Kulturtipps im Oktober 2025: Diese Ausstellungen und Events sollten Sie sich vormerken.
2018 erschien eine sehr schöne Dokumentation mit dem Titel „Kusama. Infinity“. Sie erzählt nicht nur von Leben und Werk der japanischen Künstlerin Yayoi Kusama, sondern auch eindrucksvoll davon, wie schwer sie es lange im männerdominierten Kunstbetrieb hatte. Heute sind insbesondere ihre gepunkteten Werke weltweit präsent und erzielen auf internationalen Auktionen Höchstpreise. Wie facettenreich Kusamas Werk tatsächlich ist, lässt sich ab Mitte Oktober in einer vielversprechenden Retrospektive in Basel erleben.
Durchsetzen mussten sich in einer patriarchal geprägten Kunstwelt auch manch andere Frauen, um die es in diesen Tipps geht. Hélène de Beauvoir zum Beispiel, die malende Schwester von Feminismus-Ikone Simone. Oder die vielen jüdisch-deutschen Gestalterinnen, die das Jüdische Museum in Berlin jüngst dem Vergessen entrissen hat.
Wichtige Ausstellungen und Events im September, die Sie auf dem Schirm haben sollten
Von Wien und Basel über München bis nach Rüsselsheim und Berlin – hier sind die AD-Kulturtipps für Oktober 2025. Lassen Sie sich inspirieren!
Früher waren es Burgen, Schlösser, Regierungssitze, heute sind sie die wahren Orte der Macht: Gigantische Rechenzentren. Die Ausstellung „City in the Cloud. Data on the Ground“, ab dem 16. Oktober 2025 zu sehen im Architekturmuseum der Technischen Universität München, setzt sich kritisch mit den weltweiten Infrastrukturen von Datenverarbeitung auseinander. Denn um all die Informationen, die wir täglich konsumieren und produzieren, zu speichern, braucht es keine immateriellen Wolken (wie der Begriff „Cloud“ suggeriert), sondern gewaltige Serverfarmen. Für die meisten Menschen bleiben sie, trotz ihrer enormen räumlichen Dimensionen, bislang weitgehend unsichtbar – weil sie an abgelegenen Orten entstehen und weil sie einer Gebäudetypologie folgen, die auf Unscheinbarkeit setzt. In Wahrheit haben diese vermeintlich neutralen Orte jedoch weitreichende Auswirkungen. Sie prägen Landschaften und Gesellschaften, wirken auf Regionen, aus denen sie Rohstoffe wie Energie beziehen und hinterlassen Spuren auch dort, wo ihr Abfall entsorgt wird. Die Ausstellung beleuchtet unterschiedliche Aspekte: die Inanspruchnahme von Natur, architektonische Praktiken, Smart Cities, Rohstoffabbau sowie Herausforderungen rund um das kulturelle Erbe. Und sie fragt: Welche Wege gibt es, den Ausbau von Daten-Infrastrukturen mit einer gerechten und demokratischen, nicht rein profitorientierten Entwicklung in Einklang zu bringen?
Architekturmuseum der TUM in der Pinakothek der Moderne, München, „City in the Cloud. Data on the Ground“, 16. Oktober 2025 bis 8. März 2026
Im Jahr 1966 reiste die Japanerin Yayoi Kusama zur Biennale nach Venedig. Offiziell eingeladen hatte sie niemand. Dennoch präsentierte sie ihr Werk „Narcissus Garden“: ein Feld aus 1.500 verspiegelten Kugeln, daneben ein Schild mit der Aufschrift: „Kaufen Sie Ihren Narzissmus“. Für zwei Dollar konnten Passanten eine der Kugeln erwerben, doch schnell wurde die Aktion untersagt, Kunst konnte schließlich nicht einfach verkauft werden wie eine Tüte Eis. Knapp drei Jahrzehnte später kehrte Kusama auf die Biennale zurück – diesmal mit dem offiziellen Auftrag, den japanischen Pavillon zu gestalten. Heute, mit 96 Jahren, ist sie ein Star der internationalen Gegenwartskunst. Ab dem 12. Oktober 2025 ehrt die Fondation Beyeler in Riehen bei Basel Yayoi Kusama mit einer Retrospektive. Die Blockbuster-Schau versammelt 300 Werke und gibt einen umfassenden Einblick in sieben Jahrzehnte eines außergewöhnlichen Schaffens; von einer Frau, die lange um Anerkennung ringen musste. In der Popkultur gefeiert wird Kusama heute vor allem für ihre charakteristischen Punktmuster. Doch ihr Werk geht weit über dieses Motiv hinaus und ihre künstlerische Bandbreite reicht von Malerei, Skulptur und Collage über Performance, Rauminstallationen, Happening bis hin zu Mode und Literatur. Highlights der Schau sind frühe Gemälde und Arbeiten auf Papier, ikonische und neue Spiegelräume sowie die auf der Biennale gezeigte Installation „Narcissus Garden“. In Basel allerdings werden die silbernen Kugeln auf dem Teich vor Renzo Pianos Museumsbau schwimmen.
