit. „Ich protestierte, weil wir Wandflächen brauchten, um Bilder zu hängen“, erinnert sich Robert Volhard. Bis Peter Begon ihn trocken fragte, ob er lieber in einer Wohnung oder in einem Museum leben wolle.

Wer hier reinkommt, steht aber erst mal mitten in der Küche vor einem wuchtigen Edelstahlblock. „Manche finden das irritierend“, sagt Volhard und zuckt kaum merklich mit den Schultern. „Aber ich koche eben gern.“ Effizienz und Ästhetik, sagt der designaffine Koch, seien für ihn keine Gegensätze. Schon in der Planungsphase ließ der Bauherr keinen Zweifel daran, dass er es ernst meinte. „Robert hat uns im Vorfeld eine detaillierte Liste geschickt, die von der Kücheneinteilung bis zu den Maßen der Bücher in der Bibliothek reichte“, erzählt Sven Petzold vom Münchner Interiordesign-Studio Holzrausch. „Ich dachte: Entweder wird das unfassbar anstrengend. Oder es läuft wie von selbst.“

Der erste Blick in das MidcenturyZuhause

Wer die Wohnung von Robert und Patricia Volhard betritt, könnte glauben, der Aufzug sei versehentlich falsch abgebogen: Hinter der Tür wartet kein Stil-Altbau, sondern ein Midcentury-Traum aus Edelstahl und Kambala-Holz. Ganz vorn: ein Paul-Kelley-Stuhl im Rampenlicht.

Salva López

Es lief wie von selbst – auch wenn Petzold den Bauherren erst davon überzeugen musste, seine Batterie an Öfen hinter Holzfronten verschwinden zu lassen, damit die Fläche nicht zu sehr zerfranst. Die Münchner, die für ihre kompromisslose Detailversessenheit bekannt sind, entwarfen das gesamte Interieur, Lichtführung inklusive. „Man spürt bei Holzrausch, dass sie nicht nur planen, sondern wissen, wie es am Ende gebaut wird“, sagt Volhard. Für ihn war es ohnehin eine Frage der Ehre: „Ich wollte seit Jahren eine Holzrausch-Küche. Am Ende wurde es dann ein bisschen mehr – nämlich die gesamte Wohnung.“

Die bewusste Wahl der Materialien

Und auch das Designstudio fand in Volhard einen dankbaren Bauherren, der nicht nur ästhetisch versiert ist, sondern auch dem Reiz des Vergänglichen etwas abgewinnen kann: „Robert ist wirklich experimentierfreudig“, sagt Petzold. „Er war bereit, Materialien zu mischen. Und er hat keine Angst vor Patina.“ Die nämlich wäre begründet: Je nach Sonneneinstrahlung wird die Täfelung der Wände unterschiedlich schnell abdunkeln. Die Wahl fiel auf das zertifizierte Tropenholz Kambala, weil der Flader europäischer Furniere schnell etwas Strenges anhafte, wie Petzold sagt. „Kambala lässt mehr Spielraum, das Holzbild wirkt freier und großzügiger, ruhiger.“

In der Holzwand hinter dem Tresen versteckt sich auch eine fast geheimnisvolle Skulptur: eine Treppe aus Rabitz, die sich wie ein Gussrelief nach oben windet und dem Nebenraum etwas Bühnenhaftes verleiht. Volhard hatte ein ähnliches Stück einst in der Frankfurter Jil- Sander-Boutique entdeckt – und es hier, fast wie ein Zitat, wieder aufleben lassen. Oben angekommen, öffnet sich ein kleines Denkzimmer mit Schreibtisch und Blick ins Grüne: ein privater Kosmos und so abgeschottet, dass es sich fast wie Urlaub anfühlt. Tatsächlich weht draußen unter der Pergola ein Hauch von Toskana – und mit etwas Augen­ zukneifen lassen sich in der Skyline sogar Zypressen erahnen. „Eigentlich sind wir ja nur ein Stockwerk nach oben gezogen“, sagt Robert Volhard. „Und doch in ein völlig anderes Leben.“

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Der offene Küchen Wohn und Essbereich

Aus dem Mansardgeschoss ist ein einziger, fließender Raum geworden: Küche, Wohn- und Essbereich reihen sich wie selbstverständlich aneinander und führen in den Dachgarten.

Salva López
Das Zimmer der Tochter mit einem Paul KelleyAluminiumstuhl

Für ihre Zimmer durfte sich jeder der Zwillinge ein paar Designerstücke aus dem Fundus der Eltern aussuchen – die Tochter entschied sich unter anderem für einen Aluminiumstuhl von Paul Kelley. Darüber hängt ein Selbstbildnis der Großmutter mit ihr als Baby.

Salva López
Das Homeoffice mit direktem Blick auf die begrünte Dachterrasse

Welcher Stuhl eignet sich für stringentes Arbeiten mit Blick auf die Dachterrasse besser als der „Razionalista Soft“ (über Stephanie Thatenhorst) von Dimoremilano?

Salva López

Die Dachterrasse mit Blick auf die Frankfurter Skyline

Mit Skylineblick: Am Paola-Lenti-Tisch auf der Dachterrasse empfängt das
Paar gern Freunde. „Manche tun die Konstantin-Grcic-Stühle als unbequem ab“, sagt der Hausherr, „doch selbst meine Schwiegermutter sitzt gern darin.“


Salva López