Stuckträume in Pudertönen: So aufwendig und liebevoll renovierte Adele Helmers ihre Altbauwohnung in Prenzlauer Berg

Gemeinsam mit ihrem Mann Stephan Raczak erfüllte sich die Interiordesignerin den Traum vom sanierten Altbau in Berlin und stellte die rund 180 Quadratmeter einmal auf den Kopf
Altbauwohnung in Berlin von Adele Helmers und Stephan Raczak.
Jordann Wood

Grundsanierung einer Altbauwohnung in Berlin-Prenzlauer Berg: So wohnen Adele Helmers und Stephan Raczak.

„Die Wohnung wird nie wirklich fertig sein, weil mir immer etwas einfällt, das ich noch mal ändern möchte“, lacht die gebürtige US-Amerikanerin. Das Paar ist das perfekte Duo in puncto Einrichtung und Renovierung. Raczak führt ein Immobilienunternehmen, das Objekte mit Potenzial renoviert, saniert und gestaltet. Die Interiordesignerin studiert an einer der führenden Designschulen in den USA und betreut Projekte in den Vereinigten Staaten sowie Berlin. Ihre Wohnung war ein wahrer Rohdiamant, den das Paar gemeinsam zu ihrem Eigenheim schliff. Im Interview erzählt Helmers mehr über die Renovierung und die behutsame Gestaltung ihrer Traumwohnung.

Adele Helmers über die Renovierung ihrer Berliner Altbauwohnung

Adele, fangen wir ganz von vorne an, wie bist du aufgewachsen?

Adele Helmers: Ich bin in South Carolina mit vier weiteren Geschwistern in einem sehr alten Haus aufgewachsen, das meine Mutter liebevoll renovierte und gestaltete. Ein Teil meiner Kindheit bestand tatsächlich darin, mit ihr und meinen Geschwistern in Antiquitätenläden zu gehen. Wir haben sie damals immer als Süßigkeitenläden bezeichnet, weil es dort immer etwas zu naschen gab (lacht). Ich bin also bereits mit Antiquitäten aufgewachsen. Nach der Schule begann ich dann an der Rhode Island School of Design, Textildesign zu studieren.

Wie ging es dann weiter?

Nach meinem Studium zog ich nach Marokko und arbeitete für verschiedene Non-Profit-Organisationen. Danach zog es mich nach Berlin, hier lernte ich auch relativ schnell meinen Mann kennen – das war vor rund acht Jahren.

Hast du Berlin von Anfang an gemocht?

Berlin ist mittlerweile mein Zuhause geworden, ich liebe die Stadt sehr. Aber hätte ich Stephan nicht kennengelernt, hätte ich den ersten Winter sicher nicht überstanden (lacht). Wir zogen schnell zusammen und begannen Stückchen für Stückchen, diese Wohnung zu renovieren.

Ab welchem Zeitpunkt dachtest du, es ist an der Zeit für ein eigenes Interiordesign Studio?

Als wir die Renovierungen starteten, begann ich diesen Prozess auf Social Media zu teilen. Außerdem lieben wir Hosting! Plötzlich bekam ich immer mehr Anfragen wie: „Hey, ich bin umgezogen, kannst du mir auch helfen?“ – das war der Anfang von Adele Helmers Studio.

Hast du mittlerweile ein Spezialgebiet?

Ich betreue hauptsächlich Projekte an der Ostküste der USA oder hier in Berlin. Meist sind es Altbauten, die ich renoviere, und Objekte, denen ich wieder neues Leiben einhauche. Für mich beginnt alles mit der Architektur und wie sie den visuellen und emotionalen Rhythmus eines Raumes prägt. Ich arbeite sehr intuitiv und versuche immer, ein Konzept zu erstellen, das tiefer geht als die reine oberflächliche Ästhetik.

Der Stil der Amerikaner und der Deutschen unterscheidet sich sehr, wie gehst du in deinen Entwürfen damit um?

