Fransen kehren zurück! An Leuchten, Sofas, Sesseln & Co. werden sie jetzt zum Interior-Trend.
Minimalismus oder Maximalismus? Im Interiordesign wie in der Mode ringen beide seit Langem um die Vorherrschaft – mal scheint sich die eine Seite durchzusetzen, dann wieder die andere. Schlichte, reduzierte Designs seien dauerhafter, sagen viele. Doch der Maximalismus hat sich weiterentwickelt und kann mittlerweile Muster, Formen und Farben galanter verbinden als je zuvor. Seine Stilregeln folgen einer hedonistischen Eleganz, die kühn und doch ausgeglichen ist. Insbesondere ein Element verdient dabei jetzt Aufmerksamkeit – und ein neues Image: Fransen. Im Folgenden zeigen wir Ihnen, warum sie zu Unrecht als spießige Staubfänger gelten, und liefern Inspiration für eine moderne Dekoration mit Fransen, Quasten & Co.
Interior-Trend im Herbst 2024: Möbel mit Fransen
In Emma Roberts’ Haus in Los Angeles, das von Pierce & Ward gestaltet wurde, gibt es im Grunde keine Leuchte, kein Sofa, keinen Sessel oder Kissen, das keine Fransen trägt. „Ich finde, es kann nie genug Streifen, Fransen oder Quasten geben. Auch wenn die Leute anderer Meinung sind – ich liebe es“, sagt die US-amerikanische Schauspielerin.
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Zugegeben, Fransen sind keine Neuerfindung. Doch haftete ihnen, ähnlich wie Samt, lange Zeit ein prüdes Image an. Wie kommt es, dass beides von Staub und Schmutz befreit ins Jetzt zurückkehrt? Das Geheimnis liegt wie so oft im Neu-Interpretieren und Kombinieren. Jean Philippe Demeyer zum Beispiel beherrscht den Stilmix wie kein anderer. In seinem exzentrischen Landhaus in Brügge fügen sich Fransen ganz natürlich in die von Blumenmustern und Erdtönen geprägte Umgebung ein. Und auch in einigen seiner Restaurant- und Hotelprojekte tauchen Fransenborten auf.
Fransen an Leuchten, Sesseln und Kissen
Analuisa Corrigan hat sich die letzten Monate auf eine „Fransenreise“ begeben, wie sie selbst es nennt. Die Designerin, die zu Anfang ihrer Karriere noch überwiegend mit Keramik arbeitete, experimentiert seit letztem Jahr mit Textilkordeln aller Art. Das Ergebnis sind elegante Leuchten, deren Schirme mit feinen Fransen gesäumt sind. Doch das Experiment bewirkte noch mehr: „Ich habe gemerkt, dass ich Fransen an anderen Möbeln vermisst habe“, sagt sie. „Anfangs habe ich die Fransen in dem Stoffgeschäft gekauft, wo ich immer einkaufe. Erst nach einer Weile habe ich gemerkt, wie viele verschiedene Arten und Qualitätsstufen es gibt“, sagt Analuisa Corrigan. „Fransenborten aus Seide fühlen sich so glamourös und edel an.“ Tja, Franse ist eben nicht gleich Franse.
„Ganz ursprünglich nutzte man Fransen, um Textilabfälle zu vermeiden und sich vor äußeren Einflüssen zu schützen“, erzählt Corrigan. „Amerikanische Ureinwohner versahen die Enden ihrer Kleidung mit Fransen, damit sich die Nähte nicht lösen und ausfransen konnten.“ Im Zeitalter des Barock dann bediente man sich der Fäden als dekoratives Stilmittel. Bordüren, Quasten, Schnüre und Fransen aller Art kamen im Überfluss vor, um ebenjenen zur Schau zu stellen. Wohl auch deshalb gerieten sie in Verruf und wurden jahrelang nicht von Designer:innen beachtet. Ob wir im Interior jetzt wieder bereit für die Pracht der Fransen sind? „Die Leute zögern noch“, sagt Analuisa Corrigan. Sie macht den Minimalismus und den Hang zu schlichten Interiors dafür verantwortlich. Doch Fransen müssen ihrer Meinung nach nicht nur von Glanz und Gloria zeugen. Vielmehr sind sie eine Möglichkeit, abwechslungsreiche, elegante und dezente Akzente zu setzen.
