Leben am Fluss oder auf dem Meer. Welche Lösungen bieten Architekten?
Wasser wird zum Problem: Entweder kommt es als Sturzbach oder bleibt für Wochen und Monate aus. So oder so müssen wir uns auf den menschengemachten Klimawandel einstellen, Städte entsiegeln und zu „Schwammstädten“ weiterentwickeln, die auch mal einen Starkregen verdauen, den Flüssen wieder mehr natürliche Überschwemmungsflächen zurückgeben und vor allem: nicht mehr alle neuen Siedlungen am Ufer genehmigen.
Mit dem steigenden Meeresspiegel rollt ein noch größeres Problem auf uns zu. Jakarta, Miami, Lagos oder Venedig kämpfen schon heute mit Überflutungen. Bei Aqua Alta bekommen nicht nur Touristen der Serenissima kalte Füße, und Megaprojekte wie das Mose-Projekt in Venedig sind hochumstritten. Das IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change) hält einen Meeresanstieg von mindestens einem Meter bis 2100 für wahrscheinlich, je nach Lage kann er noch dramatischer ausfallen. Allein in den neun Jahren zwischen 2006 und 2015 verlor der grönländische Eisschild durchschnittlich 278 Gigatonnen Eis. Pro Jahr. Jede Gigatonne Schmelzwasser entspricht einem Würfel mit einer Kantenlänge von einem Kilometer.
Die besten Architekturbüros der Welt suchen Antworten – vier Beispiele
Welche Lösungen also bieten die besten Architekt:innen der Welt? Fragen wir gleich nach in einer Nation, die ihr Land in Jahrhunderten dem Wasser abgerungen hat: den Niederlanden. Ihre Wasserbauer sind die Besten. Und dazu zählt Waterstudio NL. Das Architekturbüro südlich von Den Haag entwickelt „Lösungen für die Probleme, die durch Urbanisierung und Klimawandel entstehen.“ Das sind teils ziemlich radikale Antworten, schwimmende Häuser und ganze Siedlungen. „Wenn wir mit Wasser planen und nicht nur dagegen, schaffen wir die sichersten und flexibelsten Städte der Zukunft“, sagt Koen Olthuis, der Architektur und Industriedesign an der Technischen Universität Delft studierte. Und fügt hinzu: „Die eigentliche Frage ist nicht, ob wir es uns leisten können, auf Wasser zu bauen, sondern ob wir es uns leisten können, es nicht zu tun.“
Wasser hat keine Balken? Hat es doch: Amphibische Gebäude haben einen unschlagbaren Vorteil. Sie passen sich wechselnden Wasserständen an. Auf Pontons oder Plattformen im Wasser lassen sich auch mal Fluten wegstecken. Und sogar großes Theater machen, wie mit dem Theater L’Île Ô in Lyon. Es bietet zwei Veranstaltungssäle mit 78 und 244 Sitzplätzen, dazu auf drei Ebenen Platz für Workshops, Fortbildungen und Firmenveranstaltungen, gekrönt von einer 140 Quadratmeter großen Dachterrasse.
Zusammen mit Arkup entwarf Waterstudio NL eine Hausjacht, die über ein eigenes Abfallentsorgungs-, Regenwasser- und Wasseraufbereitungssystem verfügt. Das mehrgeschossige Hausboot soll sogar einem Hurrikan standhalten.
Das vielleicht poetischste Projekt von Waterstudio NL aber ist die Malediven Floating City unweit von Male. Zu den krachbunten MFC-Wohnungen sollen einmal Restaurants und Boutiquen und ganzer Hafen hinzukommen. Der Anspruch ist hoch: Nachhaltigkeit und Lebensqualität zu vereinen, vor allem, wenn die Architektur auch noch traditionelle Bauweisen und Materialien aufnehmen will.
Alle anderen, die es dazu nicht aufs Wasser treibt, werden sich zumindest über eine renaturierte Flusslandschaft freuen, wie sie das Atelier Dreiseitl in Singapur verwirklichen durfte. Heute zählt der Bishan Park im Herzen der Stadt zu den beliebtesten Ausflugszielen. Kaum zu glauben, dass hier einmal ein 2,7 Kilometer langer Entwässerungskanal die Stadtlandschaft zerschnitt. Aus der Betonwanne wurde ein mäandrierendes Naturreservat.








