Mit einem Gespür für Material und Geschichte hat Studio Giovannoni Tian ein Apartment in Mailand in einen vielschichtigen Rückzugsort verwandelt.
Inmitten des lebendigen Mailänder Navigli-Viertels fanden Lilly Tian und Lorenzo Giovannoni alias Studio Giovannoni Tian ein 60-Quadratmeter-Apartment als Zweit- und gelegentliche Gästewohnung. Alles begann mit einer umfassenden Renovierung: „Das Apartment befindet sich in einem traditionellen Mietshaus mit einem für Mailand typischen Grundriss: zwei Räume, die durch eine Wand getrennt sind, plus Küche“, beschreibt der Architekt Giovannoni die Ausgangslage. Den Grundriss passte das Studio an und öffnete zum Teil die Trennwand, um die Räume miteinander zu verbinden und das Licht besser durch die Räume zu navigieren. „Die drei Zimmer sind so konzipiert, dass sie ihre eigene Qualität haben, fast wie drei Akte einer Oper, die den Bedürfnissen der verschiedenen täglichen Rituale entsprechen.“
Eindrücke aus dem 60-Quadratmeter-Apartment in Mailand
Eine Hommage an Mailand
Nachdem die Aufteilung geklärt war, befasste sich das Duo mit der Storyline des Interiors. „Wir investierten viel Zeit in die Entwicklung einer überzeugenden Geschichte. Es sollte eine Hommage an das Mailänder Design des 20. Jahrhunderts werden, wobei wir uns von üppigen Oberflächen und Texturen inspirieren ließen.“ Als Referenz für den roten Levanto- und den weißen Arabesco-Marmor dienten etwa Piero Portaluppi oder Ignazio Gardella. Die lackierten Oberflächen erinnern an die 70er, die Verwendung von Edelstahl an Gae Aulenti. Elemente, die die Räume verbinden, sind die sattrote, halbhohe Wandverkleidung und die geschwärzte Eiche in der Küche und beim Bettpodest.
Material-Mix für Profis
„Funktionalität war uns wichtig, aber wir wollten auch, dass die Küche angesichts ihrer starken Präsenz im Wohnbereich minimal und skulptural wirkt. Also haben wir alles Unwesentliche entfernt oder ließen es verschwinden.“ Abgesehen von einigen Vintage-Möbeln entwarf das Studio alle Einbauten, das Sofa und eine Schar von Leuchten selbst; dafür arbeiteten sie mit Handwerker:innen aus der Umgebung zusammen. „Wir haben übermäßige Verzierungen gemieden und lassen die Materialien in ihrer Textur und Farbe für sich sprechen.“
Konzepte für kleine Räume: Tipps von Architekt Lorenzo Giovannoni
Elemente mit Wow-Effekt
Ein Interior muss fesseln und eine Geschichte erzählen – das gilt immer, ganz unabhängig von der Größe der Wohnung. Ein kleiner Raum erfordert die Konzentration auf das Funktionale, dafür müssen die verbleibenden Elemente aber zu hundert Prozent dem Konzept entsprechen. Jedes Stück muss einen bestimmten Zweck erfüllen, sowohl in Bezug auf die Funktion als auch im Hinblick auf die Gesamtgeschichte des Interiors.
Die richtigen Stilmittel
… bestehen aus den Elementen Materialien, Farben und Licht. Jede Wahl muss beabsichtigt sein, denn selbst die subtilsten Details können die Wahrnehmung des Raums verändern.
Materialmix, aber wie?
Wichtig ist ein ausgewogenes Verhältnis von Texturen und Oberflächen innerhalb einer zurückhaltenden Farbpalette. Es ist ein Prozess, der sich stark auf Intuition und sehr viel Ausprobieren stützt, bis alles genau richtig erscheint.
Einheit schaffen, trotz multifunktionaler Räume
Das perfekte Beispiel hierfür ist der Wohnbereich: Man möchte schließlich nicht in einem Wohnzimmer mit Backofen sitzen. Also haben wir die Küchengeräte hinter den Schränken versteckt, so können sie nicht vom Interior ablenken.
Praktisch muss es sein!
Im Schlafzimmer haben wir im Prinzip einen Raum im Raum geschaffen. Das Bett ist auf einem Podest platziert, um das Zimmer zum einen zu definieren – zum anderen war es eine praktische Lösung für versteckten Stauraum. Eine gute Möglichkeit, um auf oft allzu sperrige Schränke zu verzichten.












