Neubau mit Patina: So wirkt das Zuhause von Acne-Studios-Direktor wie ein Altbau

An der felsigen Ostseeküste Schwedens ließen sich Pontus Björkman und Hanna Juzon ein Haus bauen, das regelmäßig für einen Altbau gehalten wird
Pontus Björkmans Haus in der Nähe von Stockholm
Henrik Lundell

Während die Läden von Acne Studios clean und glanzvoll daherkommen, setzt der Direktor des schwedischen Modelabels in seinem Zuhause auf familiäre Wärme.

Um zu verstehen, worum es Pontus Björkman und seiner Frau Hanna Juzon ging, als sie entschieden, ein Haus außerhalb von Stockholm zu bauen, reicht eine gedankliche Reise in den Frühsommer dieses Jahres. Die beiden, er Direktor des schwedischen Modehauses Acne Studios, sie Model und Redakteurin, gaben sich Anfang Juni in Stockholm das Ja-Wort. Nach der standesamtlichen Trauung wurde die Feiergemeinde mit einem Boot zum privaten Anleger außerhalb der Stadt geschippert. Von dort aus ging es über eine lange Treppe in den Garten des Hauses, wo bis spät in die Nacht gefeiert wurde. Auf dem felsigen Absatz – vor nicht allzu langer Zeit stand hier nichts weiter als ein paar Kiefern – ließen sich die beiden vor Kurzem nieder. Das Haus sollte zum einen das Zuhause ihrer Familie werden, zu der zwei Töchter und zwei Dalmatiner zählen, zum anderen ein Ort, an dem regelmäßig Menschen zusammenkommen, die über die Jahre Teil ihres Lebens wurden.

Pontus Björkmans Haus in der Nähe von Stockholm

Die Fassade aus lasiertem Kiefernholz kaschiert den Neubau. Fast nahtlos fügen sich die dunklen, vertikal angeordneten Bretter in die Umgebung ein.

Henrik Lundell

Eine Fassade, die kaum auffällt

Hinter dem Wohnhaus, eingebettet in die Topografie eines Naturschutzgebiets mit Granitfelsen und Kiefernwäldchen, stecken Christian und Ruxandra Halleroed. Das Stockholmer Architekturbüro entwarf bereits mehrere Läden von Acne Studios, darunter die Dependancen in Paris, New York und Tokio. Der Holzbau von Björkman und Juzon ist ein Beispiel dafür, wie sich zeitgenössische Architektur in eine gewachsene Landschaft integrieren lässt, ohne den Eindruck des Fremden oder gar Vorläufigen zu erwecken. An einigen Stellen schmiegt sich der Bau buchstäblich an die natürlichen Felsformationen der Landschaft. Die äußere Erscheinung ist klar: Grobe Kiefernbretter, behandelt mit traditionellem Kiefernharz, bilden eine homogene, in warmen Brauntönen changierende Außenhülle. Das Material verleiht der Fassade eine taktile Präsenz, die im Zusammenspiel mit den geologischen Formationen der Umgebung fast archaisch wirkt – ein zentraler Aspekt des Briefings, wie sich die Architekten erinnern: „Das Haus soll den Eindruck vermitteln, schon länger dort zu stehen und in der Landschaft verwurzelt zu sein.“ Dass Besucher das Haus für eine renovierte Altbausubstanz halten, ist die beste Bestätigung, dass ihnen das intendierte Spiel mit Authentizität und Alterung gelungen ist.

Im Inneren ergänzen sich Offenheit und Privatsphäre

Die Architektur im Inneren vermittelt zwischen Offenheit und Rückzug. Die Anordnung der Räume ist auf soziale Interaktion ausgelegt: Ein großzügiges Entrée leitet in fließende Aufenthaltszonen über, die durch hohe Holzdecken, Sandsteinportale und einen zentralen Kamin aus Sichtbeton strukturiert werden. Küche und Wohnraum verschmelzen zu einer zusammenhängenden Raumfigur, während sich im Untergeschoss ein Gästezimmer mit Zugang zum abgesenkten Garten verbirgt, eine geradezu introvertierte Gegenfigur zu den öffentlichen Bereichen des Hauses. „Die Räume sind so organisiert, dass die gesamte Familie gemeinsam zu Hause sein kann, aber dennoch über eigene Räume und Aufenthaltsorte verfügt, die den ganzen Tag über genutzt werden können“, sagen die Architekten.

Pontus Björkmans Haus in der Nähe von Stockholm

Sichtachse ins Grüne: Die Portale sind mit Sandstein verkleidet.

Henrik Lundell

Christian und Ruxandra Halleroed arbeiteten hier mit einem bewussten Materialkontrast, der über reine Oberflächengestaltung hinausgeht: Beton, Holz, Naturstein und Marmor sind nicht Dekor, sondern strukturierende Elemente der Raumgestaltung. Die Farbpalette aus Off-White, Cognac-Holz, Burgunder und einzelnen Marmoreinsätzen verdichtet die von Naturmaterialien dominierte Atmosphäre. Darunter mischen sich Gerrit Rietvelds „Utrecht“-Sessel, Hans Wegners „Flag Halyard Chair“ und ein Glastisch von Warren Platner. Die Möbelklassiker verstärken den Dialog zwischen einer zeitlosen Formensprache und der Moderne.

An ausgewählten Stellen wurde zudem Kunst integriert, etwa im Hauptbadezimmer, wo durch einen steinernen Rahmen eine holzvertäfelte Wand sichtbar wird. So entstehen kuratierte Blickachsen, die den Alltag mit Kunstwerken aus Björkmans Sammlung verweben. Arbeiten von Wojciech Fangor oder Teresa Pagowska treten so in Dialog mit den Räumen und betonen die Gleichwertigkeit von Bausubstanz und künstlerischem Ausdruck.

Das Haus ist weniger Objekt als sozialer Organismus. Es verhandelt Öffentlichkeit und Privatheit, Offenheit und Intimität, Dauer und Veränderung. Die Architektur ist hier nicht Kulisse, sondern Medium für gesellschaftliches Leben, eine räumliche Infrastruktur, die Gemeinschaft ermöglicht, ohne aufdringlich zu dirigieren. Das heißt auch, dass Gäste, die zu Besuch kommen, gerne über Nacht bleiben dürfen.

Das ganze Haus entdecken

Pontus Björkmans Haus in der Nähe von Stockholm

Das Zentrum des Wohnzimmers bildet ein Kaminschacht aus rohem Beton. Wärme schenken auch die Holzbalken, die an der hohen Decke zu sehen sind.

Henrik Lundell
Pontus Björkmans Haus in der Nähe von Stockholm

Die Küche des Hauses beweist, dass sich Glas und Edelstahl bestens vertragen.

Henrik Lundell
Pontus Björkmans Haus in der Nähe von Stockholm

Kräftige Burgundertöne sorgen für farblichen Kontrast; die Einbauten sind allesamt maßgefertigt.

Henrik Lundell
Pontus Björkmans Haus in der Nähe von Stockholm

Die maßgefertigte Anrichte mit Griffunikaten verbindet Küche und Essbereich.

Henrik Lundell
Pontus Björkmans Haus in der Nähe von Stockholm

Eine verspiegelte Angelegenheit: Auf dem Quarzitboden im Badezimmer fallen die beiden Dalmatiner der Familie kaum auf.

Henrik Lundell