Kulturtipps im September 2025: Diese Ausstellungen und Events sollten Sie sich vormerken.
Der südafrikanische Ausnahmekünstler William Kentridge, der Ende der 1990er-Jahre mit animierten Kohlezeichnungen international Aufsehen erregte, bekannte kürzlich gegenüber dem Magazin Monopol: „Ich bin ein Workaholic.“ Wohin den heute 70-Jährigen seine Disziplin und unermüdliche Arbeitsmoral getragen haben, ist ab Anfang September gleich an zwei Orten in Deutschland zu erleben: in Dresden und Essen. Doch die Kentridge-Doppelausstellung (Tipp 5) ist nur eines von vielen Highlights, mit denen der Kunstherbst 2025 eingeläutet wird.
Wichtige Ausstellungen und Events im September
Von Dresden und Essen über Berlin sowie Potsdam bis hin nach Remagen: Hier kommen die AD-Kulturtipps für September 2025 – lassen Sie sich inspirieren!
1964 kauften Helmut Newton und seine Frau June ein kleines Haus im schönen Örtchen Ramatuelle an der Côte d’Azur. Sie nutzten es als Feriendomizil. Knapp 20 Jahre später, 1981, siedelte das Paar endgültig von seinem damaligen Wohnsitz Paris an die französische Mittelmeerküste – und ließ sich in einem Appartementhaus in Monaco nieder. „I like the sun and there’s none left in Paris“, soll der berühmte Modefotograf damals gesagt haben. Er kannte jeden Winkel von Paris und sehnte sich nach neuer Inspiration. Eine Ausstellung in der Helmut Newton Foundation in Berlin zeigt vom 5. September 2025 bis zum 15. Februar 2026 Newtons ikonische Riviera-Fotografien. Er inszenierte Fashion-Strecken am Strand von Saint-Tropez, in Hotels, Yachten oder auf den Baustellen von Monaco, lichtete leicht bekleidete Schönheiten an sonnenverwöhnten Swimmingpools ab, schuf legendäre Porträts von Prominenten wie Isabelle Huppert, David Bowie, Monica Bellucci und hielt das Ballett-Ensemble von Monte-Carlo fest. Newton, einer der einflussreichsten Fotografen aller Zeiten, verband in seiner Arbeite sinnliche, manchmal provokante Erotik mit Eleganz, Glamour und einer Prise Humor. Die Ausstellung „Newton, Riviera“ lädt ein, in die Ferne und in ferne Zeiten zu schweifen – ans Mittelmeer ebenso wie in die Ära schillernder Mode- und Leinwandikonen.
Helmut Newton Foundation, „Newton, Riviera“, Berlin, 5. September 2025 bis zum 15. Februar 2026
Kaum eine Ausstellung könnte so zeitgemäß sein: Während queere Lebensentwürfe an vielen Orten rund um den Globus bis heute Diskriminierung und Ausgrenzung ausgesetzt sind, richtet das K20 in Düsseldorf den Blick zurück auf die reiche Tradition queerer Kultur in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts – und zeigt ihren großen Beitrag zur Moderne. Es ist die erste Schau dieser Art in Europa! „Queere Moderne. 1900 bis 1950“, zu sehen vom 27. September 2025 bis zum 15. Februar 2026, stellt hochaktuelle Fragen nach Identität, Sichtbarkeit, Freiheit und Widerstand. Die Ausstellung zeige, so Susanne Gaensheimer, Direktorin der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, „ein künstlerisch fruchtbares und dichtes internationales Netzwerk von queeren Künstler:innen, das sich Anfang des letzten Jahrhunderts in verschiedenen Metropolen in Europa und den USA auszubilden begann“. Präsentiert werden rund 130 Werke jenseits des Kanons der Kunstgeschichte – Gemälde, Zeichnungen, Skulpturen, Literatur, Film, Fotografien. Die Arbeiten thematisieren mythologisch verschlüsselte homoerotische Szenen, zeigen surrealistisch inszenierte Androgynie sowie das Wirken queerer Künstler:innen im Widerstand gegen den Faschismus. Zu sehen sind Werke von Claude Cahun, Lotte Laserstein, Jean Cocteau, Hannah Höch oder Nils Dardel.
