Dieses Münchner Haus war einst ein Bildhaueratelier und heute ist das kreative Zuhause eine sich auf vier Stockwerke erstreckende Kunst- und Design-Wunderkammer.
Am Ende eines langen Abends leuchtet bernsteinfarbenes Licht hinaus in die Nacht. Es dringt aus den Fenstern eines wahrhaft großen Hauses. In zwei Tagen ist Vollmond – und hinter uns liegt eine Tour d’Horizon epischen Ausmaßes. Wir wurden geführt durch eine Welt der Wunder. Was Architektur doch alles vermag: Sie kann für Menschen, die viel erlebt haben, das persönliche Shangri-La sein. Sie kann Sehnsüchte wecken, um sie schon im nächsten Augenblick zu erfüllen. Architektur kann denen, die ihr begegnen, tiefe Zufriedenheit schenken.
Das Haus, das nie vergessen wurde
Aber das tut sie nicht von allein. Sie braucht Menschen, die alles für sie geben, besonders Zeit und
Aufmerksamkeit. Und die dafür ein Talent besitzen, das weit über dem Durchschnitt liegt. Der Eigentümer kannte dieses Haus schon aus seinen Studientagen, er wohnte damals in der Nähe und kam beim Spazierengehen regelmäßig hier vorbei. Etwas daran zog ihn an, obwohl er sich nicht vorstellen konnte, es jemals zu besitzen. Aber die Idee, Architekt zu werden, war ihm nicht fremd. Und als er dann, zwei Promotionen und etliche Berufswechsel später, durch ein paar glückliche Zufälle doch in die Lage kam, es zu erwerben, überlegte er nur kurz und kaufte es.
Die Reise, die nun begann, sollte sechs Jahre dauern. „Das Haus befand sich eigentlich in einem recht guten Zustand“, sagt der Besitzer, „es war Anfang des 20. Jahrhunderts sehr solide gebaut worden.“ Aber es gab auch Veränderungen, seit Georg Busch, ein seinerzeit erfolgreicher Bildhauer, den heute niemand mehr kennt, es als Atelierhaus nutzte. Zwischendecken waren eingezogen worden, man hatte große Zimmer in viele kleine verwandelt, Türen zugemauert, Wände eingerissen. Der an eine Kathedrale erinnernde Saal unter dem Dach – der spektakuläre Höhepunkt dieses völlig neu gedachten, alten Architekturensembles – diente den Nachfahren des Bildhauers ganz profan dazu, die Wäsche zu trocknen.
Bei der Sanierung sollte sich der Hausbesitzer sowohl ästhetisch als auch handwerklich beweisen
Da es der Eigentümer gewohnt ist, Dinge anzupacken („Alles, was nicht in 24 Stunden auf den Weg gebracht ist, wird ein Problem“), fing er 2018 damit an, „das Haus wieder zu dem zu machen, was es einmal war. Ihm seine Schönheit zurückzugeben.“ Als Erstes ließ er die Zwischendecke in Georg Buschs Atelier herausreißen – „das war ein Fehler“. Ein solches Projekt könne man nicht einfach irgendwo irgendwie beginnen, das weiß er heute: „Man braucht einen Plan, sonst wird es chaotisch – und teuer.“ Am Ende hatte er 60 Tonnen Schutt abtransportiert. Dabei lernte er das Haus kennen, drehte praktisch jeden Stein um. Und hatte das Glück, mit hervorragenden Handwerkerinnen und Handwerkern zusammenzuarbeiten, die sein Anliegen zu ihrem machten. Natürlich hatte sich in der Zwischenzeit der Denkmalschutz eingeschaltet, doch auch bei diesen Diskussionen verlor er nie den Faden. Das ästhetische Konzept entwickelte er selbst.
Reduce to the max
Er, der sich an dem blühenden Magnolienbaum im Garten nebenan so freuen kann, als sei er selbst dieser Baum, entschied sich für ein ausgesprochen aufwändiges „Reduce to the max“-Programm. Zum Beispiel gibt es in dem Haus, das so groß ist, dass Quadratmeterangaben ihre Aussagekraft verlieren, keinen Aufzug, aber an die 300 Fensterflügel: „Ein Mann hat zwei Jahre lang nichts anderes getan, als sie abzuschleifen, damit sie neu gestrichen werden können“, erinnert sich der Eigentümer.
Hinter mächtigen Bauplanen verborgen, hatte Georg Buschs einstiges Atelierhaus mit der Zeit die Neugier der Nachbarschaft geweckt. Immer verrücktere Theorien machten die Runde. „Einmal war ich ein russischer Oligarch, der sich hier einen Marmorpalast baut, ein andermal ein Schönheitschirurg aus Mailand“, amüsiert sich der Besitzer. Wenigstens stimmte das mit dem Chirurgen – ein bisschen. Nachdem er in der Schule immer Schwierigkeiten hatte und mit 18 noch keine Mittlere Reife besaß, legte er los – erkannt, gefördert und gefordert von einem Münchner Gymnasialdirektor. Er machte ein sehr gutes Abitur, wurde Arzt und arbeitete ein paar Jahre im Ausland in der Neurochirurgie. Dann ging er in die Wirtschaft, alles in allem ein typisches Hochbegabten-Schicksal.
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