Luxus im Wandel: eine neue Generation exklusiver Ferienvillen setzt auf Rückzug, Ruhe und Privatsphäre.
Sicher, es gibt sie noch, die Grandhotels. Wo Prominenz und Adel über Champagner und Chiffon sinnieren, wo die Wasserhähne golden schimmern und schwere Kristallleuchter unerlässlich funkeln. Gleichzeitig macht sich ein neuer Reisetrend in der Luxusbranche breit – und damit anscheinend eine Gegenbewegung zu den Ritz-Carltons und Kempinskis dieser Welt. Nach dem anhaltenden Siegeszug der „Medical Wellness“-Resorts treten immaterielle Werte wie Selbstfindung, Privatsphäre und Zeit noch weiter in den Vordergrund und prägen auch die Luxusreisebranche. Die Antwort darauf? Eine neue Generation von exklusiven Ferienvillen – mal im Portfolio luxuriöser Reiseunternehmen, mal als stille Ableger großer Hotels, immer aber so autark wie ein eigenes Refugium. Woher aber rührt dieser Drang nach Rückzug und forcierter Abgeschiedenheit? Und warum tut die so gut?
Self-Care statt Jetset
Dass sich Menschen in Zeiten ständiger Informationsflut und Erreichbarkeit Möglichkeiten schaffen wollen, vom Alltagsstress abzuschalten, belegen die Zahlen vieler Reisestatistiken weltweit. Auch Teresa Hinteregger, die gemeinsam mit ihrem Ehemann Stefan Hinteregger das Südtiroler Fünf-Sterne-Hotel „Forestis“ und die dazugehörige „Forestis-Villa“ führt, beobachtet bei ihren Gästen ein steigendes Bedürfnis nach Ruhe und Regeneration. „Mentale Freiheit ist der größte Luxus unserer Zeit. Die Menschen sehnen sich nach Auszeiten inmitten der Natur.“ Self-Care statt Jetset also? Kräutertee statt Glitzer-Cocktail?
Die Gründe für diesen Wertewandel sind vielschichtig. Zunächst einmal war da die Pandemie. Zahlen einer Studie des LBR Luxury Business Reports ergeben, dass die Krise Menschen veranlasst hat, ihre Prioritäten zu hinterfragen und neu zu sortieren. Seither sind Digital Detox und Nachhaltigkeit auf dem Vormarsch, genauso wie Gesundheit, Ruhe und Achtsamkeit – allesamt Motive, die auch die Urlaubsplanung maßgeblich beeinflussen. „Reisen bedeutet nicht mehr nur Flucht aus dem Alltag“, sagt Rosella Beaugié vom Ferienvillen-Anbieter The Thinking Traveller, „Es geht zunehmend um positive Veränderung.“ Auch Urlauben im Familienverband erlebt ein Comeback, zum Teil sogar über mehrere Generationen. „Die durch die Pandemie hervorgerufene Isolation hat die Menschen daran erinnert, wie wichtig es ist, Zeit miteinander zu verbringen“, erklärt Beaugié. „Eine Ferienvilla zu buchen, ist eine sehr beliebte Möglichkeit, mit Familie und Freunden gemeinsam Zeit unter einem Dach zu verbringen.“
Autark – aber bitte mit Service
Der Trend zum Ferienhaus klingt demnach nur logisch. Es ist der Inbegriff von maximalem Freiraum und Privatsphäre. Kein Frühstück bis zehn, kein Housekeeping auf dem Flur. Dabei will auf den Komfort der Fünf-Sterne-Klasse niemand verzichten. „Unsere Gäste fragen fast immer nach einem privaten Koch“, berichtet Beaugié. „Auch Yogalehrer oder Wanderführer stehen hoch im Kurs.“ Ein maßgeschneiderter Service on demand also, der sich rundum den Bedürfnissen des Gastes anpasst. Das scheint so gefragt, dass die Aman Resorts ihre „Aman Private Villas“ heutzutage zum Teil sogar an Superreiche verkaufen – Concierge-Service, Butler und Zugang zu Resort-Einrichtungen inklusive. Auch Teresa Hinteregger bestätigt die Wichtigkeit des Personals: „Die ,Forestis-Villa‘ fordert von uns ein Maximum an Gastgeberkunst – noch individueller, noch intensiver als im Hotelbetrieb.“ Bis zu 14 Mitarbeiter:innen kümmern sich täglich um die Gäste der Villa: Sie kochen, organisieren, geben Fitnessstunden und Massagen auf Knopfdruck. „Der Service orientiert sich am Gast – nicht umgekehrt“, hält Hinteregger fest. „Und das ist noch mal ein ganz anderes Urlaubserlebnis.“