Fondation Beyeler, Riehen/Basel, „Yayoi Kusama“, 12. Oktober 2025 bis 25. Januar 2026
Diese Ausstellung ist ein echtes Highlight für alle Fashion-Liebhaber:innen. Das Vitra Design Museum in Weil am Rhein untersucht ab dem 18. Oktober 2025 Modenschauen als vielschichtige Gesamtkunstwerke. Im Fokus steht das Zusammenspiel von Architektur, Design, Kunst, Musik, Bühnenbild und Performance – und zugleich, wie Laufsteg-Inszenierungen seit jeher gesellschaftliche Werte und Visionen spiegeln. Die Schau mit dem Titel „Catwalk: The Art of the Fashion Show“ spannt den Bogen von den ersten Präsentationen um 1900 über die spektakulären Inszenierungen der Supermodel-Ära in den 1990er-Jahren bis hin zu innovativen Runways der Gegenwart. Gezeigt werden ikonische Beiträge von Modehäusern wie Chanel, Dior, Prada oder Louis Vuitton. Damit ermöglicht die Ausstellung einen Blick auf über hundert Jahre Modegeschichte und präsentiert zugleich ein Stück Kultur- und Zeitgeschichte, die in den Präsentationen stets verwoben ist. Der Katalog übrigens ist ein hervorragendes Nachschlagewerk und ein guter Tipp für alle, die schon auf der Suche nach dem passenden Weihnachtsgeschenk sind. Statt komplexen wissenschaftlichen Begleittexten bietet er ein gut verständliches A–Z der Modenschau: von Catwalk und Cruise Collection über Seating, Set Design, Fitting und Front Row bis hin zu Social Media und Street Style.
Vitra Design Museum, Weil am Rhein, „Catwalk: The Art of the Fashion Show“, 18. Oktober 2025 bis 15. Februar 2026
Was verbindet die künstlerische Moderne mit dem Mittelalter? Zunächst würde man wohl meinen: nicht viel. Eine Ausstellung in der Albertina in Wien zeigt nun jedoch verblüffende Parallelen. Ralph Gleis, Generaldirektor des Museums und Kurator der Ausstellung „Gothic Modern“, stellt Werke von Edvard Munch, Max Beckmann, Vincent Van Gogh oder Käthe Kollwitz solchen von Holbein, Dürer, Cranach oder Hans Baldung Grien gegenüber – mit erstaunlichen Ergebnissen. „Die Moderne wird zumeist als radikaler Neubeginn und als Bruch mit der Tradition verstanden“, so Gleis. Tatsächlich aber bezogen sich die Künstler*innen der Moderne durchaus auf historische Vorbilder, allerdings auf solche, „die vor die akademische Tradition zurückreichen, nämlich auf Werke des Mittelalters beziehungsweise der Gotik.“ Dort fanden sie zum einen Themen, die sie selbst bewegten: Liebe und Begehren, Tod und Verlust, Glaube und Zweifel. Zum anderen übten künstlerische Medien wie Holzschnitt, Buchkunst, Glasfenster, Tapisserie eine besondere Faszination auf Symbolisten oder Expressionisten aus – sie wurden wiederentdeckt und in die eigene Arbeit integriert. Die Ausstellung basiert auf einem gemeinsamen Forschungsprojekt von ALBERTINA, Ateneum Art Museum in Helsinki sowie dem Nationalmuseum Oslo und zeigt auch spannende Werke heute wenig bekannter Künstler*innen – etwa der österreichisch-britischen Malerin Marianne Stokes (unten).