In meinen Entwürfen vereine ich beide Stilrichtungen: die gemütliche, taktile Ästhetik des amerikanischen Stils, mit der Klarheit, der visuellen Ordnung des deutschen Designs. So fühlt sich nichts übertrieben an.

Wohnzimmer in der Altbauwohnung von Adele Helmers in Berlin

Beige auf Beige – Vor dem „Confidencial“-Sofa von Alberto Rosselli für Saporiti sind zwei monolithische Couchtische platziert, die das Paar aus dem restlichen Marmor, das im Bad verarbeitet wurde, fertigen ließ.

Jordann Wood / Kunst: Duilio Barnabe

Diese Veränderungen kreierten ein lichtdurchflutetes Zuhause

Wie habt ihr als Paar bei der Renovierung zusammengearbeitet?

Ich war für die Designvision verantwortlich und habe alles geplant und gestaltet. Stephan geht jedes Projekt mit einer sehr lösungsorientierten Denkweise an, er ist derjenige, der die nötigen Gewerke auftreibt und die Planung strukturiert. Er hat schließlich mit seinem Immobilienunternehmen Citium Homes schon viele Sanierungen von Altbauwohnungen durchgeführt. Ich muss also die Entscheidungen treffen, und er sorgt dafür, dass diese auch umgesetzt werden. Vertrauen und Kommunikation hat bei einem derartigen Projekt oberste Priorität.

Wirft man einen Blick auf die Vorher-Bilder, fällt gleich auf, dass ihr einiges verändert habt: Wände verkleidet, Türen gestrichen, was beinhaltete die Renovierung alles?

Ich wollte unbedingt den Flur minimieren. Das ist für mich ein toter Raum, den man nicht nutzen kann. Außerdem war mir natürliches Licht sehr, sehr wichtig. Ich wollte eine Sichtachse kreieren, sodass der Blick durch die ganze Wohnung schweift und das Tageslicht zirkulieren kann. Also haben wir Teile des Grundrisses verändert und zum Beispiel den Flur und das Bad verkleinert, Türen entfernt oder verlegt und in einen neuen Boden investiert. Zudem haben wir die Decken und den Stuck komplett restaurieren lassen. Das Ziel war es, die innewohnende Schönheit der Wohnung wiederherzustellen.

Diese Farbtricks wandte Helmers an

Es wirkt alles sehr harmonisch aufeinander abgestimmt, wie bist du mit Farbe umgegangen?

Mir war es sehr wichtig ein atmosphärisches zu Hause zu kreieren, um das zu realisieren, kam natürlich auch Farbe zum Einsatz. Für die Decke im Wohnzimmer entschied ich mich für ein gräuliches Rosa. Im Esszimmer ließen wir nur die Farbschichten abtragen, sodass etwas nahezu Freskenartiges entstand. Die Decken haben wir in den meisten Räumen bewusst dunkler gehalten, da sie einfach so hoch sind. Die Wände ließ ich in einem Weiß mit gelbem Unterton (First Light von Little Greene) streichen, da Berlin durch seine dunklen Winter von sehr viel blaugrauem Licht geprägt ist. Ich wollte sicherstellen, dass wir das ganze Jahr über warmes Tageslicht haben.

Das Wetter hatte also einen großen Einfluss auf deine Farbentscheidungen?

Auf jeden Fall, das versuche ich in jedem Projekt zu berücksichtigen. Das Wetter hat aber auch einen großen Einfluss auf die Raumaufteilung, dessen Ausrichtung und die Textilien.

Den „Lady“ von Marco Zanuso für Arflex ließ das Paar aufpolstern dieser war ursprünglich rot.

Den „Lady“ von Marco Zanuso für Arflex ließ das Paar aufpolstern, dieser war ursprünglich rot.

Jordann Wood / Kunst: Duilio Baranabe

Du hast Textildesign studiert, welche Auswirkungen hatte das auf die Einrichtung?