K20, „Queere Moderne. 1900 bis 1950“, Düsseldorf, 27. September 2025 bis zum 15. Februar 2026
Der Kunstbetrieb neigt zuweilen zur Monokultur: viele ähnliche Schauen von oft denselben Künstler:innen. Erfrischend ungewöhnlich ist da das Thema einer Ausstellung, die vom 6. September 2025 bis zum 8. Februar 2026 im Kunsthaus Das Minsk in Potsdam zu sehen ist. Kunstkritiker und Gastkurator Kito Nedo widmet sich darin der Frage, wie DDR-Plattenbauten in Malerei, Fotografie, Film oder Installationen dargestellt werden. Zu sehen sind in „Wohnkomplex. Kunst und Leben im Plattenbau“ rund 50 Arbeiten aus den 1970er-Jahren bis in die Gegenwart. Mal erscheint die Platte als vertrautes Zuhause, mal als Symbol für Ideologien und deren Brüchigkeit. Zugleich dokumentieren die Arbeiten, wie die Bewohnenden in den uniformen Großwohnsiedlungen Individualität schufen – etwa durch die liebevolle Gestaltung ihrer Balkone. „Man könne nur staunen über ‚die Fantasie und den Mut der Mieter‘, kommentierte seinerzeit der Architektursoziologe Bruno Flierl die vielfältigen ästhetischen Balkon-Aneignungen, so Kito Nedo im Begleitheft der Schau. „Flierl plädierte dafür, das Phänomen nicht zu belächeln, sondern als eine subjektive Form der Architekturkritik ernst zu nehmen.“ Besonders reizvoll an der Potsdamer Schau: Sie verfolgt die Geschichte der sozialistischen Einheitssiedlungen über den Mauerfall hinaus – als sie zum Sinnbild für „sozialen Niedergang und rassistische Gewalt“ wurden und allmählich verwaisten.
Kunsthaus Das Minsk, „Wohnkomplex. Kunst und Leben im Plattenbau“, Potsdam, 6. September 2025 bis zum 8. Februar 2026
Paris in den 1930er-Jahren: pulsierendes Zentrum der Avantgarde und Geburtsort einer Bewegung, deren Mitglieder Kunstgeschichte schrieben. Unter dem Titel „Netzwerk Paris. Abstraction-Création 1931–1937“ widmet sich das Arp Museum Bahnhof Rolandseck in Remagen bis 11. Januar 2026 erstmals seit Jahrzehnten der internationalen Künstlervereinigung „Abstraction-Création“. Ihr gehörten zeitweise mehr als 90 Mitglieder aus fast 20 Ländern an – mit dem gemeinsamen Ziel, der abstrakten Kunst Sichtbarkeit zu verschaffen, sie zu vernetzen und ihr überhaupt erst einen breiten Markt zu eröffnen. Als der Faschismus in Europa an Einfluss gewann und Kunst zunehmend vereinnahmt wurde, formierte sich „Abstraction-Création“ als entschiedener Gegenentwurf: Die Gruppe stand für Freiheit, Vielfalt und künstlerische Unabhängigkeit. Ihr Credo: „Jeder Versuch, künstlerische Bestrebungen nach Kriterien von Ethnie, Ideologie oder Nationalität einzuschränken, ist abscheulich.“ Rund 70 Werke von Größen wie Piet Mondrian, Hans Arp, Sophie Taeuber-Arp, Alexander Calder oder Barbara Hepworth sind in Remagen zu sehen. Doch die Ausstellung zeigt nicht nur Ikonen der Abstraktion, sondern auch Bezüge zur Gegenwart: Zeitgenössische Positionen von Daniel Buren, Angela Bulloch oder Imi Knoebel treten in einen Dialog mit den historischen Arbeiten. Wer den Ausflug in die Abstraktion vertiefen möchte: Eine Retrospektive im Lenbachhaus in München widmet sich noch bis Mitte Oktober dem französischen Maler Auguste Herbin – einem Gründungsmitglied von „Abstraction-Création“.
