Raumteiler, insbesondere Paravents, kehren gerade an die Spitze der Trends zurück – nicht nur, weil sie funktional und stilvoll zugleich sind.
Erste gefundene Exemplare von Paravents stammen aus der Zeit der Han-Dynastie, die bis in die Zeit um 200 vor Christus zurückreicht. Von China aus kamen die Raumteiler nach Japan, wo man ihre Funktion adaptierte und Formen, Farben sowie Muster anpasste. Aus Asien gelangten sie nach Europa, vornehmlich in Frankreich nutzten Königshäuser prunkvoll verzierte und geschmückte Paravents, um für Sichtschutz zu sorgen. Der Rest ist vermutlich Geschichte. Doch verblüffend ist dennoch, dass sich das Raumelement immer wieder ganz nach oben, an die Spitze der Trends, zu setzen vermag. Natürlich liegt das unter anderem an seiner Flexibilität und der Möglichkeit, statische Räume neu einteilen und dadurch verändern zu können. Die Ausstellung „Paravent“ in der Philipp Pflug Contemporary Kunstgalerie in Frankfurt am Main, die noch bis zum 20. Juli zu sehen ist, begreift Raumteiler jedoch als viel sinnlichere Objekte, die dialektische Spannung in sich tragen, aber gerade deshalb so faszinieren. Sie teilen den Raum in das Davor und Dahinter, das es zuvor so nicht gab; dahinter kann sich eine völlig neue Welt erschließen, davor ist noch alles offen.
Paravents, die Funktion und Kunstfertigkeit vereinen
Ob aus Holz und mit bunten Fäden überzogen, aus kirschrotem, gewellten Acryl oder Metall, mit geometrischen Dreiecken durchbrochen – Paravents sind mehr als funktionale Raumwunder. Als Designobjekte geben sie Wohnungen oft erst den letzten Schliff, eine zusätzliche Aussage und besonderen Akzent. Aus 18 lackierten und ineinander greifenden Elementen schuf Hannes Peer für Minotti einen skulpturalen Raumtrenner, der sich dynamisch verändern lässt, obwohl er architektonisch und statisch wirkt. Im Marsèll Milano Spiga Flagship Store in Mailand stellte das Berliner Architekturduo Gonzalez Haase in diesem Jahr den „Leaf Paravent“ vor, der Wellen formt und mit feinstem Marsèll-Leder bezogen ist. Der modulare Paravent lässt sich multiplen Grundrissanforderungen anpassen – und sogar ganz zum Kreis schließen. All diese Raumtrenner zeigen, dass sie dieses Jahr insbesondere durch ihre raffinierte Gestaltung und außergewöhnliche Zusammensetzung mehr können, ja sogar selbst zu Kunstobjekten werden.
Raumteiler als Fenster zur Natur
Gerade weil die Forderung nach mehr Transparenz in jeglichen Bereichen – der Politik, in Sachen Nachhaltigkeit als auch in Bezug auf soziale Fragen – in den letzten Jahren immer lauter und noch lange nicht ausreichend gestillt wurde, ist sie ein Aspekt, den Kulturbereiche für sich aufgreifen. In der Mode sind transparente, durchscheinende Looks fester Bestandteil der Fashion Shows, wie Prada, Givenchy und Simone Rocha im Frühjahr/Sommer 2024 bewiesen. Im Möbeldesign kommt Transparenz ebenfalls durch: Gläserne Tische, Konsolen und Accessoires sind mehr denn je gefragt – Sabine Marcelis kreierte für Acerbis sogar Couchtische aus mundgeblasenem Glas in Bernsteinfarben. Draga & Aurel zeigten zum Salone del Mobile eine neue Möbelkollektion, die milchiges Kunstharz feiert und metallisch schimmert. Und auch Raumteiler lassen sich ein Fenster offen – Artemests „Giú in Cortile“-Triptychon ist von japanischen Paravents inspiriert, handbemalt und gibt den Blick frei auf sich selbst; denn das stabilisierte Moos umfasst einen Spiegel aus Edelstahl. Noch mehr tatsächliche Transparenz nimmt sich beispielsweise Nathalie Van der Massens „Ren“-Kollektion vor. Die belgische Designerin kleidet ihre limitierten Paravents aus Eiche und Nussbaum in leichtes Leinen, dessen Garne mal vor, mal hinter dem Holzrahmen verlaufen.
Paravents mit Farben, Mustern und Fransen
Natürlich hat der Minimalismus seine Berechtigung. Doch immer wieder holen derzeit Farben aus der cleanen Komfortzone, und sei es nur, um hier und da Akzente zu setzen. Dopamine Decor sorgt schlichtweg für Optimismus und gute Laune – vor allem Orange und Gelb gehören zu den Tönen, die für frische Energie sorgen sollen. Angelique Delaires Paravent, der in Zusammenarbeit mit Künstlerin Anais Vindel entstand, lässt genau diese Nuancen miteinander verschmelzen und tanzen. Gleichzeitig strahlt der Raumteiler Ruhe und Sanftheit aus, er ist also ein Allrounder. Kein Wunder, dass er schon als „Fendi Baguette of the Home“ gehandelt wird. Auch Arthur Arbessers Raumtrenner „Tact“ trumpft mit, wie für seine Formensprache typisch, Blumenprints auf, die Rückseite wiederum ist in Grau und Schwarz gekleidet. Karomuster und insbesondere Fransen wollen es diesen Sommer und Herbst wissen – diese Trendprognose sollten Sie sich schon einmal vormerken.
Neu im Trendkosmos: Paravent Beds
Wem kann man es verübeln, sich Geborgenheit zu wünschen? Paravent-Betten dürften wohl, nach zahlreichen Pillow-Sofas, weichen Poufs und bequemen Sesseln aller Art, nur die logische Konsequenz sein, die nun im Schlafzimmer Einzug hält. Auch hier sorgt der Paravent, in niedriger Form und am Kopfende befestigt, für Sichtschutz und Intimität. Paravent Beds sind insbesondere dann die Lösung, wenn es sich um kleine Small Spaces und Einzimmerwohnungen handelt – denn sie schirmen das Bett als eigene kleine Oase vom Rest ab. Designer Danny Kaplan kreierte das „Paravent Bed“ gemeinsam mit Lesser Miracle als Element der vierteiligen „Delf“-Möbelkollektion. Das Bett mit Paravent-ähnlichem Kopf aus Eiche ist ebendort mit liebevollen Keramikdetails und Messingbeschlägen versehen. Welches Möbel werden sich Paravents wohl in Zukunft noch vornehmen? Es bleibt spannend – aber die jetzigen Ausführungen beweisen einmal mehr, dass die Raumwunder wohl nie aus dem Trendkosmos verschwinden werden. Gut so!
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