Das Eames Office öffnet sein Archiv – und versteigert seltene Designs auf Catawiki.
Wenn Sie an Charles und Ray Eames denken, welche Möbelstücke kommen Ihnen in den Sinn? Mit großer Wahrscheinlichkeit der lederne „Lounge Chair“oder der „Plastic Side Chair“ mit seinem unverkennbaren Gestell und den leuchtenden Farben. Vielleicht denken Sie auch noch an den Aluminium Chair, den ikonischen Bürostuhl des Paares, der in einer Vielzahl von Anwaltskanzleien und Büros steht. Doch haben Charles und Ray Eames in ihrer Schaffenszeit mehr als 100 Möbelstücke entworfen, darunter skulpturale Sperrholzarbeiten und Spielzeuge, genauso wie eine Vielzahl von Grafiken, Drucken, sogar Kurzfilme zählen zu ihrem Œuvre.
Während viele der Eames-Entwürfe längst als Design-Klassiker der Moderne gelten, gibt es zahlreiche Objekte – seltene Limitierungen und Archivstücke –, die einen einzigartigen Einblick in die Vielschichtigkeit ihres Schaffens geben. In diesem Jahr hat sich das Eames Office dazu entschieden, erstmalig mit dem Online-Auktionshaus Catawiki zu kooperieren und im Rahmen einer Online-Auktion insgesamt 30 solcher seltenen Originalstücke in Europa zu versteigern. Die erste Auktion läuft vom 03.10.2025 bis 12.10.2025 und bildet den Auftakt der Serie, die bis ins Frühjahr 2026 laufen.
Eames Demetrios im AD-Interview
AD traf Eames Demetrios, den Enkel von Charles und Ray Eames und Direktor des Eames Office, zum Interview und sprach mit ihm über die Auktion, die darin enthaltenden Stücke und wie seine Großeltern seine Kindheit und sein Verständnis von Design maßgeblich prägten.
AD: Herr Demetrios, Sie sind Direktor des Eames Office. Wie kann man sich einen klassischen Arbeitstag bei Ihnen vorstellen?
Eames Demetrios: Einen klassischen Arbeitstag gibt es kaum, denn normalerweise passiert so viel Unterschiedliches. Wir beschäftigen uns viel mit unserem Archiv, recherchieren, schreiben Texte und suchen Tag für Tag nach Wegen, um neue Geschichten über das Vermächtnis von Charles und Ray Eames zu erzählen. Wissen Sie, die meisten Menschen kommen durch das Thema Möbel zu ihren Entwürfen, was Sinn ergibt, denn Menschen sitzen heute noch auf Eames-Stühlen, die in den 1940er- und 1950er-Jahren gestaltet wurden. Doch hatten Charles und Ray eine ganzheitliche Vision von Design – und das ist etwas, das wir zu vermitteln versuchen.
Nun zu Ihrer Zusammenarbeit mit dem Auktionshaus Catawiki: Wie kam es dazu?
Die Idee entstand während des diesjährigen Salone del Mobile in Mailand. Wir sind uns dem stetigen Interesse an den Arbeiten von Charles und Ray Eames in Europa bewusst, doch was den Sammlermarkt betrifft, gab es bislang keinen richtigen Zugang, weder für Sammler selbst noch für uns. Manche Stücke aus dem Eames-Archiv sind schwer auf dem Sammlermarkt zugänglich und mit der Partnerschaft mit Catawiki wollten wir sicherstellen, dass Sammler:innen weltweit Zugang zu diesen ikonischen Entwürfen erhalten. Die Entscheidung für Catawiki fiel uns sehr leicht. Die Auktionsplattform ist bei Designfans sehr angesehen, und dass dort alles auf Echtheit geprüft wird und Expert:innen dahinterstehen, war uns besonders wichtig.
Warum haben Sie sich entschieden, die Objekte mit einem Auktionshaus zu versteigern, anstatt sie auf herkömmliche Weise zu verkaufen?
Weil wir so mehr Menschen erreichen. Eames-Fans besuchen unsere Website aus vielen Gründen, meistens, weil sie sich intensiver mit bestimmten Stücken beschäftigen möchten. Außerdem wollen wir genau an jene Menschen herantreten, die Eames-Objekte sammeln wollen, denn sind sie maßgeblich an der Bekanntheit der Designs beteiligt.
