Bernard Dubois sanierte eine Wohnung der Luxusimmobilie Immeubles Walter in Paris ganz nach amerikanischem Vorbild

Viele Prominente lebten hier – so war es auch gedacht, als Jean Walter 1931 in Paris die Immeubles Walter baute. Nun wurde eins der Appartements saniert: So meisterte Bernard Dubois den Epochenspagat
Die Küche besteht aus mattem Stahl und schießt unmittelbar an den Kamin an.
Romain Laprade

Bernard Dubois: Der Architekt sanierte eine Erdgeschosswohnung des Luxus-Gebäudekomplexes und kombinierte eigene Entwürfe mit Design-Klassikern und bewahrte den eleganten Charme der 1930er-Jahre.

Josephine Baker hat in einer dieser Wohnungen oft getanzt, das sagt zumindest die Legende. Auch die Mode­macher Pierre Balmain und Pierre Guerlain lebten hier, ebenso wie Catherine Deneuve, etliche Kunst­händler sowie prominente Politikerinnen und Politiker. Ein Condominium für Wohlhabende, die nicht nur die nötigen Mittel mitbringen mussten, sondern auch eine andere Eigenschaft: die Faszination für den amerikanischen Lebensstil. Für sie gab es in der Tief­garage eine Autowaschanlage – und einen Wachdienst rund um die Uhr. 1931 entwarf der Architekt Jean Walter die drei Immeubles Walter im 16. Arrondissement, die seitdem nach ihm benannt sind, mit Innenhöfen und grünen Gärten, eine Zitadelle des Luxus. Auch ihr Art-déco-Stil hat nur wenig Französisches: linear und geometrisch, erinnert er eher an die frühen Wolken­kratzer von Chicago und New York.

Im Wohnzimmer stehen zwei schwarze „Fm62“Sessel von Radboud van Beekum an einem Coffeetable von Bernard Dubois.

Die „Fm62“-Sessel im Wohnzimmer sind Vintages von Radboud van Beekum, den Coffeetable designte Dubois.

Romain Laprade

Der amerikanische Lebensstil als Quelle der Inspiration

Dies war noch gut 90 Jahre später eine starke Inspiration, als sich Bernard Dubois daranmachte, die Wohnung eines jungen, lebenslustigen Eigentümers von Grund auf zu sanieren. Etwa 150 Quadratmeter groß und im Erdgeschoss gelegen, hat sie nun einen völlig neuen Grundriss. „Wir haben nur die tragenden Pfeiler und die großen Fenster so gelassen, wie sie waren, sie werfen ein schönes theatralisches Licht ins Innere“, erklärt der Architekt aus Paris. „Der Rest wurde von uns komplett neu organisiert, um die mit vier Metern beträchtlich hohen Räume optimal zu nutzen.“

Die Küche besteht aus mattem Stahl und schießt unmittelbar an den Kamin an.

Die stählernen Oberflächen der Küche fangen das einfallende Licht auf und sorgen durch ihre zarten Reflexe für eine hellere Umgebung. Der Kamin neben der offenen Küche ist original.

Romain Laprade

Warme Farben treffen kühlen Stahl

Die beruhigende Monochromie von Beige in allen Schattierungen gibt farblich die Temperatur des Appartements vor, hüllt es in eine angenehm gemäßigte Wärme. Sie mildert die scharfen Linien der maskulinen geometrischen Möbel in Schwarz oder aus verspiegeltem Stahl – viele davon hat Dubois selbst entworfen. „Kontraste und die daraus resultierenden neuen Harmonien sind etwas, das mich schon immer interessiert hat“, sagt er. „Ich habe hier versucht, die 30er-Jahre, in denen das Gebäude errichtet wurde, mit den 80ern zu verbinden. Das ist eine Zeit, die ich sehr mag, aber nicht die Pop- oder Memphis-Jahre, sondern die von Mario Botta und Mario Bellini.“ An ihnen schätzt Dubois das Design der klaren Formen, das hervorragend zu dieser Wohnung passt. Im Wohn­zimmer mit der offenen Küche steht ein Esstisch von Bellini, der Kamin stammt aus dem Jahr 1931 – und beide wirken, sagt Dubois, „als seien sie schon immer hier gewesen“.

Der hölzerne Esstisch ist von Mario Bellini und die Stühle von Mario Botti.

Im vier Meter hohen Esszimmer stehen „Seconda“-Stühle von Mario Botta für Alias um einen „Basilica“-Tisch, den Mario Bellini für Cassina entwarf.

Romain Laprade

Das Farbschema, das bei den Schränken am Eingang mit ihren prägnanten Baguette-Rillen beginnt, setzt sich im Schlafzimmer und den angrenzenden Räumen fort. Dort haben die Beigetöne die Funktion, die Einheitlichkeit der Wahrnehmung zu verstärken, gerade weil die Zimmer absichtlich schmaler sind als im vorderen Teil: Wände, Möbel, Teppiche tragen alle denselben Farbton, sogar der Travertin im Bad ist darauf abgestimmt. Um Schlafzimmer und Bad miteinander zu verbinden, setzte Bernard Dubois ein großes rundes Fenster ein – auf der einen Seite ist es durchsichtig, auf der anderen ein Spiegel. Und Dubois hängte noch einen Vorhang davor, den man herunterlassen kann, wenn einem der Sinn nach Privatheit steht. Der Effekt dieses Bullauges ist dramatisch. So dringt das Licht, das durch die Fenster im Schlafzimmer fällt, bis ins Bad. Es vermittelt einem die Ahnung von Erhabenheit. Und ist zu hundert Prozent französisch.

Im Schlafzimmer ist ein rundes Fenster das sich verspiegeln lässt.

Dubois baute das runde, teilverspiegelte Fenster im Schlafzimmer ein und schaffte so eine weitere Möglichkeit, das dahinter liegende Bad mit natürlichem Licht zu beleuchten.

Romain Laprade