„Glue Amsterdam“ zeigt die Vielfalt niederländischen Designs in der ganzen Stadt.
An vier sonnigen Tagen im September feierte die niederländische Hauptstadt zum sechsten Mal Glue Amsterdam unter dem Motto „Connected by Design“. Die designaffinen Amsterdamer:innen konnten in der ganzen Stadt Studios von Designern, Architekten, Brands, Galerien und Showrooms besuchen, Ausstellungen ansehen, Talks lauschen und feiern, alles unter der Devise: Everyone is welcome, and admission is free.
Jung, weiblich und nachhaltig
Der Glue Amsterdam Grundgedanke ist ebenso demokratisch wie sympathisch: kleine Brands zahlen für die Teilnahme weniger als etablierte Player, große Marken holen Newcomer:innen in ihre Räume und am Ende gewinnen dabei alle. Vor sechs Jahren wurde die Idee zu Glue Amsterdam geboren – mit dem Ziel, die Designszene der Stadt sichtbarer zu machen und besser zu vernetzen. Auffällig ist, dass die Akteur:innen und Besucher:innen jung und ein hoher Anteil weiblich ist.
Zu sehen gab es viele Kreationen aus zum Teil recycelten Naturmaterialien, ein besonders hohes Augenmerk lag auf Textilien und einer präzisen handwerklichen Verarbeitung. Dass die erste Glue-Amsterdam-Ausgabe noch ohne offizielle Zustimmung während der Pandemie stattfand, ist längst vergessen. Mittlerweile ist das Event mit 150 Teilnehmenden eine feste Instanz im Design-Kalender. Internationale Gäste sind noch rar, das dürfte sich aber bald ändern. Für das nächste Jahr haben die Glue-Amsterdam-Macher ein schönes Ziel: Das Event soll nicht größer, dafür aber noch besser werden. Wir freuen uns darauf!
Glue Amsterdam: Das sind unsere 5 Highlights
Erst 25 Jahre alt ist der Newcomer Jelmer Reus, der sein Studio letztes Jahr gründete und nachhaltiges, zirkuläres Design wie seinen Stuhl „Bocht“ schafft. Der Designer und Möbelhersteller sagt: „Ich habe mich darauf spezialisiert, aus Restmaterialien neue Produkte herzustellen, denn überall auf der Welt fallen täglich Tonnen von Reststoffen an und ich versuche, diese Stoffe anstelle von neuen Materialien zu verwenden. Mit der Entwicklung von Multylino, einem Material, das aus Schichten von Desktop-Linoleum besteht, möchte ich die Abfallberge des größten Linoleumherstellers der Welt reduzieren.“
Als Ausdruck der Seele beschreibt Mina Abouzahra, Tochter marokkanischer Eltern, ihre von Hand geknüpften Teppiche. Für sie ist der Prozess der Herstellung ebenso wichtig wie das fertige Produkt am Ende, darum hat sie einen eindrucksvollen Kurzfilm darüber gemacht, wie die Produkte entstehen. Zu sehen ist, wie der Rohstoff Wolle gewonnen, in einem marokkanischen Dorf verarbeitet, gewaschen, gesponnen, gefärbt und gewebt wird, jeweils begleitet von Ritualen und Liedern der Frauen. Mina unterstützt diese Handarbeiterinnen, die stolz sind auf ihre Kreationen, in jedem Dorf entstehen individuelle Muster und Formen. Wer Minas Arbeit kennengelernt hat, begreift jeden Teppich als Einzelstück und tatsächlich auch als einen Ausdruck der Seele.
Als Textil-Architektin bezeichnet sich Samira Boon, die Innenräume als lebendige Ökosysteme betrachtet. Ihre Werke wirken grazil, federleicht, sind hocheffizient und nachhaltig. Sie schafft aus recycelten Materialien künstlerisch anmutende Strukturen, die das Raumerlebnis, die Akustik, das Klima und die Energie verbessern. Zudem sehen die von der japanischen Falttechnik Origami inspirierten Objekte, deren Muster und Formen hochtechnologisch sind, ganz eindrucksvoll aus.
Einer der spannendsten Orte in Amsterdam, um Design zu entdecken, ist die Newhouse Gallery in der Prinsengracht. Gründerin Mick Nieuwenhuis hatte von Anfang an keinen statischen „White Cube“ im Sinn, sondern vielmehr einen flexiblen Raum, der zwischen Galerie, Zuhause und Salon wechseln kann und an der Schnittstellen von zeitgenössischer Kunst, Collectible Design und Kunsthandwerk verankert ist. Besonders spannend findet Nieuwhuis, wie Materialien und Ideen zwischen diesen unterschiedlichen Welten wechseln. Sie möchte in ihren Räumen Begegnungen schaffen, bei denen Kunst und Design nicht als Kategorien, sondern als miteinander verbundene Sprachen betrachtet werden.
„Im Mittelpunkt meiner Kreationen steht die Kunst, Illusionen zu materialisieren, flüchtige Momente als bleibende Impressionen einzufangen“, sagt die Designerin Elise Luttik. In ihren Arbeiten trifft High-End-Design auf Magie und eine Prise Poesie. Bei Glue Amsterdam stellte sie ihre Ballerina Lampe vor, die inspiriert ist von einem Tutu und gestaltet aus Silikon, als Ausdruck von Eleganz, Transparenz und Flexibilität. „Die Ballerina-Kollektion fängt die Dynamik des Tanzes ein, der Lampenschirm in Form eines Tutus kann jede Pose mit unbegrenzter Bewegungsfreiheit einnehmen, wie eine Ballerina im Rampenlicht“, erklärt die Designerin.





