Zimmerdecke gestalten: Mit diesen Tipps gelingt die stilvolle Deckengestaltung.
Nicht umsonst gilt die Decke als fünftes Element. Sie ist die fünfte, größte Wand im Raum, der leider immer noch sehr wenig Beachtung geschenkt wird. In Sachen senkrechter Wandgestaltung haben schon viele ihren Horizont erweitert, lassen sich mittlerweile viel mehr auf das Spiel mit Farben, Tapeten und Verkleidungen ein, als noch vor einigen Jahren. Dieser Mut ist definitiv schön anzusehen, macht Spaß und bestätigt die Sehnsucht nach Räumen, die voller charmanter, neuer Ideen und Persönlichkeit stecken. Genau deshalb ist ja auch der Maximalismus wieder in aller Munde (obwohl er nie ganz weg war). Die Lust, Räume zu schmücken und zu dekorieren, – und das bedeutet das maximalistische Gedankengut ja – gilt nicht nur für unsere vier, sondern die fünf Wände im Eigenheim. „Früher hat man der Zimmerdecke viel mehr Aufmerksamkeit geschenkt – zunächst aus einer konstruktiven Ästhetik heraus, später durch liebevolle Verzierungen“, weiß Fabian Freytag. „Heute fristet sie oft ein bedeutungsloses, nacktes Dasein inklusive einzelnem Lichtauslass in der Mitte. Das sollten wir dringend ändern – mehr Liebe für die Decke!“
Was wir bereits wissen: Mit flächiger Farbe kann man an der Decke vortrefflich arbeiten, gerade wenn im Colour-Drenching-Stil, alles im selben Ton gehandhabt wird. Doch es gibt noch einige weitere stilvolle Ideen für eine gelungene Deckengestaltung. Und das sowohl für kleine Apartments als auch weitläufige Wohnungen.
In der Gestaltung der Zimmerdecke schlummert ungenutztes Potenzial
Er liebt unkonventionelle Konzepte, Farben und Vielfalt: Interiordesigner Fabian Freytag kennt sich bestens mit dem fünften Raumelement aus – und verrät seine Dos and Don'ts. Natürlich gilt stets die Devise: Selbst wenn das Raumkonzept bereits steht, lässt sich die Decke noch gestalten und verschönern. Doch besser ist es selbstredend, sie von Anfang an mitzudenken. Für Fabian Freytag gab es in Bezug auf die Deckengestaltung einen Schlüsselmoment: „Mir hat vor Jahren Gio Pontis Villa Planchart die Augen geöffnet, wenn es um die Decke geht“, sagt der Innenarchitekt. Dort sieht man ganz eindrücklich, wie Farben, unterschiedliche Ebenen und Materialien Räume zonieren und den Blick ganz selbstverständlich nach oben lenken. „Ich konnte nie verstehen, warum so viele Dogmatiker darauf bestehen, dass eine Decke weiß sein muss. Gerade in Restaurants empfinde ich helle Decken oft als störend – sie nehmen dem Raum jede Spannung. Für mich muss die Decke geheimnisvoll oder verspielt sein; sie ist die große Bühne, die fast alle übersehen.“
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Die Möglichkeiten bei der Deckengestaltung sind vielfältig – doch es gibt auch Gefahren
Von der Holzverkleidung über rustikale Steindecken und Zierleisten bis zu grafischen Elementen, reflektierenden Oberflächen und Metallverkleidungen – es gibt viele Wege, die zur gelungenen Deckengestaltung führen. Fabian Freytag Studio hat eigentlich alles davon ausprobiert, viel experimentiert und „mit der Decke angestellt.“ So kommt eben auch die Erfahrung. „Besonders beeindruckt hat mich ein spielerischer Umgang im Restaurant ‘Skopik & Lohn’ in Wien.“ Dort zieren wilde, schwarze, schnelle und langsame Striche und Kringel die Decke. „Das schafft eine großartige Atmosphäre, wirkt ungeplant, folgt aber dennoch einem sehr feinen Prinzip. Mein Tipp: Man sollte trotzdem nicht bei der nächsten Hausparty spontan zum Pinsel greifen – so etwas sollte man unbedingt nüchtern malen!“
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Stuckelemente, Steindecke, Holzverkleidung, Zierleisten – oder die Decke mit Stoff abhängen?
