Brutalistisch, nachhaltig und rundum begrünt: In diesem Haus in der Natur kommt die ganze Familie zusammen

Sandstein, ein Vertical Garden und ein Wasserbecken verbinden das Haus mit der Landschaft: Im Süden Indiens schuf 23DDS ein nachhaltiges Familien-Refugium für drei Generationen
Brutalistische Architektur Villa in Indien mit Hängepflanzen Palmen
Shamanth Patil

So entstand für eine Familie in Hyderabad ein über 1000 Quadratmeter großes Wochenendhaus voller Holzmöbel und Steinböden.

Für das indische Architektur- und Designstudio 23 Degrees Design Shift (oder auch: 23DDS) ist der Kontext rund um ein Projekt von großer Bedeutung – dies war auch der Fall, als das Büro von den Brüdern Agarwal mit dem Entwurf eines Wochenendhauses in Hyderabad beauftragt wurde. Der erste Schritt: die Hintergründe des Grundstücks und die Geschichte der Familie, die dort leben würde, verstehen. Aus diesem Grund führten die Architekten Srikanth Reddy, Neelesh Kumar und Raghuram mehrere Gespräche mit allen drei Generationen der Familie, um einen Entwurf zu machen, der den Bedürfnissen aller gerecht wird. „Diese Gespräche haben es uns ermöglicht, einen gestalterischen Rahmen zu schaffen, der nicht nur ihren gemeinsamen Vorstellungen, sondern auch ihren Geschichten, Erinnerungen und persönlichen Inspirationen gerecht wurde“, erklären die Architekten von 23DDS.

brutalistisches FamilienHaus in Indien Außenansicht der modernistischen Architektur

Entlang der Fassade des brutalistischen Hauses wächst ein Vertical Garden aus Schlingpflanzen.

Shamanth Patil

Das Projekt von rund 1340 Quadratmetern erhielt den Namen „Antriya“ und zeichnet sich durch ein vom Modernismus inspiriertes Design aus. Es ist stark an das Klima und die Natur der Region angelehnt, wobei der Entwurf des Hauses mithilfe von traditionellen Techniken aufgewertet wurde. „Bei der Gestaltung lag der Fokus nicht auf spektakulären Effekten, das Haus verbindet stattdessen eine zeitgemäße Raumaufteilung und traditionelle Ideen. Wenn man den Stil des Hauses definieren müsste, könnte man diesen als regionalen Modernismus beschreiben – zeitgenössisch in der Form, gestützt auf lokale Materialien, klimaorientiert und kulturell verankert“, erklären die Architekten.

brutalistisches FamilienHaus in Indien Outdoorbereich Sitzbereich im Freien

Die unter freiem Himmel eingerichtete Sitzecke soll als Erweiterung des Wohnbereichs fungieren.

Shamanth Patil

Generationsübergreifende Outdoor-Bereiche

Die Zufahrt zum Haus schlängelt sich über das Gelände, wobei die Kurven der Straße dem natürlichen Verlauf der Landschaft folgen. Auf beiden Seiten der Auffahrt finden sich Spuren jeder Generation der Familie, wie beispielsweise ein Weingarten in Erinnerung daran, wie die Agarwal-Brüder auf der Farm ihrer Familie Früchte ernteten, sowie ein Sportfeld und ein Schlamm-Pfad für die jüngste Generation. Das Haus ist außerdem von zwölf Meter breiten Rasenflächen umgeben, wodurch frische Luft aus allen Richtungen ins Haus strömen kann. „Im Gegensatz zu versiegelten Flächen geben diese Rasen zu keiner Tageszeit Wärme ab und reduzieren so die Erwärmung des Gebäudes durch die Umgebung.“ Im Außenbereich des Hauses finden sich außerdem ein Steingarten und eine halboffene Outdoor-Küche. Das Ende der Auffahrt bildet eine große Pappel-Feige – auch bekannt als Heiliger Feigenbaum –, um „ein Gefühl des Ankommens zu vermitteln“.

brutalistisches FamilienHaus in Indien Outdoorbereich mit Fassadenbegrünung Stühle

Das Haus ist entlang von Achsen gebaut, die in Knotenpunkten münden, die durch einen mit Steinen gepflasterten Sitzbereich auf dem Rasen gekennzeichnet sind.

Shamanth Patil
brutalistisches FamilienHaus in Indien Steinmauer Steinboden Begrünung

Der Sandstein aus Khammam bildet die Grundlage für die Materialpalette des Hauses – so wurde etwa diese Mauer aus dem regional geförderten Sandstein gebaut.

Shamanth Patil
brutalistisches FamilienHaus in Indien Loungebereich skulpturale Treppe

Die Möbel des Hauses stammen von der indonesischen Marke Dbodhi. Die Beleuchtung ist von Love of Light.

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Brutalistische Architektur mit viel Begrünung

Auch das Haus selbst hat eine biophile Seite: Rankpflanzen schlängeln sich von Auskragungen hinunter und bilden einen charmanten grünen Vorhang, der fast von jedem Raum aus zu sehen ist. „Wenn das Tageslicht durch die Blätter in das Interieur fällt, wird dieses durch ein wechselndes Spiel aus Licht und Schatten belebt. Das sorgt nicht nur für eine dramatischere Raumatmosphäre, sondern stärkt auch die Verbindung zwischen dem Innern und der üppig begrünten Umgebung. Es ist eine elegante Art und Weise, die Natur zu integrieren, ohne sich ihr direkt auszusetzen, insbesondere in den oberen Bereichen des Hauses“, erklären die Architekten. Die Kletterpflanzen sorgen zudem für eine passive Kühlung des Gebäudes, da sie natürlichen Sonnenschutz bieten.

brutalistisches FamilienHaus in Indien Wohnzimmer mit Glasfronten Sofas

Durch die Schiebetüren kann das Wohnzimmer flexibel von einem Innen- in einen Außenbereich verwandelt werden.

