Ferienhaus in Kapstadt: „The Liminal“ zeigt Cape Town von seiner schönsten Seite

Die Hänge von Kapstadt bergen einige Überraschungen. Dieses 350-Quadratmeter-Haus der Moderne ist eine der schönsten. Man kann es sogar mieten!
Ferienhaus in Kapstadt mit Blick auf den Pool

Mit dem „The Liminal“ steht ein modernistisches Meisterstück ins Kapstadt.

Viel ist über den Archi­tekten L. Brock­hoven nicht bekannt. Nicht einmal, wie er mit Vor­namen hieß. „Das tut mir fast schon leid“, sagt der Eigen­tü­mer dieses waschechten Brock­hoven-Hauses in Camps Bay, einem der besseren Vororte Kapstadts. „Denn hier hat er wirklich etwas Außerordent­liches erschaffen.“ Wer sich umschaut, hat daran keinen Zweifel. Auf 350 Quadratmetern breitet sich der Cape-Modern-Stil in Reinform aus: klare Linien, flaches Dach – eine Architektur des lässigen Gleichge­wichts, die die Linien des Horizonts zum Maßstab nimmt und mit breiten Fensterfronten das gute Leben aufs Angenehmste rahmt.

Haus Kapstadt modern

Reduktion mit Aussicht: Das Haus von 1971 lässt Berge und Meer für sich sprechen

Greg Cox

Haus mit Blick auf Berge und Meer

Cape Modern, eine eigenwillige Spielart der Nachkriegsmoderne, entstand in der Ära von den 1950er- bis in die 1970er-Jahre vor allem in den wohlhabenden Vororten Kapstadts, eindeutig beeinflusst von kalifornischer Midcentury-Architektur, aber immer in Reaktion auf Topografie und Klima des Kaps. Das erklärt auch die auf den ersten Blick obskure Raumaufteilung: Die Schlafzimmer blicken alle nach vorn, aufs Meer, was sich aber als kluger Schachzug gegen den „Cape Doctor“ entpuppt. Jenen kräftigen Südostwind, der im Sommer nicht nur den Himmel über Kapstadt blank fegt, sondern gern auch mal mit Nachdruck ans Fenster klopft. „Weil er hinten den Berg herunterstürmt, hört man vorn im Schlaf­zimmer fast nichts davon. Für jemanden wie mich, der nicht unbedingt den tiefsten Schlaf hat, ist das ein wahrer Segen.“

Schlafzimmer mit orangenem TeppichBoden Boxspringbett blauem Sessel und großem Werk dahinter

Teak dreams are made of this: Vorhang und Teppich im Schlafzimmer sind original.

Greg Cox

Licht, Landschaft, Proportionen

Der in der Schweiz lebende, designaffine Tech-Unternehmer fand dieses Haus gleich zweimal: zuerst 2021 – damals noch unerschwinglich – und drei Jahre später noch einmal, jetzt heruntergesetzt. Die Besitzer hatten es 1971 selbst bauen lassen. „Sie hatten großartigen Geschmack – nur war alles etwas in die Jahre gekommen.“ Die Mieter, die zwischenzeitlich eingezogen waren, legten jedoch nicht ganz so viel Stilgefühl an den Tag. „Als sie ausgezogen waren, glich das einer Offenbarung. Ohne ihre Möblierung sah ich, welchen Schatz ich erworben hatte – die guten Proportionen, das Licht, das Verhältnis zur Landschaft.“

Dunkel gehaltene Bar mit schwarzen Stühlen

„The Liminal“, bis acht Personen, Nebensaison ab 970 Euro /Nacht, Hauptsaison ab 2370 Euro / Nacht.  sietch.co.za

Greg Cox
Innen wärmt der Kup­ferkamin zumindest optisch  der Abzug wurde verschlossen.

Innen wärmt der Kup­ferkamin, zumindest optisch – der Abzug wurde verschlossen.

Altes wird bewahrt und neu belebt

Und er erkannte, wie wenig es eigentlich brauchte, um das Haus wieder wachzuküssen. Klar: Holz­täfelungen mussten geschliffen und neu lackiert werden, Türen und Fensterrahmen aufgearbeitet, die Badewanne neu emailliert. Doch alles, was Charakter brachte, durfte bleiben. Etwa die gut erhaltenen Korkwände im Entree, die Terrakottafliesen um den Pool oder das Gästebad in „Harvest Gold“, einer unverkennbaren Siebzigerjahre-Tönung. Auch die alten Teppiche in Rot, Blau und Orange: „Sie sind zwar mittlerweile etwas ausgeblichen, doch genau das verleiht jedem Raum seinen eigenen Charakter.“ Die Stoffvorhänge, von den Mietern in riesige Müllsäcke gestopft, ließ er reinigen und neu aufarbeiten.