Wie meinen Sie das?
Sammler:innen spielen eine entscheidende Rolle dabei, die Neugier und den Pioniergeist von Charles’ und Rays Vermächtnis lebendig zu halten. Sie sind es oft, die den Wert – ideell wie ökonomisch – von weniger bekannten Entwürfen sichtbar machen. Ein Beispiel ist der Eames Elephant: Wir haben als Kinder mit ihm gespielt, aber er war so schwer herzustellen, dass wir fast die Einzigen waren, die ihn hatten. Erst eine Edition zu Charles’ 100. Geburtstag brachte ihn zurück. Heute erfreut er sich großer Beliebtheit, doch die nummerierte erste Edition ist das, was Sammler:innen wirklich suchen.
Unter den Hammer kommen seltene Eames-Entwürfe aus dem Archiv
Wie haben Sie entschieden, welche Stücke in die Auktion aufgenommen werden? Gab es bestimmte Kriterien?
Insgesamt war die Auswahl ziemlich intuitiv. Es gibt Dinge, die wir für unsere eigene Erzählarbeit im Archiv behalten – wir „räumen“ das Archiv also nicht leer. Weil es zum Großteil sehr besondere Stücke sind, wollen wir Menschen die Möglichkeit geben, sie dennoch zu erwerben, wie den eben genannten Elefanten. Genauso auch die „Eames Sculpture“: Sie spielt in vielerlei Hinsicht eine entscheidende Rolle im Schaffensprozess von Charles und Ray und ist damit auch einen Dreh- und Angelpunkt des Designs des 20. Jahrhunderts. Sie war eines der ersten Dinge, die sie entwarfen und hat eine ungemein abstrakte, biomorphe Form. Charles und Ray hatten vor der Skulptur noch keinen einzigen Stuhl vollendet, weil sie ein Sitzmöbel schaffen wollten, das sich dem menschlichen Körper optimal anpasst. Es war also das erste Mal, dass sie mit Sperrholz in komplexen Kurven und variablen Dicken experimentierten. Sie modellierten diese Skulptur Schicht für Schicht, Furnier für Furnier. Wenn man diese Skulptur neben den Organic Chair oder andere Eames-Möbelentwürfe stellt, erkennt man den Zusammenhang: Jedes einzelne Objekt war entweder ein Zwischenschritt zu dieser Skulptur oder ein direktes Ergebnis davon.
Neben all den Möbelstücken haben Ihre Großeltern zahlreiche Filme und Ausstellungen geschaffen. Sehen Sie Parallelen zwischen diesen verschiedenen Medien?
Charles und Ray arbeiteten stets nach dem Motto: „Innovate as a last resort“ – also: „Erfinde nur, wenn es noch keine andere Lösung gibt.“ Damit meinten sie: Wenn etwas bereits funktioniert, wenn ein Problem schon gut gelöst ist oder jemand etwas wirklich gut gestaltet hat, dann gibt es keinen Grund, es neu zu machen. Aber wenn sie ein Bedürfnis sahen, das noch nicht adressiert war, sei es im Möbelbau oder im Bildungsbereich, dann steckten sie dort ihre Energie hinein. Das war es, was sie begeisterte: eine Möglichkeit zu finden, Menschen zu helfen.
Ein perfektes Beispiel ist der Film „Zehn Hoch“, ein Kurzfilm, der die Relativität der Erscheinung in Zehnerpotenzen aufzeigt. Sie glaubten, dass man am besten durch eigene Erfahrung lernt und wollten den Menschen dadurch ein direktes Erlebnis vermitteln. Natürlich kann niemand physisch an den Rand des Universums reisen, aber man kann einen Film schaffen, der diese Erfahrung so überzeugend vermittelt, dass sie sich tief einprägt. Gleichzeitig sind Bedürfnisse nicht immer materiell oder beruflich. Manchmal ist das Bedürfnis einfach Freude – was auch der Grund ist, weshalb ihre Spielzeuge bis heute so erfolgreich sind.
Charles und Ray Eames einte ein experimentierfreudiger Blick auf Design
Gibt es also ein Objekt, das Ihrer Meinung nach am besten die Designphilosophie Ihrer Großeltern verkörpert?
