Für den Küchenhersteller Next125 entwarf Diébédo Francis Kéré einen Pavillon aus schmalen geschälten Baumstämmen.
Diébédo Francis Kéré kam 1985 als Stipendiat der Carl Duisberg Gesellschaft nach Deutschland. Nach der Lehre als Tischler absolvierte er ein Architekturstudium an der TU Berlin. Zu seinen bekanntesten Arbeiten zählt das „Operndorf Afrika“ nach einer Idee des Regisseurs Christoph Schlingensief. Aktuell plant er Projekte in Burkina Faso, in der Oase Alula in Saudi-Arabien und ein Museum für die Alfred Ehrhardt Stiftung in Plüschow in Mecklenburg-Vorpommern. Vielfach ausgezeichnet, ist Kéré heute einer der renommiertesten Architekten der Gegenwart. Das Interview fand Mitte August in seinem Berliner Büro statt.
Die neue Bau-Kunst
AD: Herr Kéré, Sie wurden 2022 als dritter deutscher Architekt mit dem Pritzker-Preis ausgezeichnet, im letzten Jahr erhielten Sie den Praemium Imperiale der Japan Art Association. Was ist seitdem für Sie anders geworden – und hat sich überhaupt etwas verändert?
Diébédo Francis Kéré: Es hat sich eine Menge geändert. Auf einer persönlichen Ebene, weil ich gemerkt habe, dass ich für das, was ich als meine Herzensangelegenheit betrachte, Wertschätzung erfahre. Ich stelle aber auch fest, dass die Qualität der Anfragen besser geworden ist.
Sie bekleiden seit Jahren Professuren an der TU München und in Yale. Sie haben aber auch in Burkina Faso, Mosambik, Uganda und Kenia gebaut. Wie unterscheidet sich die westliche architektonische Praxis von der in afrikanischen Ländern?
In Afrika sind die Ressourcen oft knapp, aber die Nachfrage ist sehr groß. Und hier gibt es Ressourcen, aber auch eine Überregulierung, die das Entwerfen kompliziert macht. Da wünschte ich mir etwas mehr Freiheiten.
Die regional vorhandenen Ressourcen und Bedürfnisse stehen im Vordergrund
Was bedeutet das konkret für Ihre Arbeit?
In afrikanischen Ländern sind die klimatischen Verhältnisse vollkommen andere als hier. Deshalb muss man sich zum Beispiel mit den Gesetzen der Luftzirkulation auskennen. Ich bin ein deutscher Architekt, ich wurde in Deutschland ausgebildet, und das gehörte nicht unbedingt zum Lehrstoff. Aber ich habe natürlich meine Erfahrungen mit natürlicher Kühlung gemacht. Es gibt überall große Herausforderungen, aber am Ende tut man immer das Gleiche: Man baut für Menschen. Und man hofft, dass man ihre Wünsche und Vorstellungen erfüllt.
Ihre Bibliothek für die Grundschule in Gando in Burkina Faso ist eines der am meisten fotografierten Gebäude der letzten Jahre. Das Ensemble ist auch deshalb so spektakulär, weil Sie dafür nur Ziegelsteine und Wellblech verwendet haben. Wie kann Ihrer Meinung nach Architektur in Zukunft aussehen?
Ich war gerade letzte Woche wieder in Gando. Klimawandel und knappe Rohstoffe sind überall drängende Probleme. Es hat keinen Zweck, auf einem Holzbau zu bestehen, wenn es in der Gegend kein Holz gibt. Außerdem müssen wir daran arbeiten, dass Gebäude länger halten. Wir können sie nicht nach 30 Jahren abreißen, nur weil sie angeblich unwirtschaftlich geworden sind. Da sind alle in der Pflicht – die Architekten, aber auch die Bauherren.
Welche Aufgaben sehen Sie derzeit in Afrika?
In erster Linie geht es im Moment um Wissenstransfer. Was Wissen betrifft, hat Deutschland alles, aber dieses Wissen muss auch in die Länder getragen werden, in denen ein Mangel daran herrscht. Ein reiner Import von Architektur wird nicht ausreichen, es müssen auch soziokulturelle und wirtschaftliche Voraussetzungen berücksichtigt und Menschen vor Ort ausgebildet werden.
Für Next125 entwarf Francis Kéré einen Pavillon aus Baumstämmen
In Mailand haben Sie im Frühjahr eine Installation für den Küchenhersteller Next125 gezeigt – ein offener Bau aus geschälten schlanken Baumstämmen, in dessen Mitte Platz für eine Kücheninsel war. Können Sie kurz erklären, was es damit auf sich hat?
Ich wurde kontaktiert und erfuhr, dass die Firma ursprünglich von einem Tischler gegründet worden war. Nun bin ich selbst Tischler. Als ich das hörte – Familienbetrieb, Tischler –, war ich schnell offen dafür.
Wie kamen Sie auf die Idee zu „The Fireplace“?
Die Küchen von Next125 finde ich sehr präzise gebaut, aber ihre Basis ist ein Baum, den man fällt, um Holzbretter zu gewinnen und daraus dann Möbel zu machen. Ich wollte zurückgehen und den Pavillon aus dem Ursprungsmaterial errichten, aus Baumstämmen.
Kochen Sie denn auch selber gerne?
Oh ja, ich empfinde das als meditativ. Ich koche nicht nach Kochbuch, da kann ich dann wirklich machen, was ich will. Und in einer modernen Küche: Geben Sie mir eine halbe Stunde, und ich zaubere Ihnen etwas auf den Teller, das Ihnen garantiert schmeckt.
Welche Kindheitserlebnisse verbinden Sie mit dem Kochen?
Ich sehe das Licht des Feuers in der Dunkelheit, rieche den Rauch, die Düfte der Speisen und merke, wie der Appetit immer größer wird. Dann wird das Essen serviert, man sitzt in der Gruppe. Und wenn alles aufgegessen ist und die Teller weggeräumt sind und man Glück hat, erzählt die Oma noch tolle Geschichten, und man schläft dabei ein. Das habe ich als sehr romantisch in Erinnerung.


.jpg)