Ich versuche immer einen mehrschichtigen Look zu kreieren und mit Mustern, Formen und Farben zu spielen. Ein gutes Beispiel ist hier das Bad. Hier war mir der Teppich sehr wichtig, so wirkt es nicht zu steril – ich hasse nämlich Badematten. Mein Lieblingsfund ist der Teppich im Wohnzimmer. Ich war lange auf der Suche nach einem chinesischen Seidenteppich und habe diesen zu einem akzeptablen Preis auf einem Markt gefunden. Wenn man auf etwas lange wartet, macht es das Objekt wirklich zu etwas Besonderem. Der Teppich ist der perfekte Kontrast zu dem Sofa aus den Sechzigern. Ich liebe es, wenn man unterschiedliche Epochen miteinander kombiniert. Mir gefällt es, dass auch jedes Zimmer eine andere Geschichte erzählt.

Hattest du eine besondere Inspirationsquelle?

Ja, zum Beispiel das „The Hotel Chelsea“ in New York City. Es ist ein geschichtsträchtiges Haus, in dem Kreative wie etwa Patti Smith und Leonard Cohen wohnten. Vor kurzem wurde es nach einer langen Neugestaltung wiedereröffnet, bei der die Geschichte des Hauses bewahrt und gleichzeitig raffinierte Oberflächen, stimmungsvolle Farbpaletten und durchdachte Zurückhaltung Hand in Hand gehen. Außerdem sind in jedem Zimmer unglaubliche Teppiche zu finden, das ist der Wahnsinn!

Habt ihr viele Möbel neu angeschafft?

Da ich ja aus den USA nach Marokko und dann nach Berlin gezogen bin, hatte ich natürlich gar keine Möbel. Das heißt, ich musste eine komplett neue Designvision kreieren, um eine Geschichte zu erzählen, die die einzelnen Objekte zusammenwachsen lässt. Ich liebe es aber auch Möbel mit der Zeit zu verändern, unser Bett stammt beispielsweise von Westwing, das ich mit einem neuen Stoff beziehen ließ. Wir haben viele Möbel von Auktionen oder Antiquitätenhändlern, wie etwa Felix Bachmann, erstanden.

Wie würdest du deinen Stil beschreiben?

Romantisch, aber auch eklektisch. Mein Stil verändert sich immer mit mir, es kann sein, dass die Wohnung in fünf Jahren schon nicht mehr dieselbe ist. Ich glaube, ich kann nie sagen, dass ich fertig bin. Aber ich möchte immer einen vollkommenen Rückzugsort schaffen.

Wie gehst du mit Kunst um?

Über das Visuelle hinaus sehe ich Kunst als eine Möglichkeit, einem Raum Geschichte und Geist zu verleihen. Ob es sich um ein kleines Kunstwerk von einer Reise oder ein auffälliges Statement handelt, Kunst bedient immer emotionale Ebenen, schafft Blickpunkte und Rhythmus.

Was ist deine Lieblingsarbeit?

Eines meiner Lieblingsstücke ist ein Stillleben von Duilio Barnabè, das ich auf einer Auktion entdeckt habe. Seine Malweise hat etwas Zeitloses und Gefühlvolles. Es hängt an einem Ort, wo es am späten Nachmittag im Licht aufgeht, und selbst heute entdecke ich immer noch etwas Neues darin. Das ist die Kraft guter Kunst: Sie entfaltet sich langsam und verankert ein Zuhause in Schönheit und Zeit.

Letzte Frage: Ihr erwartet bald ein Baby, wie bereitet ihr euch und eure Wohnung darauf vor?

Der Marmorcouchtisch im Wohnzimmer muss weg (lacht), der ist viel zu gefährlich. Aber ich finde, man muss damit leben, dass ein weißes Sofa keine praktische Entscheidung war. Ich werde noch Stauraum für Spielzeuge schaffen müssen. Ich möchte, dass das Kind in den Räumen spielt und tobt. Ich finde, Möbel sind dazu da, benutzt zu werden, man sollte nicht überempfindlich sein. Jedes Objekt muss mit mir arbeiten, nicht gegen mich. Aber die Wohnung wird sich mit Kind sicher auch noch mal verändern.