Das Arp Museum Bahnhof Rolandseck, „Abstraction-Création“, Remagen, bis 11. Januar 2026
Fünfmal Venedig-Biennale, dreimal documenta in Kassel: William Kentridge ist ein Weltstar der Kunst. Bekannt für seine Auseinandersetzung mit Apartheid, Unterdrückung und Ausgrenzung, feiert er in diesem Jahr seinen 70. Geburtstag – Anlass für ein großes Gemeinschaftsprojekt zwischen den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden und dem Museum Folkwang in Essen. Unter dem Titel „Listen to the Echo“ eröffnen Anfang September gleich vier Ausstellungen, die jeweils unterschiedliche Facetten seines Schaffens beleuchten. In Dresden zeigt das Albertinum unter anderem das spektakuläre Video-Panorama „More Sweety Play The Dance“. Die Prozession aus animierten Schattenfiguren wird Vorzeichnungen für den berühmten „Fürstenzug“ entgegengestellt, ein 102 Meter langes Wandbild auf Meissner Kacheln, das die sächsische Herrscherdynastie verherrlicht. Das Kupferstichkabinett stellt Kentridges Holzschnitte und Radierungen Werken von Goya oder Mantegna gegenüber, während die Puppensammlung klassische Figurenspielkunst mit dem künstlerischen Kosmos des Südafrikaners verbindet. Im Museum Folkwang in Essen schließlich spannt eine große Retrospektive den Bogen von den späten 1970er-Jahren bis heute. Gezeigt werden Filme, multimediale Projekte, Zeichnungen, Druckgrafik, Skulpturen und Tapisserien – kurz, die ganze Bandbreite von Kentridges unermüdlichem Schaffen.
Staatlichen Kunstsammlungen Dresden und dem Museum Folkwang in Essen, „Listen to the Echo“, 28. Juni 2026
2024 war auf dem Dach des Metropolitan Museum of Art in New York ein Kunstwerk von großer Eindringlichkeit zu sehen: Der in Berlin lebende Künstler Petrit Halilaj, geboren 1986 im Kosovo, hatte Tausende Kinderzeichnungen von Schultischen aus der Balkanregion abfotografiert – und einige davon in Metallskulpturen verwandelt, die er auf dem Dach des Museums verteilte (zu sehen auf dem Titelbild dieser Tipps). Vor der New Yorker Skyline waren also nicht bloß überdimensionierte Kritzeleien zu sehen. Die Skulpturen spiegelten vielmehr Ängste und Wünsche junger Menschen aus einer von Gewalt überschatteten Region. „Meine Arbeit hier am Met ist all den Kindern gewidmet, deren Leben durch Kriege unterbrochen und zutiefst gezeichnet wurden. Ich hoffe, ihre Träume tragen uns in eine bessere Zukunft“, erklärte Halilaj damals. Er selbst floh während des Kosovo-Kriegs mit seiner Familie nach Albanien; Halt fand er damals im Zeichnen. Der Hamburger Bahnhof – Nationalgalerie der Gegenwart richtet anlässlich der Berlin Art Week nun Halilajs bislang größte institutionelle Einzelausstellung aus. Im Zentrum der Schau „Petrit Halilaj. An Opera Out of Time“ ( 11. September 2025 bis 31. Mai 2026) steht Halilajs opernähnliche Arbeit „Syrigana“, die eine epische Liebesgeschichte zwischen zwei Figuren mit Namen Fuchs und Hahn erzählt und in Zusammenarbeit mit der Kosovo-Philharmonie entstand. Das Orchester brachte das Werk jüngst in Syrigana, einem 3000 Jahre alten Dorf unweit von Halilajs Heimatort, zur Uraufführung. Im Hamburger Bahnhof werden Teile der Oper zu einer ortsspezifischen Installation zusammengefügt, ergänzt durch weitere Arbeiten aus dem so poetischen Œuvre des Künstlers.
Hamburger Bahnhof – Nationalgalerie der Gegenwart, „Petrit Halilaj. An Opera Out of Time“, Berlin, 11. September 2025 bis 31. Mai 2026













