Werden so die Städte der Zukunft aussehen? Das ist die Vision von Norman Foster

Die Städte der Zukunft konzipieren und dabei den Architektur-Nachwuchs fit machen – das ist die Mission des Norman Foster Institute
Norman Foster in seinem Büro in Madrid
Ricardo Labougle

Das Norman Foster Institute in Madrid forscht über zukünftige Architektur.

Norman Foster, 1935 in Reddish, Großbritannien, geboren, interessiert sich schon lange für einen Seitenbereich seiner Zunft, der heute gern mit „Architektur ohne Architekt:innen“ umschrieben wird. Dabei geht es (unter anderem) um ebenso urwüchsige wie ingeniöse Verfahren, mit denen es den Menschen schon vor Jahr­hun­derten gelang, Gebäude zu erschaffen, die nicht nur den Jahreszeiten standhalten, sondern auch den Naturge­wal­ten trotzen. Auf den ersten Blick mag diese Disziplin historisch anmuten – gleichwohl liefert sie Grundlagen für ein tieferes Verständnis der Nachhaltigkeitsproblema­tik auch heutiger und künftiger Bauten. Und da es Foster vor allem um das Kommende geht, beschlossen er und die Norman Foster Foun­dation, ein akademisches Forum mit Sitz in Madrid zu gründen, das Nachwuchs­architekt:innen für eine nachhaltige Zukunft ausbildet. Über die Vision und Zielsetzung des Norman Foster Institute (NFI) sprachen wir mit dem Star­architekten in seinem Madrider Büro.

Norman Foster in seinem Büro in Madrid

Norman Foster in seinem Madrider Büro mit Modellen dreier Hochhaus-Ikonen: das 30 St Mary Axe (London), der Hearst Tower (New York) und das HSBC-Hochhaus (Hongkong).

Ricardo Labougle

Am Norman Foster Institute geht folgender Master-Studiengang in die zweite Runde

Der einjährige Master-Studiengang „Sus­tain­able Cities“, der im Januar startete und dessen zweite Ausschreibung gerade läuft, „verbindet praktische Erfahrun­gen und theoretische Ansät­ze, um ein ganzheitliches Konzept für die Gestal­tung und Verwaltung von Städten zu vermitteln“, erläutert der Brite. Das Hauptziel des Curriculums lie­ge darin, die Gesellschaft zu verbessern und kommende Veränderungen zu antizipieren. „All­ge­mein besteht ein großes Inter­esse an einem auf Fakten gestützten Ansatz, bei dem alles auf statistische Daten reduziert wird. Meiner Erfahrung nach gibt es jedoch oft eine Kluft zwischen der akademischen Welt und der praktischen Umsetzung in den Metropolen, und genau die soll durch unser Programm überbrückt werden.“ Nicht zuletzt dadurch, dass es Archi­tekt:innen und Stadtplaner:innen offensteht, aber explizit auch Ingenieur:innen, Künst­ler:innen und einer Vielzahl anderer Berufsgruppen.

Studierende vor dem Norman Foster Institute in Madris

Stadtplaner:innen von morgen: o. Studierende des ersten Jahrgangs am NFI in Madrid.

Pablo Gómez-Ogando / Courtesy of the Norman Foster Institute

Wir formen unsere Gebäude, danach formen sie uns

Seine Visionen entwickelt Foster stets im Abgleich mit der Realität. „Eine Stadt ist eine Kombination aus Infrastruktur und Gebäuden. Winston Churchill sagte einmal: ‚Wir formen unsere Gebäude, danach formen sie uns.‘ Wenn das schon für einen einzelnen Bau gilt, um wie viel mehr für einen größeren Maßstab!“, betont Foster und verweist zur Veranschaulichung auf das Para­debeispiel Bilbao: „Vergleicht man die posiive Entwicklung dort mit anderen Regionen in Spanien, so wird schnell deutlich, dass den Verantwortlichen in Bilbao die Bedeu­tung von Architektur für die Infra­struktur sehr bewusst war. Der Schlüssel zum dortigen Erfolg waren Ver­netzung und Kultur. Mit einem solchen Bewusst­sein hätte sich das Schei­tern anderer Großstädte und Bal­lungs­­räume in der Vergangenheit vermeiden lassen“, ist er sich sicher. Er selbst war an diesem Erfolg übrigens nicht ganz unbe­teiligt – sein Team verantwortete den Er­weiterungsbau des dortigen Museums der Schönen Künste und nicht zuletzt das Metrosystem von Bilbao.

Modell von einem Haus Norman Foster Institute in Madrid

Ein Modell des Forschungsprojekts „Essential Homes“ der Norman Foster Foundation.

Pablo Gómez-Ogando / Norman Foster Foundation

Von großen Erfolgen seiner langen Karriere zeugen die Modelle ikonischer Bauten von Foster + Partners in seinem Madrider Büro. „Damals hat man es natürlich noch nicht so genannt“, sagt er, „aber seit ich in den 60er-Jahren als Archi­tekt zu arbeiten begann, war eigentlich alles, was wir gemacht haben, mit Nachhal­tig­keit verbunden. Unsere Entwürfe und Designs zielten darauf ab, die Natur zu schonen, kompakt zu bauen, die Privatsphäre zu wahren und natürliches Licht einzubeziehen.“ Heute sei dafür Zusammenarbeit der entscheidende Faktor. „Es geht mir darum, verschiedene Fachrichtungen zu vernetzen, weil so effizientere Entwürfe entstehen, sei es mithilfe von Künstler:innen oder Ingeni­eur:innen. Die Idee dahinter ist, mehr mit weniger
zu schaffen, ganz im Sinne von Richard Buckminster Fullers Maxime, Ge­bäude zu bauen, die mit weniger Energie und weniger Materialien besser funktionieren.“ Und dabei weiß Norman Foster genau, dass die Zukunft noch nicht geschrieben ist. Aber auch, dass das, was einst wie ein Traum erschien, schon heute Realität ist.