Man könnte mich an jedem Tag der Woche befragen und bekäme wahrscheinlich jedes Mal eine andere Antwort. Aber heute ist Donnerstag und heute sage ich: der Elefant. Erstens, weil das Design an sich gleichermaßen schön und robust ist. Wir haben bereits als Kinder mit dem Elefanten gespielt und sind nicht gerade zimperlich damit umgegangen. Zweitens ist der Elefant – auch wenn es im ersten Moment nicht so scheint – ein sehr kompliziertes Stück, was die Produktion betrifft. Die Formen sind sogar komplexer als beim „LCW“-Stuhl, was mitunter der Grund ist, weshalb er damals nicht in Serie hergestellt wurde. Dennoch: Charles und Ray hätten ihn selbst nie als Design-Meilenstein bezeichnet – sie wollten schlichtweg, dass wir damit spielen.
Welche Lektionen über gutes Design haben Sie von Ihren Großeltern gelernt?
Sie glaubten, dass ein wirklich gut gestaltetes Objekt eine Art Selbstverständlichkeit besitzt – es hat etwas von „So muss es sein“. Gutes Design scheint natürlich, als wäre es schon immer da gewesen. Es ist interessant, denn obwohl sie oft als Innovatoren bezeichnet werden – was stimmt –, wollten sie eigentlich, dass ihre Entwürfe nahtlos in das Leben der Menschen integriert werden. Und das gelingt nur, wenn etwas wirklich funktioniert.
Gibt es ein Stück in der Auktion, das Ihnen besonders am Herzen liegt?
Neben der Skulptur und dem Elefanten ist es die Sammlung der Ephemera – also historischer Drucksachen. Einige sind Werbematerialien und Flugblätter zu Möbelstücken, andere hängen mit den Ausstellungen zusammen. Es gab eine lange Phase, etwa 15 Jahre lang, in der Charles und Ray fast alle grafischen Arbeiten zur Möbelwerbung selbst gestalteten. Sie sahen es als Teil ihrer Aufgabe als Designer, mit dem Kunden zu kommunizieren. Wenn man etwas entwirft, muss man auch lernen, es zu vermitteln, denn nur so erkennen Menschen seinen Wert. Nach Rays Tod fanden wir viele dieser Materialien und haben behalten, was wir für die Forschung brauchen; einiges ist inzwischen in Museen.
Wie haben Sie Ihre Großeltern als Kind erlebt? Gibt es Erinnerungen, die Sie bis heute prägen?
Oh ja, ich war in der Highschool ein kleiner Wissenschaftsnerd und arbeitete freiwillig im Aquarium von San Francisco. Eines Tages gab ein lokaler TV-Sender bekannt, dass ein zehn Meter langer Walhai in einer Lagune im Südpazifik gefangen war. Ein anderer Schüler und ich wurden dann für diese Fernsehsendung ausgewählt, mit dem Hai zu schwimmen und Bilder zu machen. Am Abend vor meiner Abreise stand Charles plötzlich unerwartet bei uns vor der Tür in San Francisco. Er sagte: „Ray und ich haben über dein Vorhaben nachgedacht. Wir haben Angst, dass du, wenn du die Nikon deiner Eltern ausleihst, so besorgt bist, sie ins Meer fallen zu lassen, dass du sie gar nicht erst mitnimmst.“ Also brachten sie mir eine billige Kamera mit. Charles sagte: „Wenn du die ins Meer fallen lässt, ist es vollkommen egal. Mach dir keine Sorgen. Nimm sie mit und traue dich etwas.“ Rückblickend war das ein großartiger Moment. Die billige Kamera war genau das, was ich brauchte: Etwas, bei dem ich wusste, wenn es kaputtgeht, ist es zwar ärgerlich, aber kein Drama. Diese Fürsorglichkeit – das ist alles.
Diese seltenen Eames-Objekte können Sie in der Catawiki-Auktion ersteigern
In der ersten Serie werden rund 30 Objekte aus dem Eames Office Shop angeboten, vom „Eames Fiberglass Armchair with Steinberg Cat" oder dem Elefanten bis hin zu seltenen Vintage Grafik- und Druckwerken, Kartenspielzeugen und verspielten Sammlerstücken.



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