Zauberhafte Renovierung: Dieses Reetdachhaus im Herzen der grünen Normandie erhielt ein Makeover im romantischen Cottage-Stil.
Nein, dieses romantische Häuschen ist nicht die Kulisse eines Fantasyfilms – doch auch die Innenarchitekten Joy de l’Hermite hatte gleich „das Gefühl, sich im Haus von Schneewittchen und den sieben Zwergen zu befinden“. Das charmante Reetdachhaus liegt in der Normandie, im Nordwesten Frankreichs, und ist umgeben von jeder Menge Grün – ein einladender Ort, der nur darauf zu warten schien, mit einem warmen und behaglichen Interieur gefüllt zu werden. Engagiert wurde Joy de l’Hermite von einer Familie in Paris, die sich hier ihren erträumten Zweitwohnsitz aufbauen wollte. „Sie haben mich kontaktiert, weil sie nach diesem angelsächsischen Stil suchten, der in meinen Projekten oft zum Einsatz kommt“, erklärt die Interiordesignerin und Gründerin des Pariser Architekturbüros Studio JLH. „Und dieser märchenhafte Kontext bot die perfekte Gelegenheit, um diesen Stil auszuleben, denn alle typischen Merkmale waren vorhanden: die Nähe der Normandie zu England, das Reetdach, der bewaldete Park …“
Internationale Inspirationen und eine große Vorliebe für angelsächsische Elemente
2017 ging Joy de l’Hermite nach São Paulo, um dort mit dem renommierten brasilianischen Estudio Campana – geführt von dem Designer-Duo Fernando und Humberto Campana – zusammenzuarbeiten. Dort lernte sie, mit Texturen umzugehen und spielerisch mit der Grenze zwischen Innen und Außen umzugehen. „Mein Vorbild ist die Casa de Vidro von Lina Bo Bardi“, erklärt de l’Hermite, „ein Glashaus auf einer Teeplantage, das den Eindruck vermittelt, es sei in Schnee eingebettet.“ Die Erfahrungen in Brasilien wurden von einem Aufenthalt in New York bei dem renommierten Designer Adam Tihany ergänzt, der ihr die dortige Kunst des visuellen und sensorischen Komforts näherbrachte. Dazu zählt die Sanftheit des Lichts, die Bedeutung von Pflanzen in der Einrichtung, die Wärme von Materialien ... „Ich habe den angelsächsischen Stil schon immer geliebt“, schwärmt die Pariserin, „die Muster, die Farben, die Gegensätze.“ Aus der Vielfalt an Einflüssen, die der Innenarchitektin im Laufe der Zeit begegnet waren, braute sie schließlich einen „Zaubertrank“, der geeignet schien, dieses ausdrucksstarke Projekt umzusetzen.
Keine Kompromisse zwischen Stil und Funktionalität
Wie man es bei einem alten Gebäude dieser Art erwarten konnte, „war es zu Beginn ziemlich stark unterteilt und dunkel, man konnte kaum etwas erkennen“, erzählt Joy de l’Hermite, die bei der Planung des Projekts ganz von vorne anfangen musste. Dabei verfügt das Haus eigentlich über viele Öffnungen nach außen, was großartige Gestaltungsmöglichkeiten bot. Das Dachgebälk machte es außerdem möglich, die Zwischendecken im Obergeschoss zu entfernen, um eine kathedralenartig luftige Raumhöhe zu erhalten.
Der britische Stil als roter Faden
Für die Innenarchitektin war es wichtig, „keine Kompromisse zwischen Stil und Funktionalität zu machen. Das Haus wurde so konzipiert, dass es im Alltag komfortabel ist und alles reibungslos funktioniert; unser Ansatz fokussierte sich auf Atmosphäre und Raumwirkung.“ Die Gestaltung wurde deshalb von einem klaren roten Faden geleitet: dem britischen Einrichtungsstil, die sich vor allem durch starke Muster und einen lebendigen Dialog zwischen den Materialien auszeichnet. Ein Mix aus Leinen, Baumwolle, maßgefertigten Schreinerarbeiten und ausdrucksstarken Wanddekorationen gibt jedem Raum die richtige Tiefe. „Ich liebe es, wenn Tapeten eine Geschichte erzählen, das Ambiente prägen und den Ton angeben, und zwar ohne sich dabei irgendwie aufzudrängen. Wenn man einen Raum betritt, nimmt einen das jeweilige Szenario sofort in sich auf.“
Der Eingangsbereich, der einen freien Blick auf das Wohnzimmer bietet, hat sich von einem „Flur, in dem absolut nichts passierte“ in einen echten Wohnraum mit einer großen, maßgefertigten Bibliothek verwandelt. Um den britisch inspirierten Landhaus-Stil noch weiter zu spinnen, wurden außerdem ein Potting Room (ein Raum für Gartenarbeiten) sowie ein Mud Room (ein kleiner Vorraum, in dem man sich umziehen und säubern kann, bevor man das Haus betritt) eingerichtet.
Britischer Cottage-Stil
Über die architektonische Raumgestaltung hinaus prägte Joy de l’Hermite das Projekt auch durch eine sorgfältig kuratierte Möbel- und Dekor-Auswahl. „Neben der Gestaltung der Innenarchitektur ging es natürlich auch darum, die Räume zum Leben zu erwecken, um dem Ort eine Seele zu verleihen.“ Viele Möbel sind Fundstücke von Floh- und Antikmärkten – so zum Beispiel die Windsor-Stühle aus England, die den Bauerntisch säumen, die Leuchten aus den 1950er-Jahren, das Tafelservice von Bernardaud, die alten britischen Drucke, die antiken Bücher oder die historischen Kamine. Der lebendige Look, der durch und durch jenseits des Ärmelkanals angesiedelt ist, umfasst auch eine charmante Küche, die sich durch einen starken Farbkontrast auszeichnet: Wände in Hellrosa treffen auf glänzende schwarze Schrankfronten und schimmernde Messing-Armaturen. Die Kinderzimmer unter dem strohgedeckten Dach wurden, inklusive der Dachschrägen, mit verspielten Tapeten mit Blumen- oder Vogelmotiven verkleidet. Um den britischen Cottage-Style noch mehr hervorzuheben, wurde im Hauptschlafzimmer eine Badewanne mit Klauenfüßen am Ende des Bettes platziert.
Das Reetdachhaus verfügt auch über ein kleines Nebengebäude für Gäste, das als Tiny House konzipiert und in demselben Stil wie das Hauptgebäude gestaltet ist. Das Häuschen umfasst ein Doppelzimmer und ein Bad; in beiden Räumen wurde der Platz optimal ausgenutzt. Das Highlight des Anwesens ist jedoch der vollständig umgestaltete Garten, in dem sich nun ein Swimmingpool sowie ein kleiner Sitzbereich befinden, der aus einem früheren Innenhof heraus entstanden ist. Hier kann man sich von der märchenhaften Atmosphäre verzaubern und sich vom Charme des traditionellen Reetdachhauses in den Bann ziehen lassen. Erinnert das Cottage von außen nicht ein wenig an die Gemälde des britischen Malers David Hockney, der sich in der Normandie niedergelassen hat und sich täglich von der idyllischen Umgebung inspirieren lässt?
Zuerst erschienen bei AD France.



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