Mit viel Geduld, aber wenig Geld wurde dieser Small Space unweit des berühmten Cimetière du Père-Lachaise von Studio Inaugure zu neuem Leben erweckt.
Von der Bruchbude zum superpraktischen Small Space: Diese Mini-Wohnung im Osten von Paris war derart heruntergekommen, dass sein Besitzer letztlich beschloss, vorübergehend in ein anderes Apartment umzuziehen. Der junge Mann hatte die Immobilie im Viertel Saint-Blaise im 20. Arrondissement fünf Jahre zuvor erworben. Die 22 Quadratmeter große Wohnfläche war unterteilt und wenig funktional gestaltet. Darüber hinaus war die kleine Wohnung – die direkt unter dem Dach liegt – durchfeuchtet und sehr schlecht isoliert. Also wandte sich der Eigentümer schließlich an Aliénor Louédin, die Gründerin des Studios Inaugure, mit einer Art Doppelmission: Das kleine Apartment sollte die dringend notwendige Wärmedämmung erhalten und gleichzeitig ein ästhetisches Make-over für ein angenehmes und offenes Interieur bekommen. Eine weitere Herausforderung, mit der sich die Architektin konfrontiert sah, war das knappe Budget, das ihr für die Renovierung der Räumlichkeiten zur Verfügung stand. Aliénor Louédin musste also vor allem im Hinblick auf die Materialien kreativ sein, um ein Projekt zu entwerfen, das allen Anforderungen – sowohl finanziellen, ästhetischen als auch baulichen – gerecht wird.
Wiederverwendete Materialien für ein sanftes Interior
„Er konnte niemanden zu sich nach Hause einladen, weil die Wohnung so heruntergekommen war“, erklärt die Architektin. „Daher wollten wir einen Ort schaffen, an dem er Home-Office machen und seine Freund:innen treffen kann, und das alles auf nur 22 Quadratmetern.“ Da nicht nur ein neues Interiordesign, sondern auch eine Wärmeisolierung vonnöten war, setzte Aliénor Louédin auf eine reduzierte, doch speziell ausgewählte Materialpalette, die sowohl eine moderne Ästhetik als auch Kosteneinsparungen ermöglichte – dabei verwendete sie vor allem recycelte Materialien. Unter dem Dach wurden Zellulose-Dämmplatten – die aus zerkleinertem, gemahlenem und schließlich gepresstem Altpapier gewonnen werden – eingesetzt und ohne das Hinzufügen zusätzlicher Verkleidungen lackiert. Dadurch schuf Louédin einen Beton-Effekt, der für einen modernen, brutalistischen Look sorgt. „Farbe ist oft ein großer Kostenfaktor, und hier war sie gar nicht nötig“, betont die Architektin. In einem ähnlichen Stil gestaltete sie auch die Küche, deren Möbel aus MDF-Platten gefertigt wurden; dabei handelt es sich um einen Holzwerkstoff, der ebenfalls wiederverwendet wurde und sehr preiswert ist. „Die wasserresistenten MDF-Platten sind standardmäßig [jedoch nicht immer] grün, während die feuerfesten Platten rosa sind. Dieses Grün sieht interessant aus, also habe ich es so gelassen, und sie nur einmal lackiert.“
Dieser „kraftvolle, beinahe fluoreszierende“ Ton verlieh der Wohnung einen ganz eigenen Charakter. Das Grün wurde hinter dem Bettkopfteil erneut aufgegriffen und harmoniert mit dem weißen Beton Ciré, den grauen Elementen und dem hellen Holz – klare, neutrale Farbtöne, die eine ruhige Atmosphäre schaffen. „Diese wiederverwendeten Materialien und rauen Farben verleihen der Einrichtung etwas ganz Natürliches, sie bringen zum Ausdruck, dass etwas wiederverwendet wurde.“ Eine unbeabsichtigte und dennoch raffinierte Anspielung auf die Arbeit des jungen Wohnungsbesitzers, der zu jener Zeit in der Recycling-Branche tätig war. Um Kosten zu sparen, wurde das Parkett von einer Baustelle übernommen, auf der mehrere Quadratmeter unbenutzter Bretter übrig geblieben waren.
Das Herzstück: eine multifunktionale Bank
„Es ist schwierig, den Raum maximal zu optimieren und die Wohnfläche flexibel zu gestalten, ohne dabei auf Maßanfertigungen zurückzugreifen“, erklärt Aliénor Louédin, die für das Mobiliar nur ein begrenztes Budget zur Verfügung hatte. „Doch es war unumgänglich, diese Sitzbank zu entwerfen, die die Wohnung strukturiert.“ Diese Bank ist das Herzstück des Interieurs und erstreckt sich über die gesamte Länge des Apartments, das nun über einen offenen Grundriss verfügt. Die vorherigen Eigentümer:innen hatten auf ungeschickte Weise eine Art Trennwand eingezogen, um ein winziges Schlafzimmer zu schaffen; diese wurde entfernt. Die maßgefertigte Bank erfüllt mehrere Funktionen gleichzeitig: „Die Bank dient als Nachttisch, als Sitzgelegenheit für Gäste im Essbereich und als Höhle für die Katze.“ Wie in ihrer eigenen Wohnung in der Nähe des Canal Saint-Martin schuf die Architektin dort eine versteckte Ecke, in der das Katzenklo untergebracht ist. Aufgrund seiner Stabilität und der sanften Maserung wurde für die Anfertigung der Bank Birkenholz verwendet, ebenso für den Schreibtisch, der dem Eigentümer als Home-Office dient.„Ich wollte ein schlichtes Design, ohne Beine, also ergab sich diese abgeschrägte Form in einem hellen Farbton, die sich in den Kleiderschrank einfügt.“
Um Platz und Geld zu sparen, hielt die Architektin ihren Kunden an, bewusste Entscheidungen im Hinblick auf die Sitzmöbel zu treffen. „Bei einem Small Space lasse ich die Kund:innen entweder ein Sofa oder einen Esstisch wählen. In diesem Fall hat er sich für die Option Esszimmer mit Sitzbank entschieden. Auf einer sehr kleinen Fläche kann man ja die Art und Weise, wie man isst und Gäste empfängt, durchaus individuell anpassen. Also wurde auf ein Sofa verzichtet und diese Bank entworfen, auf der man, ebenso wie auf dem Bett, Platz nehmen kann, um einen Aperitif zu nehmen.“
Mit viel Geduld zum Erfolg
„Um Kosten zu sparen, haben wir auch auf Ikea-Staumöbel gesetzt, aber selbst für diese Art von Aufbewahrungsmobiliar muss man die Türen nach Maß anfertigen. Also haben wir ein paar Tricks angewandt [, um den Schrank aufzuwerten], wie zum Beispiel das Holz nochmals zu lackieren, ohne es großartig zu bearbeiten; außerdem haben wir schöne dünne Griffe angebracht, die die Form einer Welle haben.“ Aliénor Louédin betont auch, dass mehr Zeit investiert werden muss, wenn das Budget niedrig bleiben soll; ein Faktor, der oft vergessen wird, wenn man es eilig hat. Doch in diesem Fall hat sich jede Minute gelohnt: Der geduldige Eigentümer hat nach der Renovierung das Gefühl, in eine völlig neue Wohnung umgezogen zu sein – endlich angekommen.
Zuerst erschienen bei AD France.