Shamanth Patil
brutalistisches FamilienHaus in Indien Rückseite des Hauses Steinweg Essbereich

Von der hinteren Seite des Hauses aus blickt man in den Essbereich und auf die Schnittstelle von zwei der drei Khammam-Steinmauern.

Shamanth Patil
brutalistisches FamilienHaus in Indien Außenansicht Haus mit Wasserlauf Vertical Garden

Das Wasserbecken, das das Haus umsäumt, ist sowohl ästhetisch als auch funktional begründet.

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Wenn Innen und Außen verschwimmen

Von außen wirkt das Haus, als würde es über der Landschaft schweben, was sowohl ästhetische als auch praktische Gründe hat. Die gesamte Struktur ruht auf einem auskragenden Sockel, unter dem ein Wasserbecken angelegt wurde, welches das gesamte Haus umsäumt. Und dieser Wasserlauf ist sogar voller Leben: Neben Wasserpflanzen beherbergt er auch eine Vielzahl von Fischen und dient gleichzeitig als Abwehr gegen Kriechtiere. Die Gemeinschaftsräume des Hauses sind Paradebeispiele dafür, wie sich die Grenze zwischen Innen und Außen vollständig verwischen lässt. Das Konzept der Räume basiert auf einem Indoor-Outdoor-Design, so lässt sich die Veranda am Eingangsbereich zum Beispiel mithilfe eines Schiebeglassystems leicht in einen Indoor-Wohnbereich verwandeln – die ausgreifende, skulptural geschwungene Treppe bildet den perfekten Hintergrund für den Loungebereich.

brutalistisches FamilienHaus in Indien Pool Steinwand aus Sandstein

Der große Swimmingpool wurde so konzipiert, dass er für alle Generationen der Familie leicht zugänglich ist und gleichzeitig Privatsphäre im Outdoor-Bereich bietet.

Shamanth Patil

Mauern aus lokalem Sandstein

Neben dem Wassergraben ist ein weiteres charakteristisches Merkmal des Hauses der Khammam-Sandstein: Daraus wurden drei Wände gebaut, die die Raumaufteilung bestimmen und eine Trennung zwischen den verschiedenen Bereichen des Hauses schaffen. Die erste Steinwand erstreckt sich entlang eines Weges, der zum Haus führt, und sorgt für Privatsphäre rund um den Pool, der auf der anderen Seite der Wand liegt. Die zweite Steinmauer verläuft mittig durch das Haus und schafft eine klare Trennung zwischen den gemeinschaftlichen und den privaten Räumen, wobei die Küche, das Wohnzimmer und das Esszimmer auf der einen Seite und die Schlafzimmer auf der anderen untergebracht sind. Die dritte Steinmauer nimmt ihren Anfang in der Nähe des abgesenkten conversation pit im Freien und trennt die Technik- und Hauswirtschaftsräume von den Wohnbereichen des Familien-Zuhauses.

brutalistisches FamilienHaus in Indien Schlafzimmer mit Steinboden und Glasfronten

Aus Rücksicht auf die älteren Familienmitglieder wurden vier der fünf Schlafzimmer in der unteren Etage eingerichtet. Die Bedürfnisse der Familie waren bei der Raumaufteilung von größter Priorität.

Shamanth Patil

Naturstein und Holz

Die Materialpalette des Hauses ist stark regional geprägt, wobei 23DDS für die Böden Sandstein aus Khammam und Schiefer aus Markapuram verwendete. Der Sandstein stammt aus dem südindischen Bundesstaat Telangana, während der Schiefer aus Markapur im benachbarten Andhra Pradesh bezogen wurde. Beide Natursteine sind unterschiedlich strukturiert: Der Khammam-Sandstein bietet den Kletterpflanzen eine raue Oberfläche, an der sie gut Halt finden, während die glatte Oberfläche des Schiefers die Bewohner:innen einlädt, barfuß zu gehen. Die übrigen Wände des Hauses sind mit neutralem hellgrauem Kalkputz verkleidet, wodurch der sandfarbene Khammam-Stein und die Fliesen aus Markapuram besonders gut zur Geltung kommen. Die Möbel sind aus massivem wiederverwertetem Teakholz und Baumkantenholz gefertigt, was dem brutalistisch wirkenden Ensemble eine warme Note gibt.

brutalistisches FamilienHaus in Indien Badezimmer mit Badewanne Steinwände

Dieses Badezimmer strahlt mit seinen Steinwänden und Holzverkleidungen eine angenehme Wellness-Atmosphäre aus – ein stimmungsvoller Rückzugsort, um die Schönheit der Natur zu genießen.

Shamanth Patil

23 Degrees Design Shift haben die anspruchsvolle Landschaft des Grundstücks und die Dimensionen und Proportionen des Hauses geschickt in Einklang gebracht. Es ist ein offenes und familiäres Refugium entstanden, das dennoch genügend Platz für Ruhe und Kontemplation umfasst. „Dieser Ort zeugt von den konsequenten Bestrebungen, ein Haus zu bauen, das Grenzen verschwimmen lässt – sei es zwischen Innen und Außen, zwischen den Generationen oder zwischen Architektur und Landschaft“, freuen sich die Architekten.

Zuerst erschienen bei AD India.