Renovierungs- und Umbau-Rückblick: Die schönsten Transformationen von AD100-Designer:innen.
Man merkt es deutlich – ein Umdenken findet in den Köpfen von Haus- und Wohnungseigentümer:innen als auch Architekt:innen und Designer:innen statt. Kreative und Homeowner setzen nicht mehr vorrangig auf Neubauten. Ganz im Gegenteil. Einerseits schont das Nutzen von Bestand die Umwelt und wichtige Ressourcen, andererseits verlangt das Aufbauen, Modernisieren und Erweitern sehr viel Tüftelei und Kreativität und ist eine schöne, abwechslungsreiche Herausforderung. Darüber hinaus ist es doch die Geschichte eines Zuhauses, die berührt und lohnt, erhalten zu werden – und in die sich nicht zuletzt die Wohnenden verlieben. Ganz allgemein schätzen wir Design aus der Vergangenheit so sehr, wie nie zuvor. Die Achtung und Anerkennung erreicht auch alte Gebäude, Wohnungen und Appartements, ganz gleich ihrer Größe. Viele der AD100-Designer:innen haben Projekte betreut, die einige als auch sehr viele Jahre alt sind.
Renovierung und Umbau: Das sind die schönsten Transformationen von AD100-Kreativen
Wie die Häuser und Appartements in die Jetztzeit geholt wurden, welche cleveren Kniffe AD100-Designer:innen dabei anwandten und warum es sich so lohnt, Bestand zu würdigen, lesen Sie hier.
Im Schmiedehof im Berliner Viktoria Quartier beschlug man früher Pferde der Schultheiss-Brauerei mit neuen Hufeisen. Hier hat sich seitdem einiges getan. Heute wohnen dort Familien mit Kindern und Paare, die dem Trubel der Innenstadt zumindest ein wenig entkommen wollen. Genau hier sollte AD100-Architekt Christopher Sitzler zwei Wohnungen zu einer zusammenlegen und einem gewachsenen Familienleben angleichen. Doch einige Relikte der Vergangenheiten sollten bleiben: „Gerade historische Bauelemente“, sagt er, „sind es, die Atmosphäre schaffen.“ So öffnete Sitzler die Wand im Obergeschoss, um zwei getrennte Einheiten zu einem Familiennest zusammenzuführen und legte eine kieferngrüne Stahlstütze aus dem Bestand frei – auf dieser Farbe stützt sich auch das Farbkonzept. Auch Bestandselemente können für Inspiration sorgen!
Manchmal muss man erst einmal tiefer graben, um die Historie eines Hauses oder Appartements in all ihren Details zu erfahren und zu verstehen – und dann in den richtigen Kontext setzen. AD100-Designer Joris Poggioli gelang der Dialog zwischen Vergangenheit und Moderne. Er lebte in einem Seitenflügel eines Gebäudes, in dessen Zentrum einst Napoleons Büro war. Dabei befreite er zunächst die architektonische Pracht der napoleonischen Ära von späteren Ergänzungen. Im nächsten Schritt überlegte er, wie sie mit modernen Stilelementen am besten interagieren würde. Die grandiose Dimensionierung der Räume und großen Fenster verbinden sich heute mit Edelstahl-, Leder- und Marmor-Möbeln.
Wie holt man einen prächtigen Barock-Palast in die Moderne? Das weiß AD100-Interiordesigner und Architekten Vincenzo de Cotiis, der einen Palazzo am Canal Grande in Venedig renovierte. Dabei galt die venezianische Stadt selbst als größte Inspirationsquelle. „Wenn man hier ist, glaubt man zu verstehen, was im 15. Jahrhundert los gewesen ist“, sagt Claudia Rose De Cotiis hinzu, die Ehefrau des Kreativen. Man weiß nichts Genaueres, sondern nur, dass der Palazzo im 15. Jahrhundert von der Familie Miani erbaut wurde und 1630 nach den Plänen des venezianischen Architekten Baldassare Longhena umgebaut wurde. So zeugt der Bau auch heute noch von einer klassizistischen Fassade, Steingirlanden und Spitzbogenfenster. De Cotiis restaurierte die Etagen des Gebäudes nach und nach – und richtete es mit zeitgenössischen Schätzen ein, von Anne Imhof, Rick Owens und eignen Designs.
Was insbesondere Farben bewirken können, zeigt AD100-Interiordesigner Gisbert Pöppler. Ganz allgemein lässt sich sagen, dass ein neuer Anstrich meistens zu neuem Glanz verhilft. Doch zu Anfangs haben die meisten ein wenig Angst – also vor der Farbe. Denn schließlich soll das Zuhause immer noch zeitlos sein. Eine behutsame Renovierung gelang Pöppler und seinem Team in dieser Villa jedoch besonders gut, und das mitunter durch den Einsatz von ausgewählten Tönen. Rot, Gelb und Hellblau transportieren das Jugendstil-Gebäude mit denkmalgeschützter Fassade ins Jetzt.
Ein Projekt, das anders war, als alles, was AD100-Duo namens Studio Paradowski bisher designte und einrichtete: Die Kunden hatten statt Moodboards und Pinterest-Bildern viele Erinnerungen und Anekdoten zu dem Haus mit 450 Quadratmetern in Polen mitgebracht. Auch lokale Bezüge und Handwerkskunst waren den Kunden wichtig. Also setzten Zuza und Piotr von Studio Paradowski auf ebendiese Dinge. Weil das Anwesen den Eigentümer:innen eigentlich zu groß war, wurde das ehemalige Dachgeschoss teils abgeschafft, um die Höhe der dritten Etage zu erweitern. In der Mitte thront nun ein skulpturales Treppenhaus, das sich kunstvoll nach oben erstreckt. Ziricote-Furnier, elegante Stoffe von Dedar und Holz-Jalousien spielen eine Rolle.
„Mailand kann frustrierend sein, wenn du keine gute Bleibe hast“, sagt Felizia Berchtold, die 2023 gemeinsam mit Oskar Kohnen AD100-Studio Tutto Bene gründete. Beide Interiordesigner sind in Deutschland geboren, doch leben und arbeiten in London. Auch in Mailand haben sie Freunde und Aufträge – genau deshalb wandelten sie einen ehemaligen Konferenzraum einer einflussreichen, italienischen Familie in ein elegantes Pied-à-terre. Dabei verbanden sie historische Referenzen mit modernem Minimalismus.
Seit einigen Jahren hat AD100-Interiordesignerin Nora Witzigmann eine eigene Wohnung in Venedig. Viele sagen, die Stadt sei im Winter besonders sein – doch festlegen würde sich die Kreative darauf nicht. Anfangs war das alte Apartment im Nordosten der Stadt, das die Interiordesignerin aufwendig renovierte, nur als Wochenendresidenz gedacht. Doch mittlerweile ist die Wohnung zu ihrem zweiten Zuhause geworden. Das mag auch daran liegen, dass die früher dunklen Räume nun von Licht durchflutet werden. Und am Grundriss, den sie gemeinsam mit den befreundeten Architekt:innen Alvise & Lucia Marzollo vom Büro dd2800a neu anordnete und Wände entfernte.
