Überraschende Renovierungen in Berlin: 7 inspirierende Beispiele.
Berlin ist immer für eine Überraschung gut: In der Hauptstadt weiß man nie, welche ungenutzte Fläche über Nacht zum neuen, hippen Ort der Stadt deklariert wird oder in welchem Underground-Club plötzlich Weltstars aufschlagen. Berliner:innen leben gerne nach dem Motto „Mehr ist mehr“ und so ist es wenig überraschend, dass sie auch aus ihren Wohnungen immer das Meiste herausholen wollen. Beim Renovieren treffen die Berliner Hausherren und -damen daher nicht selten überraschende Entscheidungen für die ganz große Wirkung: Zum Beispiel, indem sie einen verstaubten Dachboden in ein vollwertiges Zuhause verwandeln, mehrere Wohnungen zu einer fusionieren oder dank ausgeklügeltem Anbau aus einem kleinen Ferienhaus ein Familienheim schaffen.
7 überraschende Renovierungen in Berlin
Dafür arbeiten die Bewohner:innen gerne mit Architekt:innen zusammen, die für radikale Veränderungen bekannt sind. Diese gestalten die Wohnungen entweder von Grund auf neu oder verleihen ihnen durch entscheidende Details ein völlig neues Raumgefühl. AD war zu Besuch in 7 kürzlich renovierten Wohnungen und stellt ihnen diese vor.
Bei diesem Umbau verwandelte Architekt Christopher Sitzler zwei Wohneinheiten in einer alten Brauereischmiede in eine Maisonette-Wohnung. Unweit des Tempelhofer Felds befindet sich der Schmiedehof im Berliner Viktoria Quartier. Janine David und ihr Mann Peter David-Pantlen kauften 2012 erst eine Wohnung in dem Gebäude, nur ein Jahr später und damit pünktlich zum Familiennachwuchs konnte das Paar auch die benachbarte Wohnung erwerben. Erst einige Jahre später entschieden sich die Rechtsanwältin und der plastische Chirurg schließlich für einen aufwendigeren Umbau und engagierten dafür Christopher Sitzler. Wo einst die Pferde der Schultheiss-Brauerei mit Hufeisen versorgt wurden, schaffte Sitzler eine mehrgeschossige Wohnung entsprechend den Bedürfnissen einer vierköpfigen Familie. Hinter der Backsteinfassade befindet sich heute eine großzügige Splitlevelwohnung mit Galerie. Dafür verschmolz Christopher Sitzler die beiden Einheiten mit fugenlosem Gussboden und Treppen ohne Sockelleisten miteinander. Neue Oberlichter schaffen Helligkeit, eigenwillige Farben geben der Wohnung das gewisse Etwas. Zu letzteren riet Sitzler ebenso wie zu den größeren Veränderungen.
Kasia Kronberger von Studio Bosko hat eine Altbauwohnung in Neukölln für einen amerikanischen Junggesellen renoviert. Auf 95 Quadratmetern hat die Innenarchitektin mit ihrem Team Art-déco-Möbel, italienischen Modernismus und bunte Fliesen im Jugendstil miteinander kombiniert. Passend, denn das Gebäude, in dem sich die Wohnung befindet, stammt eben aus der Zeit des Jugendstils. Zunächst musste Kronbergers Team die Wände des Altbaus stärken, anschließend legten sie die originalen Stuckverzierungen unter der Decke frei. Um den Raum optisch zu vergrößern, wurde eine Backsteinwand, die vorher Flur mit Küche verband, durch geriffeltes Glas ersetzt. Der Rundbogen am oberen Ende fügt sich ganz in den verspielten Jugendstil ein. Ein warmes Farbportfolio von Altrosa bis Schokoladenbraun und neu geschaffene Möglichkeiten für Lichteinfall geben dem Bachelor Pad den finalen Feinschliff.
Und einmal genau umgekehrt: Diese Wohnung wurde von einer ehemaligen Junggesellen-Bude zu einer eleganten Familienwohnung umgebaut. Bettina Böhm von Studio Affin nahm sich dieser Aufgabe an und verwandelte die abgenutzte Altbauwohnung in ein minimalistisches Zuhause für die junge Familie des Besitzers. Die Innenarchitektin entfernte gemeinsam mit ihren beiden Studiopartnern die frei stehenden und ausdruckslosen Möbel und ersetzte diese durch Holzeinbauten mit lang ersehntem Stauraum. Den ehemals bunten Wänden verpasste sie einen gedeckten Anstrich und arbeitete in der gesamten Wohnung mit ruhigen Materialien wie Eiche, Kalkstein, Kalkfarben und Leinenstoffen. Dabei entschied sie sich bewusst für texturierte Oberflächen, welche die kulturellen Einflüsse der Familie – brasilianisch, japanisch und italienisch – gestalterisch aufgreifen.
