Das Architektinnen-Duo Nidus erfindet in Düsseldorf das Doppelhaus neu – mit historischen Formelementen

In Düsseldorf-Kaiserswerth interpretierten die Architektinnen von Nidus das Doppelhaus ganz neu – mit Rundbogenfenstern, einer Reverenz an die historische Umgebung, und japanischem Interior
Die Ziegelsteinfassade passt sich durch die rundbögigen Elementen an den Fenstern an die historischen umliegenden...
Volker Conradus

Im ältesten Stadtteil Düsseldorfs setzt ein neu gebautes Doppelhaus vom Architekturbüro Nidus die Formensprache der historischen Umgebung der Nachbarschaft fort.

Auf die Dramaturgie ihrer Grundrisse legen Ana Vol­len­­broich und Annelen Schmidt-Vollenbroich von Nidus besonderen Wert: Wie betritt man ein Haus, wie sind die Übergänge zwischen den Räumen? Für den Ein­gangsbereich ihres jüngsten (und ersten!) Neubaus, einem Doppelhaus in Düsseldorf, hat das Architek­­tinnen-Duo den Eingangsbereich nach japanischem Vorbild abgesenkt – angelehnt an den Genkan traditioneller japanischer Wohnhäuser, unterscheidet sich der Bereich durch Höhe und Bodenbelag; hier lässt man die Straße hinter sich, zieht die Schuhe aus, wäscht sich und betritt dann über eine Stufe den Wohnbereich. Die Straße gehört in diesem Fall zu Kaiserswerth – dem ältesten Stadtteil Düsseldorfs, in dem die Kaiserswerther Diakonie, das weltweit erste Diakonissen-Mutterhaus, steht.

Im ältesten Stadtteil Düsseldorfs steht das erste DiakonissenMutterhaus Deutschlands.

Die Kaiserswerther Diakonie ist das weltweit erste Diakonissen-Mutterhaus. Nidus übernahm Gestaltungselemente, wie die markanten Rundbogenfenster in ihren Neubau.

Volker Conradus

Ein Neubau im Einklang mit dem Denkmalschutz

Genauso wichtig wie die Übergänge innerhalb des Hauses war es für die Architektinnen, den richtigen Übergang zwischen der historischen Umgebung und ihrem Neubau zu schaffen. Die schmalen Fenster mit Rundbogen in Eiche sowie das Sichtmauerwerk zitieren den architektonischen Kontext der Umgebung, dennoch wird das Gebäude eindeutig als neu gelesen.

Die Ziegelsteinfassade passt sich durch die rundbögigen Elementen an den Fenstern an die historischen umliegenden...

Die Ziegelsteinfassade fügt sich durch ihre rundbogigen Fenster und Eingangsbereich ideal in die historische Umgebung des alten Stadtviertels ein.

Volker Conradus

„Wir bekommen so viel positives Feedback, das freut uns sehr“, sagt Vollen­broich, der bewusst war, dass der Bau der neuen Gebäude in dieser historischen Umgebung von der Nachbarschaft genau beobachtet werden würde. Doch das Feedback ist gut: „Neulich schrieb uns jemand, der auch in Kaiserswerth aufgewachsen ist, dass unsere Projekte die Geschichte des Ortes weiterschreiben und im Dialog mit dem Kontext stehen“, erzählt die Architektin. „Klar, wir fügen neue Bausteine hinzu, aber wir zitieren das Vorhandene: die Rundbogenfenster der denkmalgeschützten Diakonie, die geklinkerte Fassade. Es ist die Verwandlung von etwas Vertrautem in etwas Neues.“

Der abgesenkte Eingang ist mit ViaFliesen in einem Schachbrettmuster gefliest.

In der Sankt-Göres-Straße trifft die geklinkerte Fassade auf eine Konstruktion aus Eichenelementen. Diese Kombination aus Holz und Beton oder Stein durchzieht auch das Hausinnere. Im abgesenkten Eingang schmiegen sich Via-Fliesen an warmes Eichenholz.

Volker Conradus

Die Häuser werden seitlich über Portale in Sicht­beton und Haustüren aus Eiche betreten, das eine mit Rundbogen, das andere eckig. Im Inneren folgen die Grundrisse einer klaren Dramaturgie: Auf Akzente und Höhepunkte folgen ruhige Passagen; Motive und Mate­rialität der japanischen Wohnkultur werden aufgegriffen. Durch die Kombination der langen, schmalen Rundbogenfenster mit den reduzierten japanischen Gestaltungselementen entsteht auf über drei Ebenen eine ganz besondere Lichtstimmung und eine zenartige, beinahe sakrale Atmosphäre.

