Mid-Century-Haus: In London renovierte Louis Hagen Hall ein Reihenhaus aus den 60er-Jahren mit Respekt vor der Substanz.
Fährt man aus dem Zentrum Londons ein kleines Stück in Richtung Norden, landet man in Hampstead, einem Viertel im Bezirk Camden, das neben dörflichem Charme aus dem 18. Jahrhundert mit einer Handvoll ikonischer Gebäude der Moderne lockt. Hampstead war eines der ersten Stadtgebiete überhaupt, dessen architektonische Erhaltung nach dem Town & Country Planning Act von 1968 festgehalten wurde. Eines der bekanntesten Wohnhäuser in der grünen Wohngegend ist das Isokon, ein Prototyp des urbanen Wohnens, erbaut Anfang der 30er-Jahre. Etwa drei Jahrzehnte und einen Weltkrieg später nahm der Bau progressiver Nachkriegsentwürfe noch einmal Fahrt auf. So baute auch der südafrikanische Architekt Ted Levy von Ted Levy, Benjamin & Partners eine Gruppe von neun Häusern, darunter fünf Townhouses.
Ein Mid-Century-Juwel mit Zukunftspotential
Die Häuser wurden über die Jahre sporadisch renoviert, vom modernistischen Charme ist im Inneren meist kaum etwas übrig. Nur eines beherbergt noch heute viele Details und intakte Raffinessen aus seiner Entstehungszeit: „Pine Heath“. Eine junge Familie kaufte das viergeschossige Reihenmittelhaus und beauftragte den Architekten Louis Hagen Hall anfangs nur für die Neugestaltung der Küche, Bäder und Fenster. Wie der sprichwörtliche „elephant in the room“ trieb Hagen Hall und seine Auftraggeber die Tatsache um, dass das wahre Potenzial des Hauses in einer umfassenden Renovierung steckte. „Unser erstes Treffen fand im Canyon House in Primrose Hill statt, einem anderen Projekt, an dem ich damals arbeitete. Das Kennenlernen wandelte sich in eine Skizzen-Session und die Ideen sprudelten schon am ersten Tag. Es war klar, dass wir kreativ und konzeptionell auf einer Wellenlänge sind“, erinnert sich Hagen Hall. Auch mit Blick auf die Energieeffizienz und zukunftsweisende Investitionen kam es, dass die drei den neuen, umfassenden Plan zeitnah umsetzten.
Maßgefertigte Einbauten schlagen die Brücke zwischen den Zeiten
Die verwinkelte Raumaufteilung aus den 60er-Jahren blieb auf den 224 Quadratmetern Wohnfläche zwar größtenteils bestehen, Hagen Hall widmete sich dennoch den Sichtachsen und dem Bewegungsfluss der Zimmer. Alte Türen ersetzte er durch bodentiefe Taschentüren, die er auf subtile Weise neu ausrichtete, um die Durchsicht von der Vorder- bis zur Rückseite des Hauses zu ermöglichen. Unterm Strich stand die Funktionalität für eine wachsende Familie bei der Renovierung im Zentrum. Soll heißen: Stauraum musste geschaffen werden. Die verwendeten Materialien leitete der Architekt von der ursprünglichen Holzverkleidung aus sichtlich gealterter südamerikanischer Brasilkiefer ab. Die Tischlerarbeiten für zahlreiche Einbauten, die sich über vier Etagen und einen kleinen ausgebauten Dachboden verteilen, sind aus gebeiztem Kirschbaumfurnier, das seinem Vorbild faszinierend nahekommt.
Die Absicht sei von Anfang an gewesen, die Designsprache der 60er-Jahre zu bewahren, ohne in eine künstliche Nachahmung zu verfallen, sagt Louis Hagen Hall. „Wir wollten keine Replikation oder Retrokulisse schaffen, sondern eine zeitgenössische Antwort auf die ursprüngliche Architektur; eine Bezugnahme, die sich zu nichts verpflichtet.“ Mit bedachter Hand gelang es dem Architekten, den Ursprung des Hauses hervorzulocken. Nicht, um daraus ein Museum zu machen, sondern ein zukunftstaugliches Zuhause für eine junge Familie.

















