Nachhaltiges Backsteinhaus: So entstand in der Provinz Barcelona ein modernes, helles Zuhause für ein Paar mit kleinen Kindern.
Mit seinem nachhaltigen Design wird dieses Familien-Haus aus Ziegelstein die Zeit mühelos überdauern. Grund dafür ist nicht nur der Einsatz natürlicher und langlebiger Materialien, sondern auch eine authentische und schlichte Optik, die weder aufdringlich noch überladen wirkt. Und es bietet noch weitere Vorteile: Die Räume lassen sich vielseitig nutzen und sind den ganzen Tag über mit Licht versorgt. Kurzum: Dem in Barcelona ansässigen Architekturbüro SIGLA Studio ist der perfekte Ort für den Alltagstrubel einer jungen Familie gelungen – mit genug Raum zum Durchatmen.
Smart, offen und familientauglich
„Das Projekt wurde von einem jungen Paar mit zwei Kindern in Auftrag gegeben, das einen Ort suchte, an dem es sich sein Leben aufbauen konnte“, erklären die Architekten des Projekts. „Zuvor hatten sie in einer herkömmlichen Wohnung mit klar abgeteilten Räumen gelebt, schlecht belüftet und ohne jeglichen Bezug nach draußen. Sie wünschten sich ein Haus mit großzügigeren Räumen, natürlichem Licht, einem Garten und einem Swimmingpool. Einen neuen Ort zum Leben, der sie im Laufe der Zeit begleiten und die Möglichkeit bieten würde, sich den jeweiligen familiären Lebensphasen anzupassen. Das Paar wollte kein spektakuläres Haus, sondern ein praktisches, schlichtes und smart gebautes Zuhause.“
Inspiration aus Berlin
Dem Architekturstudio ist es gelungen, den Bedürfnisse der Familie mit ihrem Entwurf „Acacias“ gerecht zu werden: Das 210 Quadratmeter große Wohnhaus wurde in Cardedeu umgesetzt, einer Stadt nordöstlich von Barcelona. Als Inspirationsquelle diente unter anderem das Georg Kolbe Museum in Berlin, das frühere Wohn‑ und Atelierhaus des Bildhauers Georg Kolbe. Jenes 1928/1929 von dem Schweizer Architekten Ernst Rentsch entworfene Gebäude hatte die Architekten mit „seiner ruhigen Architektur, dem integrierten Garten und der Art und Weise, wie die Skulpturen mit dem Gebäude harmonieren, ohne sich in den Vordergrund zu spielen“ beeindruckt. Vor allem aber mit seiner Zeitlosigkeit.
Ziegelstein als roter Faden
Wie das Georg Kolbe Museum wurde auch das „Acacias“-Haus aus Ziegeln errichtet, allerdings haben diese einen deutlich rötlicheren Ton als das Berliner Vorbild. Da die Architekten mit ausdrucksstarken lokalen Materialien arbeiten wollten, wählten sie Ziegel von Forn d’Obra Duran, einer der wenigen noch aktiven Ziegeleien in Katalonien, die in traditioneller Handarbeit produzieren. „Die Ziegelsteine werden wie früher hergestellt: aus natürlichem Lehm, langsam getrocknet und mit Holz gebrannt“, erklärt das katalanische Büro. „Kein Stück gleicht dem anderen. Diese Unvollkommenheit ist Teil ihrer Schönheit. Es ist ein Material, das einen schönen Übergang vom Natürlichen zum Gebauten schafft.“ Backstein wurde sowohl für die Mauern als auch für Relief-Strukturen, Fensterbänke und Böden im Außenbereich verwendet.
