In Berlin hat J. Mayer H einen Altbau umgebaut, in dem Wellen- und Wolkenformen auf kräftige Farben treffen.
Jedes Zuhause bildet sein ganz eigenes, kleines Universum; ein aktuell verbreiteter Trend für das
Kolorit privater Sphären ist die hochoffizielle Farbe des Weltalls, nämlich „Cosmic Latte“ – ein Ton zwischen Eierschale und Elfenbein. Doch der Wohnkosmos hier, in Berlin-Charlottenburg, trägt nicht braves Beige, sondern ist ein Big Bang aus vielen Tönen. Beim Umbau, nein: Beim architektonischen Urknall, ausgelöst vom Büro J. Mayer H, verschwanden als Erstes sämtliche nicht tragenden Wände der Altbauwohnung. Dann tupfte der Architekt organisch geformte Wellen- und Wolkengebilde in die Kubatur – und flutete alles mit Farben.
Das Motto des Umbaus: Individuelle Form statt Norm
„Vom originalen Schnitt und von den Baudetails war nach vielen Eingriffen nur wenig erhalten“, erklärt Jürgen Mayer H. „Der neue gestalterische Rahmen entwickelte sich aus Elementen der historischen Fassade, etwa dem sanft geschwungenen Giebel. Die haben wir nach innen übertragen.“ Die Bauherren, ursprünglich aus Bayern, und ihre Familie kennt er schon fast 20 Jahre, es ist das vierte gemeinsame Projekt; vier Jahre dauerte der Dialog und seine handwerklich präzise Umsetzung. Auf rund 240 Quadratmetern entstand ein fließendes Kontinuum, „in dem pockets – einzelne abgeschlossene Kerne – Privatsphäre und Stauraum bieten“.
Organische Übergänge: So ist die Altbauwohnung aufgeteilt
Die großzügigen Bereiche für Kochen, Essen und Wohnen (vielleicht wäre Chillen treffender) laufen sanft ineinander. Alle Decken sind leicht abgehängt und als weicher Wellengang neu interpretiert, was ganz praktisch dem Schallschutz dient. Als Motiv findet sich diese Ondulation vertikal wieder in den gerundeten Esche-Stäben, die die Staurauminseln umkleiden, also ebenfalls praktische Funktionen erfüllen.
Gleich hinter dem Eingang geht es rechts in die Küche, deren knallgelb lackierte Zeile mit schwarzem Top an Le Corbusiers Klosterküche in La Tourette erinnert. Den zentralen, blattartig geformten Tisch mit seinen zwei Platten in hellen Grünnuancen umstehen warmrosa Hocker, die wie Pilze aus dem Boden zu wachsen scheinen; die gepolsterte Sitzecke geht nach Süden zur Straße hinaus. Sämtliche der digital-fluiden Möbel entwarf das Büro J. Mayer H. „Alles wirkt sehr warm, auch durch den lehmartigen Putz der monochromen Wände in den Wohnbereichen“, sagt der Gestalter.
Weiter geht es Richtung Esstisch, der aus gleich vier Puzzleplatten besteht. „Man kann sie verschieben für unterschiedlichste Situationen, von intim bis zur großen Dinnerrunde.“ Darüber breitet sich eine eigens beauftragte Lichtinstallation des Bildhauers Björn Dahlem aus, der sich bei seinen Arbeiten von kosmischen Phänomenen inspirieren lässt – aber natürlich nicht brav in Skyvory-Greige lackiert, sondern flamboyant farbig. Arbeiten der US-Künstler:innen John Baldessari und Caroline Kent stammen aus der Sammlung des Eigentümerpaars.
Das knallt! Möbel in Buntstiftfarben im Sci-Fi-Stil
Vorbei geht es an der Maxibar mit roten, flügelartigen Türen („Die Bauherren wollten eine Minibar, nun ist sie maxi geworden!“) ins Living. Ein originales Fragment, der Gewölbebogen, wurde denkmalgerecht saniert, darunter stehen Loungemöbel wie das knuffige 70s-Ceriotti-Sofa aus Italien, erworben bei der Vintage-Institution Jochum Rodgers. „Eine blaue Welle mit mobilen Elementen“ dient als Sitzlandschaft; alles zusammen ist very instagrammable. Das Wandteppich-Porträt des Südafrikaners William Kentridge scheint gelassen zu beobachten, was hier geschieht.
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