Ein Ferienhaus, das überrascht: Im „Palazzo San Vito“ in Apulien treffen neue Ideen auf jahrhundertealte Strukturen.
Nicht einfach ein Ferienhaus sollte es werden – Fabio Moro schwebte vielmehr ein Ort vor, der die griechische Idee der eudaimonía, eines tiefen, existenziellen Wohlbefindens, verkörpert. „Wir dachten an ein Hideaway, das unsere innere Landschaft erweitert“, erklärt der Bauherr. Für sein ambitioniertes Projekt fehlte allerdings noch die passende Immobilie. Gemeinsam mit Federica Russo und Nicolò Lewanski vom Architekturstudio Valari in Lecce machte sich Moro auf die Suche. Fündig wurden sie schließlich im historischen Zentrum der Ortschaft Lequile, nur wenige Kilometer von der Barockstadt entfernt.
In einem alten, verfallenen Palazzo sah das Architekturstudio Valari großes Potenzial
Der Palazzo aus dem späten 19. Jahrhundert hatte jahrzehntelang leer gestanden, hinter der verfallenen Fassade sahen die Architekt:innen jedoch viel Potenzial: verborgene Innenhöfe, ein alter Orangenhain, hohe Räume mit Gewölbedecken, dekorative Terrazzoböden und eine Dachterrasse mit Blick auf den Dom San Vito. Ideale Voraussetzungen, um die alte Stadtvilla zu einer luxuriösen Unterkunft mit viel Charakter zu machen. „Masserien und Landvillen gibt es viele in Apulien, doch der Typus des historischen Stadt-Palazzo als Gästequartier ist hier ziemlich neu“, sagt Federica Russo.
Das Projekt „Palazzo San Vito“ nahm durch eine „sanfte Sanierung“ Form an, die die ursprüngliche Struktur respektierte: „Die Arbeit mit einer festgelegten Abfolge von Räumen und Sterngewölben zwang uns, die Art zu wohnen ganz neu zu denken und uns dabei von der bestehenden Architektur leiten zu lassen“, erklärt Russo. Ohne gravierend in den Grundriss einzugreifen, sind so vier Gästezimmer mit eigenen Bädern entstanden und eine Vielzahl an Gemeinschaftsräumen. Deren Dreh- und Angelpunkt ist das zum Garten hin gelegene Esszimmer mit dem maßgefertigten großen Tisch aus Holz und Stahl, das in die Küche und eine Bar übergeht.
Ein spektakulärer Nebeneffekt der einfühlsamen Revitalisierung ist das raffinierte Zusammenspiel von Innen- und Außenbereichen: Ein kleiner Patio etwa wurde zum Bad der Hauptsuite, dort duscht man nun unter freiem Himmel. Und in der einstigen Hauskapelle entstand ein „Gartenraum“; unter dem Sterngewölbe liegt ein abgesenkter Sitzbereich mit Kies und Pflanzen. Der grüne Mikrokosmos dient als schattiger Sommersalon oder geschützter Wintergarten – und bei Bedarf auch als Kinosaal.
Die sorgfältig gewählten Materialien schlagen eine Brücke zwischen Vergangenheit und Gegenwart: Terrazzo und lokaler Stein, aber auch Schwarzstahl, Messing und vor Ort gegossener Zement. „Wir wollten, dass jede Oberfläche mit allen Sinnen erlebt wird und dass sie die Sprache der Zeit spricht“, sagt Nicolò Lewanski. Die Terrasse, ein minimalistisches Wohnzimmer unter den Sternen, und der üppige Garten mit Pool und alten Bäumen vervollständigen ein Projekt, das die langsame Schönheit des mediterranen Lebens feiert durch die geglückte Balance zwischen Rückzug und Öffnung, drinnen und draußen.