ALBERTINA, Wien, „Gothic Modern“, 19. September 2025 bis 11. Januar 2026
„Nun, wenn man ein geschickter Handwerker ist und ein gewisses Talent hat, kann man es schaffen. Aber wenn du nur ein geschickter Handwerker bist und kein kreatives Talent hast (…), dann kannst du es (…) nicht mehr schaffen, weil es keinen Bedarf dafür gibt.“ So erzählte es Marguerite Friedländer-Wildenhain in einem Interview. Sie selbst hatte Talent, war begabte Absolventin des Bauhauses und wurde 1926 Deutschlands erste Töpfermeisterin. Friedländer-Wildenhain gehört zu jenen mehr als 60 weitgehend unbekannten deutsch-jüdischen Designerinnen der Moderne, die das Jüdische Museum Berlin bis zum 23. November in einer Ausstellung vorstellt. Die Schau erzählt nicht nur von Leben und Werk der Frauen, sondern auch davon, wie sie sich gegen gesellschaftliche Widerstände behaupteten, für Wandel und Sichtbarkeit stark machten, den Boden für kommende Generationen bereiteten. Ihrer aller Karrieren wurden durch die Nazis beendet, viele der Frauen ermordet, etwa die hochtalentierten Bauhaus-Schülerinnen Otti Berger oder Friedl Dicker. Marguerite Friedländer-Wildenhain gelang 1940 die Flucht in die USA, wo sie als Lehrerin den Aufstieg einer neuen Generation amerikanischer Keramiker:innen begleitete. „Unsere Hoffnung ist, dass dieses Projekt das Publikum dafür gewinnen kann, diese verlorene Generation jüdischer Designerinnen neu zu entdecken“, so Kuratorin Michal S. Friedlander. Damit „diesen Frauen ihren verdienten Platz im kollektiven kulturellen Gedächtnis“ erhalten.
Jüdisches Museum, Berlin, „Widerstände. Jüdische Designerinnen der Moderne“, 11. Juli 2025 bis 23. November 2025
1936 zeigte die damals 26-jährige Hélène de Beauvoir ihre erste Ausstellung in der Pariser Galerie Jacques Bonjean. Dort stellten auch Größen wie Salvador Dalí, Georges Braque und Picasso aus. Letzterer würdigte Hélènes Arbeiten und nannte sie „originell“, Hélènes Schwester Simone wiederum notierte: „Die Vernissage war gut besucht, und die Kritik äußerte sich sehr lobend“. Die Opelvillen in Rüsselsheim widmen Hélène de Beauvoir, der 1910 geborenen jüngeren Schwester der großen Intellektuellen Simone de Beauvoir, nun erstmals in Deutschland eine Museumsschau. Nach 1945 waren Hélènes Werke in Tokio, Mailand, Paris oder Brüssel zu sehen und gelangten in bedeutende Museumssammlungen. Doch spätestens Ende der 1990er-Jahre geriet sie in Vergessenheit. Dabei war Hélène nicht nur eine talentierte Malerin, sondern leistete auch einen wichtigen Beitrag zur feministischen Kunst des 20. Jahrhunderts. Ihre Malerei zeigt den weiblichen Körper sowohl als Objekt von Ausbeutung und Gewalt als auch als Symbol für Selbstbestimmung und Befreiung. Jean-Paul Sartre, der langjährige Gefährte von Simone de Beauvoir, schrieb 1967: „Das Œuvre, das Hélène de Beauvoir uns heute zeigt, ist das Ergebnis einer langen Suche.“ Damit würdigte er die konsequente Entwicklung ihrer Malerei, die sich zwischen Figuration und Abstraktion bewegt, und die nun in Rüsselsheim nach akribischer Recherche und anhand von rund 180 Exponaten zu entdecken ist.
Kunst- und Kulturstiftung Opelvillen Rüsselsheim, „Hélène de Beauvoir. Mit anderen Augen sehen“, 28. September 2025 bis 8. Februar 2026






