Die Holzverkleidung ist relativ verlässlich, ihre Anfänge als Holzbalkendecke kann man schließlich bis ins Mittelalter zurückverfolgen. Seit der Antike sind nachträgliche Zier- und Stuckleisten eine gängige Möglichkeit, die Zimmerdecke aufzuwerten. Doch haben Sie schon einmal überlegt, mit Stoff zu arbeiten? „In unserem letzten Projekt habe ich die Decke mit Stoff abgehängt“, erzählt Fabian Freytag. „Ich liebe Zelte, weil sie die ursprünglichste Form sind, Räume zu schaffen, und uns darüber hinaus unterbewusst ans Kindsein erinnern – ans Höhlenbauen oder daran, unter dem Esstisch mit einer Tischdecke zu sitzen.“ Kein Geringerer als der amerikanische Modedesigner Roy Halston mit seinem ersten Studio inspirierte den Interiordesigner dazu. „Er spannte üppige Stoffbahnen von der Decke bis zum Boden, zwischen denen die Gäste damals saßen.“ Ein Vorteil, neben der Schönheit des Textilflusses? Die Akustik. Trotzdem hat es gedauert, bis Fabian Freytag den Impuls umsetzte. „Ich musste lange warten, bis die Idee Realität werden konnte. Denn es kam immer das Argument, dass sich darüber Staub sammle – ein Satz, den man über eine andere Abhängecke noch nie gehört hat“, sagt der Studioinhaber mit Sitz in Berlin.
Deckengestaltung für kleine Räume: Dunkle Farben und Streifen
Für die Zimmerdecke gilt, was auch für Gestaltung der Räume essenziell ist: Die Größe ist entscheidend. Mit kleinen Wohnungen wird anders umgegangen, als mit großen, weitläufigen Domizilen. Auch an dieser Stelle weiß Fabian Freytag den besten Umgang: „Kleine Räume würde ich stets dunkler streichen als große – so nivelliert man das Raumgefühl. Selbst eine leicht abgewandelte Farbe, gerne etwas dunkler, im Vergleich zur Wand wirkt Wunder.“ Neben dunklen Nuancen kann man auch auf ein altbewährtes Gestaltungselement zurückgreifen: Streifen. „Begrenzte Räume erfahren zudem einen absoluten Boost durch diagonale Linien, die automatisch gute Laune in uns auslösen; vermutlich durch die Assoziation mit Markisen, Sommer und positiven Erinnerungen“, verrät er. „Grundsätzlich sind geometrische Formen Trumpf.“ Wo man das besonders gut sieht? In Portofino! Für sein neues Buch „Gently Radical: Interior Design“ setzte sich der Innenarchitekt intensiv mit der vorherrschenden Architektur auseinander. „Um die Fassaden herrschaftlicher Häuser zu imitieren, werden ebenjene klassischerweise mit grafischen Techniken wie Sgraffito oder Trompe-l’Œil bemalt. Man kann sagen, was man will – auch wenn man weiß, dass es nicht echt ist, das Auge freut sich einfach daran!“
Davon rät der Profi bei der Deckengestaltung ab
Ja, „zu viel des Guten“, das gibt es wirklich. Auch wenn der Maximalismus stärker denn je ist und einige puristische Regeln aufheben. „Von wilden Tapeten sollte man an der Decke absehen“, sagt Fabian Freytag. „Ich finde diesen Effekt oft etwas banal und übertrieben. Man sollte die Zimmerdecke wahrnehmen, aber sie sollte sich auch mit dem Rest verzahnen“, und nicht nur Show sein. „Wenn Tapete, dann konsequent – an Decke und Wänden.“ In Sachen Farben gibt es für den Kreativen ebenfalls ein No-Go: Reinweiß! „Mein absoluter Tipp: Rohbau- und Betondecken sollte man einfach so lassen. Keine Beton-Kosmetik, gar nichts. In meiner Wohnung finde ich teilweise noch Zigarettenstummel, Aufkleber und Baureste, die sich wie Fossilien an der Decke abzeichnen – weil die Rohbauer fest davon überzeugt waren, dass alles verputzt wird. Aber genau diese Geschichten finde ich einfach großartig. Ein Gratis-Kunstwerk!“