Essbereich mit langer Tafel auf der Vasen stehen Bild hängt an der Wand und Schrank mit Büchern dahinter

Meerwert: Essbereich, Bar und Büro sind miteinander verbunden. Das hat einen Vorteil: Man schaut immer auf den Atlantik.

Greg Cox

Schwarze Fliesen und smaragdfarbene Fronten

Das Haus hat fünf Schlafzimmer und fünf Bäder, die sich – verteilt auf zwei Ebenen – den Hang herunter staffeln. Und eine Küche mit schwarzen Fliesen, smaragdfarbenen Fronten und Arbeitsflächen aus rotem Granit. Kaum zu glauben, dass hier außer Griffen und Farben fast nichts geändert wurde. „Alle sagten, die Granitplatten müssten raus. Ich hielt dagegen: Wir müssen doch nur die richtige Farbkombination für sie finden.“ Mehr als 30 Töne testete der Hausherr, bis er zufrieden war. „Ich habe Waleed, meinen Maler, wirklich in den Wahnsinn getrieben. Zwischenzeitlich sah es hier aus wie im Zirkus, weil jeder Schrank eine andere Farbe hatte.“

Küche grünen Schränken schwarzer Fliesenrückwand und roter ArbeitsplattenInsel. In der Küche stehen Utensilien wie...

Die Küche bekam nur ein farbliches Facelift, abgestimmt auf den roten Granit.

Greg Cox

Der Hausherr hatte Glück, dass der erste Besitzer beim Einkauf etwas großzügiger gewesen war und Baumaterialien im Keller gehortet hatte. „Als wir in der Küche an einer Seite die Schränke entfernten, um den Raum etwas atmen zu lassen, fanden wir genug Fliesen im Keller.“ An der Wand hängt jetzt ein Bild von Carla Erasmus, die unentwickelte alte Filmrollen kauft, skurrile Szenen sucht und sie auf Großformat zieht. Wie etwa das Wurst essende Kind, das nun in der Küche hängt. „Klingt vielleicht ein wenig verrückt, aber das Foto erinnert mich an meinen Großvater“, sagt der Hausherr. „Ist es nicht erstaunlich, wie ein unbekannter Fotograf vor Jahrzehnten etwas eingefangen hat, das heute auf so persönliche Weise bei mir nachhallt?“

Um den Esstisch stehen vier Stühle und an der Wand hängt eine Fotoaufnahme von einem Kind das in eine Wurst beißt

Möbel und Leuchten waren schon da. Found-Footage-Foto von Carla Erasmus.

Greg Cox

Als Gründerin der Möbelmanufaktur Bofred steckt Carla Erasmus auch hinter mehreren Möbelstücken in der Wohnung, wie dem „Poolhouse Chair“ im Büro, der so nonchalant wirkt, als sei er selbst hereinspaziert. Beinahe alle Einrichtungsgegenstände stammen von lokalen Designern und Möbelmarken. Zeitgenössisches balancierte der Hausherr mit Vintage-Stücken, kuratiert mithilfe der Designerin Anette de Jager, die über beste Kontakte zu Vintage-Händlern verfügt. Auch die Kunst stammt aus Südafrika. „Ich mag Arbeiten, die sich nicht sofort erschließen“, sagt der Sammler. So hängen William Kentridges Schattenspiele neben Dan Halters lakonischer Textkunst und den roh aufgeladenen Leinwänden von Boytchie.

Büro mit südafrikanischer Kunst an den Wänden. In der Mitte steht ein großer Tisch davor zwei Stühle in Rot und Schwarz

Im Büro hängt südafrikanische Kunst von Lorienne Lotz und Gerhard Marx.

Greg Cox

„Das hier soll ein Ort sein, der ganz und gar ich ist. Wo ich wirklich nach Hause komme“, sagt der Unter­nehmer, der vom Büro durch das Wohnzimmer direkt aufs Meer schauen kann. Und obwohl er hier vor allem seinen eigenen Traum verwirklicht hat, will er sein Haus für Gäste öffnen, die nicht einfach irgendwo übernachten wollen. Sondern so, als wohnten sie hier. Vielleicht sogar mit seiner Morgenroutine: „Ich stehe früh auf, gehe eine Runde laufen, danach springe ich ins Meer. Und dann stehst du im eiskalten Wasser, drehst dich um, schaust auf die Berge, die Sonne scheint dir ins Gesicht. Es gibt nichts Schöneres auf der Welt.“