Das Norman Foster Institute in Madrid forscht über zukünftige Architektur.
Norman Foster, 1935 in Reddish, Großbritannien, geboren, interessiert sich schon lange für einen Seitenbereich seiner Zunft, der heute gern mit „Architektur ohne Architekt:innen“ umschrieben wird. Dabei geht es (unter anderem) um ebenso urwüchsige wie ingeniöse Verfahren, mit denen es den Menschen schon vor Jahrhunderten gelang, Gebäude zu erschaffen, die nicht nur den Jahreszeiten standhalten, sondern auch den Naturgewalten trotzen. Auf den ersten Blick mag diese Disziplin historisch anmuten – gleichwohl liefert sie Grundlagen für ein tieferes Verständnis der Nachhaltigkeitsproblematik auch heutiger und künftiger Bauten. Und da es Foster vor allem um das Kommende geht, beschlossen er und die Norman Foster Foundation, ein akademisches Forum mit Sitz in Madrid zu gründen, das Nachwuchsarchitekt:innen für eine nachhaltige Zukunft ausbildet. Über die Vision und Zielsetzung des Norman Foster Institute (NFI) sprachen wir mit dem Stararchitekten in seinem Madrider Büro.
Am Norman Foster Institute geht folgender Master-Studiengang in die zweite Runde
Der einjährige Master-Studiengang „Sustainable Cities“, der im Januar startete und dessen zweite Ausschreibung gerade läuft, „verbindet praktische Erfahrungen und theoretische Ansätze, um ein ganzheitliches Konzept für die Gestaltung und Verwaltung von Städten zu vermitteln“, erläutert der Brite. Das Hauptziel des Curriculums liege darin, die Gesellschaft zu verbessern und kommende Veränderungen zu antizipieren. „Allgemein besteht ein großes Interesse an einem auf Fakten gestützten Ansatz, bei dem alles auf statistische Daten reduziert wird. Meiner Erfahrung nach gibt es jedoch oft eine Kluft zwischen der akademischen Welt und der praktischen Umsetzung in den Metropolen, und genau die soll durch unser Programm überbrückt werden.“ Nicht zuletzt dadurch, dass es Architekt:innen und Stadtplaner:innen offensteht, aber explizit auch Ingenieur:innen, Künstler:innen und einer Vielzahl anderer Berufsgruppen.
Wir formen unsere Gebäude, danach formen sie uns
Seine Visionen entwickelt Foster stets im Abgleich mit der Realität. „Eine Stadt ist eine Kombination aus Infrastruktur und Gebäuden. Winston Churchill sagte einmal: ‚Wir formen unsere Gebäude, danach formen sie uns.‘ Wenn das schon für einen einzelnen Bau gilt, um wie viel mehr für einen größeren Maßstab!“, betont Foster und verweist zur Veranschaulichung auf das Paradebeispiel Bilbao: „Vergleicht man die posiive Entwicklung dort mit anderen Regionen in Spanien, so wird schnell deutlich, dass den Verantwortlichen in Bilbao die Bedeutung von Architektur für die Infrastruktur sehr bewusst war. Der Schlüssel zum dortigen Erfolg waren Vernetzung und Kultur. Mit einem solchen Bewusstsein hätte sich das Scheitern anderer Großstädte und Ballungsräume in der Vergangenheit vermeiden lassen“, ist er sich sicher. Er selbst war an diesem Erfolg übrigens nicht ganz unbeteiligt – sein Team verantwortete den Erweiterungsbau des dortigen Museums der Schönen Künste und nicht zuletzt das Metrosystem von Bilbao.
Von großen Erfolgen seiner langen Karriere zeugen die Modelle ikonischer Bauten von Foster + Partners in seinem Madrider Büro. „Damals hat man es natürlich noch nicht so genannt“, sagt er, „aber seit ich in den 60er-Jahren als Architekt zu arbeiten begann, war eigentlich alles, was wir gemacht haben, mit Nachhaltigkeit verbunden. Unsere Entwürfe und Designs zielten darauf ab, die Natur zu schonen, kompakt zu bauen, die Privatsphäre zu wahren und natürliches Licht einzubeziehen.“ Heute sei dafür Zusammenarbeit der entscheidende Faktor. „Es geht mir darum, verschiedene Fachrichtungen zu vernetzen, weil so effizientere Entwürfe entstehen, sei es mithilfe von Künstler:innen oder Ingenieur:innen. Die Idee dahinter ist, mehr mit weniger
zu schaffen, ganz im Sinne von Richard Buckminster Fullers Maxime, Gebäude zu bauen, die mit weniger Energie und weniger Materialien besser funktionieren.“ Und dabei weiß Norman Foster genau, dass die Zukunft noch nicht geschrieben ist. Aber auch, dass das, was einst wie ein Traum erschien, schon heute Realität ist.