Das Treppenhaus hat Stufen aus warmen Holz und spiegelt in seiner Formensprache die Rundbogen der Architektur wieder.

Der Grundriss vom Treppenhaus greift die Rundbögen der Außenfassade auf und bringt somit dieses architektonische Element auch in das Hausinnere, von wo aus es sich über das gesamte Haus erstreckt.

Volker Conradus
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Im Erdgeschoss befindet sich neben der Küche ein offener Wohnbereich mit Wintergarten, in den oberen Ebenen sind die Privat­räume. Die Materialien sind zurückhaltend, aber prägnant: Decken aus Sichtbeton, Böden aus geschliffenem Estrich, warme Eichenfenster. Die Wände sind in einem sanften Grüngrau gehalten, schmucklos ohne Fuß­leisten. Neben Möbeln aus der eigenen Nidus-Kollektion setzt das Duo auf architektonische Klassiker. Eine wichtige Erfahrung, die Nidus bei vorherigen Bestandsumbauten machte, ließen sie in den Grundriss einfließen: „Eine gute Gebäudestruktur, ein flexibler Grundriss, in dem Räume einfach zusammengelegt oder getrennt werden können, passt zu vielen verschie­de­nen Lebensphasen.“ Die beiden Häuser etwa richten sich an Familien: Sind die Kinder noch klein, braucht es viele Räume für Rückzug. Sind sie aus dem Haus, können Wände geöffnet und größere Räume hergestellt werden. „Eine weitere Erfahrung, die wir aus unseren zahlreichen Bestandsumbauten haben, ist, dass die Technik immer am schnellsten veraltet. Sie ist das Erste, das definitiv zurückgebaut und erneuert werden muss. Gleichzeitig ist die Herstellung für neue Technik wahnsinnig energieintensiv. Wir halten unsere Projekte daher alle lowtech, kein Schnickschnack.“

Im wohnlichen Wintergarten ist ein Sofa Sessel eine Stehleuchte und beiger Teppich aus der NidusKollektion.

Das Highlight des Hauses ist der Wintergarten. Sofa, Sessel, Stehleuchte und Teppich sind aus der Nidus-Kollektion. Letzterer entstand in Kooperation mit Nadine Goepfert und CC-Tapis und bildet den Grundriss der beiden Sankt-Göres-Häuser ab.

Volker Conradus

Die neue Interpretation des Doppelhauses

Der erste Neubau des Duos, bei dem sie Architek­tinnen und Unternehmerinnen zugleich waren, ist auf einer brachliegenden Fläche entstanden – somit gab es viel Gestaltungsfreiheit und wenig bauliche Vorgaben. Lediglich mit seinem Image hat das Doppelhaus zu kämpfen: „Die Typologie, die eigentlich ihren Ursprung in den englischen Gartenstädten des ausgehenden 19. Jahrhunderts hat, ist etwas in Verruf geraten, da sie häufig als effiziente Entwicklertypologie im suburbanen Raum zu finden ist.“ Entwicklerinnen sind Nidus zwar ebenfalls, aber nicht von der schnöden Sorte: „Die Balance zwischen guter Gestaltung und Wirtschaftlich­keit zu finden übt einen großen Reiz auf uns aus. Schlussendlich starten wir kein Projekt, in das wir nicht auch selbst einziehen würden und an das wir nicht auch persönlich glauben.“ In Kaiserswerth definieren sie die Typologie Doppelhaus neu: nachhaltig, mit wenig Energieverlusten durch die gemeinsame Trennwand, klug geplant und mit hochwertigen Mate­rialien. „Unserer Meinung nach eine gute Antwort auf Fragen der Nachverdichtung. Für uns ist das Doppelhaus ein Wohntyp der Zukunft.“ Gekauft hat das Haus letztendlich ein japanisch-dänisches Paar.

Lichtdurchfluteter Arbeitsplatz im Erdgeschoss.

Lichtdurchfluteter Arbeitsplatz im Erdgeschoss.

Im Schlafzimmer unter dem Dach läßt es sich zur Ruhe kommen.

Im Schlafzimmer unter dem Dach läßt es sich zur Ruhe kommen.

In der linken Außenfassade sind rundbogige Elemente und auf der rechten ausschließlich eckige Architekturelemente.

Die linke Hälfte des Doppelhauses ist mit rundbogigen Elementen versehen, während an der rechten Seite ausschließlich eckige Formelemente verwendet wurde. Dadurch entsteht ein feiner und doch stimmiger Kontrast, der die beiden Haushälften miteinander verbindet.

Volker Conradus