Individuell und langlebig
Die Auswahl des Baumaterials spiegelt die Art und Weise wider, wie SIGLA Studio generell Architektur begreift: Es geht darum, Räume zu schaffen, die Bestand haben, umweltfreundlich sind und mit Würde die Zeit überdauern. „Wir legen Wert darauf, dass das Material schön altert, einen besonderen Charakter bekommt und widerstandsfähig ist, ohne die Spuren der Zeit zu verbergen.“
Eine weitere Referenz, von der sich das Architekturbüro bei der Entwicklung dieses in sich „zurückgezogenen“ Wohnhauses inspirieren ließ, ist das Muuratsalo Experimental House des finnischen Architekten Alvar Aalto. Es war das Atelier- und Sommerhaus von Aalto, das er 1952 für sich und seine Familie in der Nähe des Muuratsalo-Archipels entwarf – ein Haus „bei dem die Mauer gleichzeitig definiert und schützt und bei dem die Beziehung zur Natur nicht von einer vollständigen Öffnung abhängt, sondern von einer bewussten und ruhigen Begrenzung des Wohnraums“. Auch dieses Gebäude zeichnet sich durch seine besondere Ziegelarchitektur aus.
Hell und zugleich intim
Was die Kubatur betrifft, ist die entworfene Struktur im Grunde eine Antwort auf die Schwierigkeit, die Umgebung bei der Planung miteinzubeziehen: „Die größte Herausforderung bestand nämlich darin, mit einem sehr kleinen und schmalen Grundstück zu arbeiten, das auf beiden Seiten von Nachbarschaft umgeben ist“, sagen die Architekten. „Außerdem waren die angrenzenden Grundstücke zum Zeitpunkt der Planung noch unbebaut, sodass wir nicht wussten, wie die zukünftigen Gebäude aussehen würden.“ Da sie also nicht wissen konnten, wie sich die Umgebung einmal entwickeln würde, entschieden sie sich für eine niedrige Struktur, die die gesamte verfügbare Grundfläche ausnutzt. „Diese haben wir dann an strategisch ausgewählten Stellen geöffnet, wie bei einem Haus mit Innenhof. Durch hat sich uns die Möglichkeit geboten, uns von dem, was wir nicht steuern können, abzugrenzen, und ein helles, intimes und unabhängiges Interieur zu schaffen“, erklären Bernat Riera und Sergi Puig von SIGLA Studio.
Eins mit dem Lauf der Sonne
In der geschützten Atmosphäre von „Acacias“ herrscht ein Rhythmus, der nach dem Licht ausgerichtet ist. „Das Haus ist praktisch den ganzen Tag über von Sonnenlicht durchflutet“, berichten die Architekten. „Von früh am Morgen bis zum Nachmittag fällt Licht aus verschiedenen Richtungen ins Haus. Die Bewohner:innen befinden sich immer im Zentrum dieses Sonnenlaufs: Sie können die Veränderungen des Lichts, den Wechsel der Jahreszeiten und die Schatten an den Wänden wahrnehmen. Und durch diese tägliche Erfahrung wird auch die Verbundenheit mit dem Ort gestärkt.“
Flexible Raumnutzung
Neben viel Licht war Flexibilität ein weiterer wichtiger Gestaltungsaspekt für das Projekt: Die Struktur und Raumaufteilung des Hauses ermöglichen es, dass sich die Innenräume an die sich verändernden Bedürfnisse der Bewohner:innen anpassen. „Heute schlafen die Eltern vielleicht im Obergeschoss, im Hauptschlafzimmer mit Ankleidebereich gegenüber den beiden miteinander verbundenen Kinderzimmern. Morgen schlafen sie womöglich im Erdgeschoss, während die Kinder zwei Räume bewohnen, die wiederum miteinander verbunden sind – so kann ein Raum zum Schlafen und der andere zum Spielen, Lernen oder Entspannen genutzt werden“, erklärt SIGLA Studio.
Die Option, Räume oder deren Nutzung im Laufe der Zeit ohne Umbauten oder Renovierungen zu verändern, ist ein sehr zeitgemäßes Konzept, wie die Architekten betonen: „Das Haus schreibt keine bestimmte Nutzung vor, sondern eröffnet Möglichkeiten“, hebt SIGLA Studio hervor. „In einer Zeit, in der sich alles schnell verändert, plädieren wir für ein Raumkonzept, das nicht nur beständig ist, sondern sich auch anpassen kann. Das in der Lage ist, unterschiedlichen Lebensphasen, verschiedenen Wohnformen und auch künftigen Generationen gerecht zu werden.“