Der Western-Style ist zurück – im Fransen-Gewand
Bei seiner Herbst-Winter-Kollektion 2024 erkundete Pharrell Williams, der Anfang 2023 zum Menswear-Designer bei Louis Vuitton ernannt wurde, den amerikanischen Westen und zeigte moderne Cowboyhüte, Wildlederstiefel – und Mäntel mit Fransen. Im Interiordesign gibt es die Hinwendung zum Western-Style ebenfalls; bei Lazzarini & Pickerings Kissen mit überlangen Fransen zum Beispiel. Auch der Stuhl der Künstlerin Kristin Dickson-Okuda bricht den konventionellen Ziergedanken von Fransen auf und setzt mit ihnen ungewöhnlich frische Akzente. Interiordesignerin Tiffany Howell wiederum designt Stühle, die von Wildlederjacken mit Fransen im Stil der 70er inspiriert sind.
Fransen-Kleid für Sofa und Sessel
Die New Yorker Innenarchitektin Madelynn Hudson liebt mit Quasten besetzte Sessel und Fransen-Kronleuchter. Und sie sah darin eine Möglichkeit, ihr eigenes Sofa aus weißem Chenille aufzupeppen. „Ich habe gesehen, dass einige Designer:innen ihre schlichten Polstermöbel mit Fransen schmücken, und wollte das nachmachen. Also bestellte ich eine goldene Fransenborte und heftete sie einfach an das Sofa“, sagt sie. „Mit Nadel und Faden lassen sie sich leicht und schnell annähen.“ Nach Hudsons Ansicht ist das Comeback der Fransen und Quasten eng mit der Rückkehr des französischen Art déco verbunden. Die Menschen sind nostalgisch und transportieren deshalb Elemente der Vergangenheit ins Jetzt. „Und plötzlich wirkt das Sofa der Großmutter nicht mehr angestaubt, sondern vielmehr elegant und sexy“, sagt Hudson. Während der Geist des Minimalismus die makellosesten Interieurs oft steril erscheinen lässt, bringen Elemente wie Fransen einen Hauch Lebendigkeit und Eleganz in das Zuhause. „Ich möchte, dass sich mein Zuhause schick anfühlt, so als würde es seine besten Perlen tragen.“
Modedesignerin Carly Cushnie wiederum sieht den Wunsch nach Individualität und Persönlichkeit in den eigenen vier Wänden als Beweggrund für das Mischen von verschiedenen Materialien, Texturen, Oberflächen und Stoffen. Deshalb ist der Bouclé-Stuhl ihrer ersten Möbelkollektion für das Label Lulu and Georgia in Hollywood auch mit einer Schleppe aus Fransen versehen. „Ich wollte, dass es so wirkt, als würde sich der Bouclé auflösen, als wäre es ein einziger Stoff. Eleganz, harte Strukturen, Organisches und Raffinesse gleichen sich so gegenseitig aus“, sagt sie.
So kombinieren Sie Fransen richtig und modern
Fransen sind vielseitig; sie können subtiler Farbakzent sein, für textile Abwechslung sorgen, sich aber auch komplett organisch in ein bestehendes Interiorkonzept einfügen. Laut Madelynn Hudson liegt der Schlüssel moderner Fransen in der perfekten Abstimmung: „Ich würde zum Beispiel nicht empfehlen, Leinen mit Fransen zu versehen, das wäre dann eher Boho-Stil. Aber Mohair wirkt kombiniert mit Fransen sehr edel und sexy.“ Monochrome Farbkombinationen schließen sich daran an – gerade, wenn zwei sehr unterschiedliche Stoffe aufeinander treffen. Das Beste an der Sache ist aber, dass Fransen relativ leicht an Sofas, Sesseln, Leuchten und Co. angebracht werden können. Alles, was Sie tun müssen, ist, im Stoffladen Ihres Vertrauens passende Fransenborten auszuwählen und sich zu informieren, wie man sie am besten – je nach Material wird geklebt oder genäht – an den Möbeln anbringt.
Zuerst erschienen bei AD USA.










