Brutalismus de luxe: Wie ein postindustrielles Loft-Apartment in Sydney dank Inspiration aus Japan mit einer cleanen Materialpalette und hellen Tönen neu belebt wurde.
Im Herzen von Sydney gelegen, beherbergte dieses alte Backstein-Lagerhaus aus dem 19. Jahrhundert einst eine britische Teefabrik. „Lassen Sie mich Ihnen die Geschichte hinter diesem Gebäude erzählen“, sagt der französisch-australische Innenarchitekt Oliver Du Puy. „Im 19. Jahrhundert war dieses Viertel ein Industriegebiet, bevor der Betrieb eingestellt wurde und es sich mit seinen verlassenen Gebäuden, den besetzten Häusern und Techno-Partys in einen zwielichtigen Ort verwandelte. Ein paar Künstler:innen, viele Drogen ... Doch dann wurde es cool.“ Heute gilt Surrey Hills als eines der angesagtesten Viertel Sydneys, mit zahlreichen Restaurants, Kunstgalerien und charakteristischen Lofts in ehemaligen Industriegebäuden – wie diesem hier. Oliver Du Puy renovierte dort für eine „große australische Schauspielerin“, deren Name nicht genannt wird, ein 200 Quadratmeter großes ehemaliges Büro mit Terrasse, das als Zweitwohnsitz dienen soll.
Offene Raumstruktur und Brutalismus-Vibes
„Meine Kundin wollte einen Ort, der sich von dem unterscheidet, an dem sie in Sydney aufgewachsen ist“, erzählt der Innenarchitekt, „einen ruhigen, meditativen Raum. Und man muss sagen, dass diese Wohnung mit ihren originalen Balken und ihren achteckigen Stahlbetonsäulen besonders charmant war.“ Die ersten Umbauarbeiten bestanden darin, die zahlreichen Trennwände zu entfernen, die die Wohnung geschlossen hielten. „Wir haben versucht, alles abzureißen, was wir konnten“, erklärt Du Puy, der die Decken, Balken und Säulen abschliff, um den originalen Rohbeton freizulegen. Die Stahlfenster und der Parkettboden aus hundertjährigem Jarrah-Holz – einer sehr seltenen australischen Holzart mit rötlichen Nuancen – wurden erhalten, um dem Loft seinen alten Charme zurückzugeben.
In dieser Metropole südlich des Äquators taucht die Sonne in der Regel alles in ein warmes Licht – so auch dieses helle Apartment. „Von morgens bis abends umgibt die kinetische Energie der Stadt das Loft und spiegelt sich in den umliegenden Straßen, Gebäuden und am Himmel wider“, beschreibt Oliver Du Puy die Atmosphäre. „In diesem Haus ist man von Sydneys ganz eigener Form von Großstadtflair eingehüllt, weit weg von den berühmten Stränden und dem Hafen.“
Japanische Einflüsse
„Unser Ziel war es, dem Raum mehr Weichheit zu geben und die Materialpalette zu reduzieren“, erklärt der Designer. Die Wahl fiel daher auf Eiche, Edelstahl und grünlich geäderten Calacatta-Marmor. Das minimalistische Ensemble lehnt sich an den Purismus japanischer Häuser an. Oliver Du Puy, der seine Karriere in Japan an der Seite von Kengo Kuma und Jun'ya Ishigami begann, konnte durch diese namhaften Kooperationen ein Gespür für die Kultur des Minimalismus und die Philosophie des Wabi-Sabi entwickeln. „Die Idee war, ein japanisches Ryokan, ein New Yorker Lagerhaus à la Donald Judd und den Palazzo Pucci von Gae Aulenti in Mailand zu mischen“, verrät er.
Clean, rau und Vintage
Für seine Kundin, die sich für Yoga und Meditation begeistert, war Ruhe unerlässlich, aber ebenso auch Geselligkeit, denn sie wollte „große Feiern mit vielen Gästen“ veranstalten können. Der Innenarchitekt entwarf daher ein Interieur, das sowohl intim und entspannend als auch offen ist und positive Energie ausstrahlt. „Wir haben uns an der japanischen Philosophie des Wabi-Sabi orientiert, die Schönheit und Unvollkommenheit in den Vordergrund stellt. Das spiegelt sich in den Möbeln, aber auch in der architektonischen Gestaltung wider, bei der auf überflüssige Elemente verzichtet wurde.“ Um diesem postindustriellen Interieur einen sanften Akzent und mehr Sinnlichkeit zu verleihen, wurden einige Wände abgerundet. Das macht den Bewegungsfluss ruhiger und fließender. Außerdem finden sich in der gesamten Einrichtung italienische Vintage-Designobjekte, die die Räume beleben.
Elegante Kontraste
Kontraste waren bei der Umgestaltung der Wohnung ebenfalls von großer Bedeutung. Insbesondere der Schlafbereich zeichnet sich durch einen Mix aus Hell und Dunkel aus. „Der Eingangsbereich ist sehr dunkel, wie in einem Hotel; betritt man jedoch das Interieur, wirkt es sehr hell, mit einem interessanten Wechselspiel aus Licht und Dunkelheit.“ Der Eingang zum Badezimmer, der hinter einer versteckten Schiebetür verborgen ist, sowie die dunklen Holzarbeiten bringen die Helligkeit der anderen Räume besonders zur Geltung. Für noch mehr Kontrast sorgt der Dialog zwischen den sehr unterschiedlichen Materialien. „Es wurden viele luxuriöse Materialien wie Calacatta-Verde-Marmor und Travertin verwendet, aber auch einige preiswertere, fast schon industrielle Materialien, etwa gebürsteter Stahl für die Armaturen, Beton Ciré für die Wände oder Edelstahl in der Küche“, betont Du Puy. „Diese Mischung ist ziemlich eklektisch und daher in gewisser Weise überraschend.“
„Das Gebäude bleibt erkennbar, es soll aber auch die jeweilige Persönlichkeit zum Vorschein bringen“, fasst Oliver Du Puy geheimnisvoll zusammen. „Wenn die Kundin Schauspielerin ist, schlüpft sie immer in die Rolle einer anderen Person. Dieser Raum soll es daher ermöglichen, ganz sie selbst sein zu können, ohne eine Rolle spielen zu müssen.“ Eine Philosophie, über die es sich – im wahrsten Sinne des Wortes – zu meditieren lohnt.
Zuerst erschienen bei AD France.