Joern Scheipers hat seine ehemalige Studi-WG in Neukölln renoviert und die Altbauwohnung in einen roughen Wohnraum ganz im Stile von Studio Vaust verwandelt. Als Scheipers die Wohnung als junger Architekturstudent besichtigte, fand er mitgenommene Räume samt abgehangener Decke, Graffitis und Raufasertapete vor. Nur ganz langsam veränderte er diesen Zustand, bis Scheipers nach knapp einem Jahrzehnt in der Wohnung realisierte: „Das muss ich ändern.“ Für Studio Vaust entwickelte er zu diesem Zeitpunkt bereits Wohnkonzepte mit viel Aluminium, Stein, klaren Linien und Kanten. Kurzerhand erstellte er auch für seine eigenen vier Wände Moodboards und Ablaufpläne und renovierte mit seinen Freunden und seinem Vater in gerade mal zehn Tagen die Wohnung von Grund auf neu. Dafür lackierten sie Fenster, Türen und Böden, rissen Küche und Tapeten heraus. Zum Schluss stattete Joern Scheipers die Räumlichkeiten mit Vintage- und Designermöbeln und Objekten von Studio Vaust aus, die zum neuen Raumgefüge passen.
Kasia Kronberger vom Studio Bosko baut nicht nur die Wohnungen anderer um, auch in ihrem eigenen Zuhause setzte die Innenarchitektin aufwendige Renovierungsarbeiten um. Mehr als zwei Jahre dauerten die Umbauarbeiten ihres Attic Apartments, ihrem bisher persönlichsten Projekt. Die Renovierungdauer kam zustande, da es sich bei der 170-Quadratmeter großen Wohnung in Kreuzberg tatsächlich vorher um einen verstaubten Dachboden handelte. „Mein Partner und ich suchten nach einem Dachrohling, also einen Rohdachboden, in dem noch absolut nichts an eine Wohnung erinnerte“, erzählt die Designerin der AD. Die beachtliche Deckenhöhe ermöglichte überhaupt, dass sich der Dachboden in ein Familienzuhause verwandeln ließ. Die Entscheidungen um den Grundriss, den Raumfluss und die Materialien traf sie allesamt nach den Bedürfnissen einer vierköpfigen Familie und dem Wunsch, regelmäßig Gäste zu empfangen. Denn die Wohnung soll Spaß machen: „Das Wichtigste war, eine warme Umgebung zu schaffen, in der man gerne zusammenkommt“, so Kronberger.
Model und Podcasterin Stefanie Giesinger schlief die ersten Nächte in ihrer Eigentumswohnung in Prenzlauer Berg auf einer Matratze. Sie wollte erst ein Gefühl für ihre neuen Räumlichkeiten entwickeln, bevor sie mit aufwendigen Renovierungsarbeiten begann. Gemeinsam mit dem Studio Annewand plante sie dann den Umbau: Maßgeschneiderte Möbel für Giesingers Wünschen – zum Beispiel ein extra großes Sofa, eine Tischerhöhung zu Matcha-Mischen und ein begehbarer Kleiderschrank mit Platz für ihre Freundinnen beim Fertigmachen – sowie ein knalliges Farbkonzept standen im Mittelpunkt der Renovierung. Den Stil ihrer Wohnung beschreibt Giesinger als Space-Age. Trotz der wilden Formen und bunten Töne strahlt ihr Zuhause aber viel Ruhe aus. Einen Ort der Erholung zu schaffen, in der Giesinger zwischen ihren vielen beruflichen Reisen herunterkommen kann, war ihre Vision vor der Renovierung. Sie ist geglückt.
CAMA A Architekten haben aus einem heruntergekommenen Seehäuschen südlich von Berlin ein gemütliches Familienheim geschaffen. Dafür legte Architekt Marc Hensel im ersten Schritt das Satteldachhaus aus den 1920er Jahren frei, indem er die ehemalige Eingangstreppe, den massiven Windfang und den Wintergarten entfernt hat. Anschließend hat er einen schmalen Holzbau beigefügt, damit das Haus fortan genügend Platz für eine vierköpfige Familie bietet. Sechs Meter hoch ist der Anbau und beherbergt ein großes Schlafzimmer mit Seeblick und zwei kleinere Schlafzimmer auf der Rückseite. Beim Interieur hat sich Hensel am Charme eines Ferienhauses orientiert und auf ein bewusst minimale Einrichtung gesetzt: Hölzerne Wände und eine schlichte Wohnküche greifen den Stil des ehemaligen Wochenendhauses auf. Das Highlight des Umbaus ist ein neu geschaffenes Häuschen mit Sauna und Außendusche, welches sich um eine Kiefer im Garten windet. Aus der Sauna gelangt man schnell in den kühlen Ziestsee.

