Noch mehr Eindrücke von der Altbauwohnung von Adele Helmers und Stephan Raczak

Wohnzimmer in der  Altbauwohnung von Adele Helmers

Das Wohnzimmer hat an jeder Wand Türen oder Fenster, daher war der Raum am schwersten einzurichten.

Jordann Wood / Kunst: Courtesy of Qing Chun Diao; Courtesy of Nico Brodersen
Wohnzimmer in der Altbauwohnung von Adele Helmers in Berlin

Wie ein Mond, nur mit Blumen: Die Arbeit „Flowers in the Snow“ von Qingchun Diao hängt über einer antiken Kommode. Leuchte: „Kizu Portable Lamp“ von New Works.

Jordann Wood / Kunst: Courtesy of Qing Chun Diao
teppich in der  Altbauwohnung von Adele Helmers

Nach einem chinesischen Seidenteppich hielt Helmers schon lange Ausschau und fand ihn schließlich auf einem Markt.

Jordann Wood
Acht „Peter“Stühle von Niels Koefoed gruppieren sich um den Esstisch von Marlot Baus beleuchtet von einem Kronleuchter...

Acht „Peter“-Stühle von Niels Koefoed gruppieren sich um den Esstisch von Marlot Baus, beleuchtet von einem Kronleuchter aus Muranoglas.

Jordann Wood
Stuckdecke in der Altbauwohnung von Adele Helmers in Berlin

Den Stuck ließ das Paar von zahlreichen Farbschichten befreien, nun hat die Decke im Esszimmer etwas Freskenartiges.

Jordann Wood
Küche mit Essplatz in der Altbauwohnung von Adele Helmers in Berlin

Über dem runden „Bespoke“-Marmortisch von Rebecca Goddard schwebt die Leuchte „Rizzatto“ von Nuura Lighting.

Jordann Wood
Essplatz in der Altbauwohnung von Adele Helmers in Berlin

Ergänzt wird das Tisch-Stuhl-Ensemble um Kunst, die sie von Antiquitätenhändler Felix Bachmann bezog.

Jordann Wood / Kunst: Courtesy of Felix Bachmann
Flur und Badezimmer in der Altbauwohnung von Adele Helmers in Berlin

Leise funkelt der Vintage-Kronleuchter aus Muranoglas im Badezimmer. Bild links: „Nu en Medaillon I“ von Alain Bonnefoit.

Jordann Wood / Kunst: Courtesy Alain Bonnefoit - Paris
Badezimmer in der Altbauwohnung von Adele Helmers in Berlin

Das Badezimmer sollte clean und weich wirken.

Jordann Wood
Badezimmer in der Altbauwohnung von Adele Helmers in Berlin

Das gesamte Badezimmer ließen sie mit sanftem Marmor auskleiden.

Jordann Wood
Babyzimmer in der  Altbauwohnung von Adele Helmers in Berlin

Babypuder trifft auf neoklassische Ölgemälde: Zum Babybett und dem „Our Lady“-Lesesessel von Carl Malmsten kombinierte Helmers zwei Ölgemälde. Alabaster-Leuchte: Vintage.

Jordann Wood / Kunst: Courtesy of Felix Bachmann
Boxsprinbett und Kronleuchter in der Altbauwohnung von Adele Helmers

Das Bett, dessen Headboard sie mit einem anderen Stoff beziehen ließ, stammt von Westwing. Das Bild darüber ist von Nico Brodersen.

Jordann Wood / Kunst: Courtesy of Nico Brodersen
Anikter Kleiderschrank mit Kronleuchter in einer Berliner Altbauwohnung

Antiker Kleiderschrank im Schlafzimmer

Jordann Wood

Produktion: Thomas Skroch